Am Donnerstag, dem 30. Januar, fand das 18. Research Festival for Life Sciences im Studienzentrum der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig statt. 190 Forschende und Forschergruppen präsentierten die Poster zu ihren Arbeiten im Bereich der Lebenswissenschaften und Medizin. Prof. Dr. Ruth Stassart, Forschungsdekanin der medizinischen Fakultät, betonte in ihrer Eröffnungsrede, dass die Themenbreite von Biochemie, Biotechnologie, Biomaterialien bis hin zu Krankheiten wie Zivilisationskrankheiten, Onkologie, Neuroimmologie, Neurowissenschaft, aber auch Psychologie, Kognition und digitale Gesundheit reicht.

Ein breites Portfolio an Themen, die wir, wie bereits im letzten Jahr, nicht umfassend betrachten können.

Wir suchten uns drei Projekte heraus, die nachfolgend kurz vorgestellt werden.

SMITH.: Datenintegrationszentren

SMITH ist hier kein Eigenname, es steht für Smart Medical Information Technology for Healthcare. Näheres erläuterte uns Julia Jesser, die wir fragten: Was macht ihr eigentlich?

Julia Jesser (S.M.I.T.H.). Foto: Thomas Köhler
Julia Jesser (SMITH). Foto: Thomas Köhler

„Die Datenintegrationszentren wurden 2018 zusammen mit der Medizininformatik-Initiative in ganz Deutschland aufgebaut, um Patientendaten aus der Routineversorgung der Forschung zur Verfügung zu stellen. Also in diesen Zentren werden die ganzen Daten gebündelt, die in Krankenhäusern, bei der Behandlung anfallen und harmonisiert, sodass sie der örtlichen Zentrale zur Verfügung gestellt werden.

Und Forschende können auf die Datenintegrationszentren an ihren Standorten zugehen und dort Daten abrufen. Genauso arbeiten Leute in Datenintegrationszentren mit Zustimmung der Patienten. Das bedeutet, eine Einbindung der Patienten, die ihre Daten für Forschungszwecke zur Verfügung stellen.“

Prinzipiell geht es also darum, die Gesundheitsdaten, die während der Behandlung im Krankenhaus entstehen, zu erfassen und für Forschungszwecke zu verwenden.

Alarme in Intensivstationen: Moritz Hayler

Der Name „Assesing Actionable and Non-Actionable Alarms in Intensive Care Units“ klingt für den Laien verwirrend, wir fragten bei Moritz Hayler nach.

Moritz Hayler. Foto: Thomas Köhler
Moritz Hayler. Foto: Thomas Köhler

„Ich bin Moritz Hayder, ich bin Student hier an der Uni Leipzig und wir haben als Thema bearbeitet, dass wir die Alarme auf Intensivstationen, die ja viel auftreten, wo viele auch falsch sind. Das ist eine große Belastung sowohl für die Doktoren als auch für die Pflegekräfte, dass eben bei diesen Alarmen häufig keine Aktionen nachfolgen.

Wir haben als Erstes in Deutschland einen großen Datensatz erstellt, um eben diese Alarme einzuteilen in actionable und non-actionable. Actionable in dem Sinne, es passiert wirklich was nach dem Alarm, das sind die wichtigen Alarme, wo man handelt und non-actionable, das sind die Alarme, wo eben nichts passiert. Wir versuchen mit dieser Einteilung jetzt zu erzielen, dass man die non-actionable Alarme, das heißt diese Alarme, wo eben nichts im Nachhinein passiert, vielleicht stumm stellt, um so die Alarmlast auf Intensivstationen zu verringern.“

Für jemanden, der bereits mehrmals als Patient auf der Intensivstation lag, klingt das einleuchtend.

VR-Headsets in der Ausbildung: Leonard Schuschke

„Integrating VR Headsets into Orthopedic and Trauma Surgery Education“, irgendwie will das Team mit virtueller Realität die Chirurgenausbildung verbessern. Wir fragten Leonard Schuschke, wie das funktionieren soll.

Leonard Schuschke. Foto: Thomas Köhler
Leonard Schuschke. Foto: Thomas Köhler

„Ich bin Leonhard Schuschke aus der Leipziger Universität und ich arbeite unter anderem mit Orthopäden und Unfallchirurgen daran, den Unterricht für Studierende motivierender und vielleicht so zu gestalten, dass es besser ist, etwas zu lernen, wenn man interaktiv neue Themen betrachtet. Und in dem Fall haben wir uns VR-Brillen genommen, in denen wir einen OP-Saal simulieren, einen virtuellen OP-Saal.

Denn es war lange Zeit so, dass Chirurgen und Chirurginnen sich damit fortbilden konnten, indem sie Leichen operiert haben. Aber das sind einfach Ressourcen, die man heutzutage vielleicht nicht mehr ganz so hat oder auch nicht benutzen möchte aus ethischen Gründen. Und deswegen stellen VR-Brillen und ein Training in diesen virtuellen OP-Sälen eine Möglichkeit dar, das Ganze zu umgehen.

Und da haben wir eben herausgefunden, dass Studierende zum einen diese Brille sehr gern nutzen, in Deutschland in einer Woche drei Stunden. In einem Fragebogen haben sie uns zurückgemeldet, dass sie gern VR-Brillen immer im Unterricht benutzen würden. Es gab aber auch kleine Probleme, denn ein Teil der Studierenden hat so eine Art Unwohlsein, eine Motion Sickness entwickelt. Deswegen muss sicher an diesen Themen noch gearbeitet werden, damit es für alle zugänglich ist, so eine VR-Brille zu benutzen.“

Wir haben bereits ein ähnliches Projekt, beim ICCAS Leipzig, kurz angesprochen. Die virtuelle Realität bei der Ausbildung nimmt wohl Fahrt auf.

Drei Projekte und drei Menschen haben wir hier kurz vorgestellt, die Projekte sind aber selbstverständlich Team-Projekte. Wie oben geschrieben gab es eine Vielzahl verschiedener Projekte von Grundlagenforschung angefangen bis zum beschriebenen VR-Headset.

Fragen an Prof. Ruth Stassart

Wir baten Prof. Dr. Ruth Stassart um ein kurzes Gespräch.

Frau Professor Stassart, Sie sind nicht ausschließlich Forschungsdekanin, was ist Ihr Fachgebiet?

Ich bin eigentlich Neuropathologin und Neurowissenschaftlerin und das ist für uns ein ganz spannendes Feld, weil das so ein bisschen die klinische Perspektive von Patienten, die unter neurologischen Erkrankungen leiden, verbindet mit der Frage, wie kommen diese Erkrankungen eigentlich zustande? Was sind die Mechanismen hinter diesen Erkrankungen? Und daran forschen wir und das macht uns eigentlich sehr viel Spaß.

Da passt dieses Festival ja gut dazu, hier geht es ja ganz viel um Grundlagenforschung.

Absolut, und ich glaube, das ist genau der Reiz des Festivals, dass in diesem Festival ganz viele unterschiedliche Disziplinen zusammenkommen, sowohl aus den Lebenswissenschaften als auch in der Medizin.

Und das reicht eigentlich sowohl von den Grundlagenwissenschaften, also von Forscherinnen, die sich mit Zellen beschäftigen und wie funktioniert eigentlich genau dieses Eiweiß oder dieses Molekül in Zellen, bis zu Fragen, die direkt relevant in der Klinik und für Patienten und Patientinnen sind. Und das ist das, was das Festival eigentlich aus meiner Sicht so reizvoll macht.

Prof. Dr. Ruth Stassart. Foto: Thomas Köhler
Prof. Dr. Ruth Stassart. Foto: Thomas Köhler

Wie viele Projekte gibt es in diesem Jahr hier zu sehen?

Wir haben 190 Einreichungen bekommen, aus ganz unterschiedlichen Fachbereichen. Und letztlich, das haben Sie auch gerade hier gesehen, ist es nicht nur so, dass diese 190 Teilnehmer/-innen dann da sind, aber es kommen natürlich ganz, ganz viele Interessierte, die auch schauen wollen, was machen denn gerade die Doktorandinnen, was passiert denn hier am Standort? Und insofern ist es eigentlich sehr gut gefüllt und das freut uns sehr.

Wir waren ja letztes Jahr schon zu dem Festival da. Wie geht das jetzt eigentlich weiter? Jetzt stellen die Studierenden das hier vor und dann muss ja irgendetwas passieren.

Ganz viel, was passiert, bekommen wir gar nicht so direkt mehr mit. Was ja eigentlich passieren soll ist, dass man sieht: Der am Poster nebenan, der hat ja eine spannende Technik. Davon wusste ich ja gar nichts. Können wir uns mal treffen und zusammenarbeiten? Das ist eigentlich das, was wir primär erst mal erreichen wollen, dass wir die Vernetzung innerhalb der Universität Leipzig verbessern.

Und das Zweite ist aber natürlich auch, dass wir gern möchten, dass die Doktorand/-innen und die jungen Forscher/-innen hier an der Universität natürlich auch ein bisschen mehr Sichtbarkeit bekommen. Und deswegen haben wir Posterpreise ausgewählt und Publikumspreise, wo heute Nachmittag dann alle auch nochmal die Möglichkeit haben, so ein paar Highlights vom heutigen Tag zu hören.

Leipzig ist ja nicht nur Universitätsstandort, sondern durchaus ein anerkannter Life-Science-Standort. Interessieren sich denn die Leute von zum Beispiel Biosaxony oder wer auch immer für dieses Festival?

Absolut. Also ich glaube, das ist schon ein Festival, was über die Universität selber hinaus wahrgenommen wird. Und das ist genau, wie Sie sagen, da gibt es natürlich ganz, ganz viele Partner aus dem Life-Science-Sektor, der nicht unbedingt universitär sein muss, der auch teilnimmt. Und wir haben ja auch viele außeruniversitäre Einrichtungen, wie zum Beispiel das Helmholtz-Institut oder Max-Planck-Institute hier, die auch teilnehmen am Festival und worüber wir uns auch sehr freuen.

Begrüßungsansprache von Prof. Dr. Ruth Stassart. Foto: Thomas Köhler
Begrüßungsansprache von Prof. Dr. Ruth Stassart. Foto: Thomas Köhler

Sie haben ja Ihre Ansprache in Englisch gehalten, Englisch ist nicht nur Wissenschaftssprache, sondern Sie haben auch sehr viele Studierende aus dem Ausland. Wie ist ungefähr das Verhältnis unter den Studierenden?

Oh, das ist eine Frage, bei der ich ehrlich gesagt passen muss, das kann ich gar nicht so genau beantworten. Aber wir sind ein internationaler Standort und darauf sind wir auch sehr stolz, dass wir ganz viele Forscher/-innen aus ganz unterschiedlichen Ländern haben und aus unterschiedlichen Studiengängen mit unterschiedlichen Vorerfahrungen. Und ich glaube, das ist etwas, was den Standort sehr belebt und für die Wissenschaft immer nur von Vorteil sein kann.

Frau Professor Stassart, ich bedanke mich für das Gespräch.

Fazit: Der Besuch des Festivals ist nicht nur für Fachpublikum interessant. Hoch motivierte Forscherinnen und Forscher, die mit Recht stolz auf ihre Ergebnisse sein können, präsentieren diese, tauschen sich aus und vernetzen sich. Vielleicht finden einige sogar schon neue Herausforderungen. Die Liste der Preisträgerinnen und Preisträger wird später veröffentlicht.

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