Geschichten über Fußball kann man auch schreiben, wenn gerade mal keine WM ist. Vom runden Leder sind ja schon kleine Jungen begeistert. Manchmal scheiden sich hier schon die Geister und Welten. Mädchen malen, basteln und tanzen. Jungen bolzen draußen auf der Wiese. Alles ganz klar und einfach, nicht war? Mit so sauberen Mustern kommt man doch prima durchs Leben? Es sei denn, man hat - wie Matze - ein Faible fürs Ballett.

Es hätte eine Geschichte übers Ausgrenzen und Mobben werden können. Doch dazu hat Anne-Kathrin Behl ihre Figuren wohl zu lieb. Was ihre Geschichten von vornherein zu kleinen Fabeln und Parabeln macht. Ihre kleinen Helden sind Eselchen, Elefanten-, Hasen- und Igelkinder. Aber natürlich tun sie trotzdem, was Menschenkinder gern tun: mit Bauklötzern spielen, sich als Pirat verkleiden, Sandburgen bauen, Roller fahren. Naja – nur Matze ist etwas spezieller. Er tanzt so gern. Etwas, was die anderen Jungen in der Kindergartengruppe langweilig finden. Sie wollen was Aufregendes, wo es so richtig zur Sache geht. Fußball, wo es auch mal ein bisschen heftig werden kann.
So weit, so idyllisch. Es sind nette und freundliche Kinder, die Anne-Kathrin Behl agieren lässt. Die Jungs gehen Fußball spielen und Matze tanzt. Die Mädchen finden das prima. Das könnte einfach so weitergehen. Aber eine Tages gibt es das aufregende Spiel der Rummelsdorfer Raufbolde gegen die Kleinmunzheimer Kampfbolzer. Da fliegen die Fetzen, da wird gekämpft. Mit dem üblichen Ergebnis: Ole, der beste Spieler auf dem Platz, wird verletzt vom Platz getragen. Und verzweifelt wird ein Ersatz gesucht. Natürlich haben solche Geschichten ihre Logik und Matze kommt – bei aller Angst vor dem Ball – doch noch auf den Platz. Freunden muss man ja beistehen in der Not. Alles wird gut. Und die Tierchen tanzen vor Glück. Es ist also – abgewandelt – die Grund-Fabel allen Fußball-Glücks: Am Ende wird immer alles gut. Und der Außenseiter kann die Mannschaft retten.

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Eine schwierige Fabel. Denn diesmal sind es ja die Kampfbolzer, die traurig vom Platz spazieren. In gewisser Weise ist das Buch natürlich ein Plädoyer für ein verkanntes Talent. Auch Matze passt in die Mannschaft, auch wenn er seine Liebe zum Tanz nicht verleugnet. Und die Mädchen beschäftigen sich auch nicht nur mit Basteln und Malen, sondern sind fröhlich jubelndes Publikum, wie es Jungs gern haben, wenn sie auf grünem Rasen ihre Heldentaten vollbringen. So gesehen auch wieder ganz klassisch, eine eher unaufgeregte Geschichte mit fröhlichem Happyend. So, wie man sich das gern wünscht im Leben: Einmal allen zeigen, wie gut man ist und dass man der Truppe so richtig aus der Patsche helfen kann.

Verblüffend, wie dann die Mädchen ihren Matze anhimmeln. Irgendwie also doch ein Märchen. Oder eine Fabel, die eine Menge über die Phantasiewelten der Mädchen verrät, die am liebsten einen liebenswerten Balletttänzer haben wollen, der auch auf dem Fußballplatz seinen Mann steht. Außer das kleine Elefantenmädchen Ella, das hat sich einen anderen Star erkoren. Nicht nur heimlich. Aber das entdeckt man erst, wenn man sich die Bilder etwas genauer anschaut.

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Matze vor, tanz ein Tor
Anne-Kathrin Behl, Atlantis Verlag 2014, 14,95 Euro

Am Ende wundert man sich eigentlich nur, warum Resi, Lena und Ella nicht mitspielen wollten. Hätte sie das nicht genauso gut hinbekommen wie Matze? Oder sind sie heute wieder so schüchtern, das sie den Mannsbildern auf dem Rasen nicht die Show stehlen wollen? Schwierige Frage. Aber sie drängt sich auf, wenn eine Geschichte so märchenhaft ausgeht.

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