Am Montag, 4. Mai, stellte der Landesschülerrat seine 3. Erhebung zum Stundenausfall in Sachsen vor. Vom 9. bis zum 20. März hat er dazu die Schulen in Sachsen angeschrieben. Das Ergebnis war dann selbst für den Landesschülerrat überraschend, denn die Ausfallrate ist sogar noch gestiegen. An den teilnehmenden Schulen fielen über 9 Prozent der Stunden ersatzlos aus.

„Diese Zahl zeigt deutlich, dass das Staatsministerium für Kultus in den letzten zwei Jahren zu wenig getan hat, um dem Problem Unterrichtsausfall gerecht zu werden. Die angespannte Personalsituation und das Ausscheiden älterer Lehrer werden bei diesem Trend klar abgebildet“, sagt dazu Friedrich Roderfeld, stellvertretender Vorsitzender des LSR Sachsen. Er hat hauptverantwortlich die Auswertung der Umfrage geleitet.

Neu nach den beiden Ausfallstatistiken 2012 ist dieses Mal die Erweiterung der untersuchten Kriterien. Sowohl die unterschiedlichen Schularten, als auch die unterschiedlichen Fächer wurden berücksichtigt. Die Fächer, die sonst gemeinhin als „Mangelfächer“ propagiert werden, haben dabei nicht den höchsten Ausfall vorzuweisen. Nicht die Naturwissenschaften sind am stärksten betroffen, vielmehr die Fächer Kunst, Musik und Sport mit 14 Prozent.

Aber auch die Fächergruppe der Sozialwissenschaften hat 12 Prozent ausfallende Stunden vorzuweisen. Regional ergaben sich auch große Unterschiede. Spitzenreiter sind der Erzgebirgskreis und der Kreis Mittelsachsen mit jeweils etwa 11 Prozent Ausfall. Damit werde noch einmal das Problem der Lehrerversorgung auf dem flachen Land unterstrichen. Es brauche nachhaltige Konzepte, um auch junge Lehrer gerade in die unterversorgten Regionen zu locken, so der LSR. Alle Daten der insgesamt 66 teilnehmenden Schulen wurden von den bestreikten Stunden bereinigt.

Der Vorsitzende Patrick Tanzer: „Diese umfangreiche Stichprobe zeigt ganz klar, dass die Instrumente, die bisher dem Lehrermangel entgegenwirken sollten, versagt haben. Der Vertretungslehrerpool hat augenscheinlich nicht die gewünschten Effekte erzielt. Auch das hektische hin und her in der Personalpolitik des Ministeriums hat nicht zu einer Lösung beigetragen. Die Staatsregierung muss dafür Sorge tragen, die Unterrichtsversorgung in ganz Sachsen zu gewährleisten. Dazu braucht es genügend finanziellen Spielraum und weitsichtige Planung. Wer weiter auf Pump versucht, am Ende des Schuljahres das nächste, überstürzt abzusichern, gefährdet die positive Entwicklung in ganz Sachsen. Jetzt sollten sich der Finanzminister, der Ministerpräsident und die Kultusministerin schnell einig werden. Die Schüler in Sachsen wollen ein zukunftsfähiges Konzept, das mehr als ein Schuljahr Sicherheit bietet.“

Die Tatsache, dass die Erhebung des Landesschülerrates nur eine Stichprobe ist, nahm am Montag, Lothar Bienst, bildungspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, zum Anlass für Kritik.

„Nach meiner Auffassung kann durch die heute vom Landesschülerrat veröffentlichten Zahlen zum Unterrichtsausfall an öffentlichen Schulen im Freistaat nicht auf den tatsächlichen Zustand an Sachsens Schulen geschlossen werden. Lediglich 66 der 1.367 staatlichen Schulen in Sachsen haben sich an der Befragung beteiligt – knapp fünf Prozent. Insofern kann die Umfrage nicht einmal methodisch als Stichprobenziehung betrachtet werden und trägt auch nicht zu einer sachlichen politische Auseinandersetzung bei”, erklärte er breitbrüstig. Außerdem hätte der Freistaat eigene Zahlen, die man nachschlagen könne. “Das sächsische Kultusministerium geht mit den Statistiken zum Unterrichtsausfall transparent wie kaum ein anderes Bundesland um. Während andere Bundesländer den Ausfall allenfalls punktuell oder stichprobenartig erfassen, gibt eine Datenbank auf dem Internetauftritt des Kultusministeriums im Freistaat die Zahlen zum Unterrichtsausfall und Vertretungsstunden an Schulen im Freistaat wieder – und das für die vergangenen zehn Jahre. Demnach liegen die offiziellen Zahlen des Kultusministeriums im aktuellen ersten Schulhalbjahr gerade einmal bei etwa 3,5 Prozent ausgefallener Stunden.”

Wer in einer Schule Unterricht hatte, in der der Mathematikunterricht nicht vom Ausfall betroffen war, der stutzt natürlich auch bei diesen 3,5 Prozent. Denn wenn die 66 Schulen, die sich an der Umfrage des LSR beteiligt haben, die Spitze des Eisberges sind – wie sieht es dann in der Breite aus? Und was sagen die 3,5 Prozent?

Selbst der Blick auf die von Bienst empfohlene Website des sächsischen Kultusministerium zeigt schon auf den ersten Blick, was auch die Umfrage des LSR vermuten ließ: Die Asfallrate ist gegenüber dem 1. Schulhalbjahr 2013/2014 gestiegen – von 3,2 auf 3,6 Prozent.  In den Oberschulen lag sie bei 3,6 Prozent, in den Gymnasien bei 3,3 Prozent. Im Schnitt.

Die konkreten Werte nach Regionstellen kann man gesondert und schulgenau abrufen. Da findet man durchaus auch Schulen mit minimalem Stundenausfall. Man findet aber bei vielen Schulen genau das Bild, das auch die Umfrage des LSR ergeben hat. Auch in Leipzig. Viele Oberschulen in Leipzig kämpfen mit Werten von 5 Prozent außerplanmäßigen Stundenausfalls. Einige aber kämpfen mit einem ungeplanten Stundenausfall von über 7 Prozent wie die Apollonia-von-Wiedebach-Schule in Connewitz, die Petrischule, die Schule Wiederitzsch. Und dazu kommen überall fachfremde Vertretungsstunden, die in einigen Schulen ebenfalls Werte von über 6, 7 Prozent erreichen. Der Anteil von 3,6 Prozent Ausfallstunden wird in Leipzigs Oberschulen deutlich überschritten.

Bei Gymnasien sieht diese Statistik für Leipzig deutlich besser aus. Da schwanken die Ausfallstunden eher um die 3 bis 4 Prozent und auch die Vertretungsstunden sind (mit Ausnahme der Louise-Otto-Peters Schule) deutlich seltener als an den Oberschulen.

Warum die Zahlen des Kultusministerium deutlich niedriger sind als die in der eigenen Erhebung, versucht der Landesschülerrat so zu erklären: “Sie liegt deutlich höher als die Zahlen, welches das Staatsministerium für Kultus für das erste Schulhalbjahr 2014/2015 veröffentlicht hat. Die vorliegende Erhebung befindet sich allerdings im Zeitraum des zweiten Schulhalbjahres, weswegen sich die Zahlen bisher nicht vergleichen lassen. Außerdem ist davon auszugehen, dass kurzfristige krankheitsbedingte Ausfälle nicht von der jeweiligen Schulleitung verzeichnet werden und somit keine Beachtung in der Statistik des SMK finden können.”

Aber dass es trotzdem zu viel ist, findet auch Lothar Bienst: “Nichtsdestotrotz bedanke ich mich bei den Vertretern des Landesschülerrates für ihr Engagement. Den Unterrichtsausfall weiter zu mindern, steht ebenso auf unserer Agenda und ist ein wichtiges Ziel unserer Bildungspolitik. Bereits im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD wurde vereinbart, dass bis zum Jahr 2019 mindestens 6.100 Lehrer unbefristet eingestellt werden. Nach derzeitiger Prognose sind dies 1.000 Lehrer mehr als in diesem Zeitraum altersbedingt aus dem Schuldienst ausscheiden werden.“

Die 3. Unterrichtsausfallstatistik des Landesschülerrates.

Die Regionalauswertung des Landesschülerrates.

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