Das hätten sich Lutz und Erika Heydick 1992 ganz gewiss nicht träumen lassen, dass ihr kleiner in Beucha eigentlich aus der Not geborener Verlag einmal einer der wichtigsten und profiliertesten in Leipzig werden würde. Lutz Heydick, heute 71, war damals noch in einem der renommiertesten Verlage Leipzigs tätig - dem Urania Verlag.

Der ist mittlerweile nach all den zuweilen seltsamen Ver- und Abwicklungen der frühen 1990er Jahre ebenso wie viele andere einstige Leipziger Verlage als Imprint in einer westdeutschen Verlagsgruppe verschwunden. Und was in Beucha als mutiger Versuch begann, die über 40 Jahre lang fast verschwundene Welt der Leipziger Regionalia wieder mit Leben zu erfüllen, füllt heute einen Katalog mit 220 Titeln. Und das sind nicht nur Regionalia, sondern in ungebrochener Breite auch wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Titel, die den Blick auf die Region und ihre Geschichte deutlich weiten.

Was natürlich auch damit zu tun hat, dass die Heydicks nach dem Verschwinden von Urania trotzdem mit den heimischen einstigen Urania-Autoren weiterarbeiten konnten, die teilweise auch weiter in der sächsischen Forschungs- und Hochschullandschaft tätig sein konnten. Oder durften. Und mit den alten Experten, die zuweilen auch deutschlandweit die einzigen Spezialisten auf ihrem Gebiet waren. Das schuf auch neue Kontakte zu deren Schülern. Und so wundert sich Heydick in seiner kleinen, 32seitigen Verlagsgeschichte, ganz nebenbei, wie deutlich ihm nach 20 Jahren der Generationenwechsel bei seinen Autoren wurde.

Mit dem kleinen Band legt der Verleger eine von jenen seltenen Publikationen vor, in denen Büchermacher über ihre Arbeit und die Seele ihres Verlages berichten. Auch über die durchaus nicht leichten Anfänge. Denn Heydick brachte zwar – wie viele seiner einstigen Leipziger Verlagskollegen – das Knowhow ums Büchermachen mit. Aber 1992, da schien der deutsche Buchmarkt längst gesättigt. Von allem schien alles schon da. Jede Nische war schon von westdeutschen Verlagen besetzt. So schien es jedenfalls. Aber die Eigenart guter Verleger ist es eben auch, sich von der Supermarktmentalität der Grossisten nicht anstecken zu lassen. Klar – irgendwann war der Markt mit Wanderführern und Städtebildern geflutet.

Aber war der Köcher nicht gefüllt mit anspruchsvollen Titeln, die zwar in der DDR geboren worden waren, dort aber an den Papierkontingenten und den Engstirnigkeiten der Genehmigungsbehörden gescheitert waren? Und waren solche Titel nicht auch gerade nach 1990 erst recht zu entwickeln? Autoren mit dem nötigen Wissen hatte er ja an der Hand. Und fast selbstverständlich floss so ein Titel nach dem anderen über Mitteldeutschland und seine Geschichte aus diesem Verlag – über Leipziger Themen wie die Nikolaischule (die in diesem Jahr 500 Jahre alt wird), Leipzigs Passagen, Denkmale, die Paulinerkirche und den Auwald genauso wie über die alten Orte im Umland: Grimma, Trebsen, Rochlitz und Beucha natürlich. Die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft fand mit ihren Jahrbüchern hier eine Heimat genauso wie der Leipziger Geschichtsverein.Ein ganzes Feld beschäftigt sich mit Leipziger Geschichte – Verlagsgeschichte zumal mit Verleger- und Autorenporträts. Kunstgeschichte und Denkmalpflege sind hier genauso zu Hause wie sächsische Landesgeschichte. Und das alles wurde bis 2009 im Haus der Heydicks in Beucha in Bücher verwandelt. Dann fanden die beiden dann doch, dass es wirklich genug sei. Die Tochter Birgit Röhling hatte das Geschäft erlernt, arbeitete schon seit 2003 mit und übernahm den Verlag mit dem Sax 2009 komplett. Jetzt ist die Verlagsadresse in Markkleeberg zu finden.

Auch wie der Sax ins Verlagssignet kam, erzählt Lutz Heydick noch einmal. Der Leser sieht es ja nicht gleich, denn das Signet erinnert nicht an das alte sächsische Kurzschwert, nach dem der Stamm der Sachsen einst benannt wurde. Es greift die symbolische Verwandlung des Sax auf, die sich in einer Fibel wiederfand, die man bei Ausgrabungen in Nordsachsen gefunden hatte. Schöner kann man die Liebe zur eigenen Geschichte wohl nicht ins Bild setzen.

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Im Zeichen des Sax
Lutz Heydick, Sax-Verlag 2012, 5,00 Euro

Und die kleine Verlagsgeschichte zeigt auch im Stil, dass hier einer aus der alten Schule erzählt, mit sauber gesetzten Worten, nachdenklichen Tönen und zuweilen schönen langen Fußnoten. Heydick ist ja auch studierter Historiker. Und er spielt gern mit dem Wort Verleger, den Verlegenheiten seine Metiers und der Gewissheit, dass man auch in Beucha ganz in Familie einen exquisiten Verlag betreiben kann. Der nun in zweiter Generation professionell fortgeführt wird. Was die beiden Gründer schon leise davon träumen lassen wird, dass auch die dritte Generation mal Lust aufs Büchermachen bekommt. Man weiß ja nie. Manchmal ist es eine wunderschön gestaltete Fibel, die den Weg bestimmt.

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