Am Freitag, 5. Oktober, gab es im Sächsischen Landtag eine kurzfristig anberaumte Pressekonferenz von CDU und SPD. Es ging mal wieder um eins der Rettungsprogramme für das sächsische Bildungssystem. Diesmal nannte sich der Notfallkoffer Handlungsprogramm „Nachhaltige Sicherung der Bildungsqualität in Sachsen“.

Vorgestellt wurde das Programm durch die Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen, Christian Hartmann und Dirk Panter, sowie durch den Staatsminister für Kultus, Christian Piwarz (CDU). Zentrale Bestandteile dieses neuen Versuchs, die Lehrermisere in Sachsen irgendwie zu lindern, sind eine Zulage zur Entgeltgruppe 13 sowie die Umwandlung bislang funktionsloser Stellen gemäß Entgeltgruppe 14 in künftig funktionsgebundene Stellen.

Was der CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Hartmann dann so versucht zu begründen: „Der zentrale Punkt des Handlungsprogramms war die Verbeamtung der Lehrer bis 42 Jahre. Diese Entscheidung fiel der CDU-Fraktion nicht leicht, aber wir stehen dazu. Denn nur so können wir gleichwertige Bedingungen gegenüber anderen Bundesländern erreichen. Wir wollen damit ein Abwandern der hier ausgebildeten Lehrer verhindern.

Dabei war uns wichtig, dass wir die Lehrer über 42 Jahre, die unser bewährtes sächsisches Schulsystem nach 1990 aufgebaut und getragen haben, nicht vergessen dürfen! Wir wissen, dass es den Lehrern nicht nur um eine finanzielle Anerkennung geht. Vielmehr geht es auch um zeitliche und organisatorische Entlastungen. Derzeit können wird das mit Blick auf den Lehrerbedarf nicht gewährleisten. Diese wollen wir aber in der Perspektive zum Beispiel durch Klassenleiterstunden ermöglichen.“

Denn das Hauptproblem können die Sachsen genauso wenig lösen wie die Kultusminister der anderen Bundesländer: Überall wurden zu wenige Lehrer ausgebildet. Und wo sie ausgebildet wurden, wurden sie zu großen Teilen nicht eingestellt. Was an dem seit 28 Jahren um sich greifenden Denken liegt, man könne die Angestellten im Staatsdienst auf einen Minimalbedarf herunterschrumpfen. Und dann würde der Laden einfach laufen – ohne Reserven, ohne verfrühte Altersabgänge, ohne Krankheitsausfall …

Ein fatales Denken, das die Leistungsfähigkeit des Staatsapparates in allen Bereichen nachhaltig gestört hat – um das Wort nachhaltig aufzugreifen. Ob Sachsen die aufgerissenen Lücken von mindestens 1.500 bis 3.000 fehlenden Lehrern und Lehrerinnen überhaupt in absehbarer Zeit stopfen kann, ist höchst fraglich. Auch die unter Kultusminister Christian Piwarz beschlossenen Maßnahmen (wie die Lehrerverbeamtung) können nur wenig ausrichten. Die Folgen von zehn Jahren regierungsamtlicher Ignoranz lassen sich mit solchen Maßnahmen bestenfalls mindern, aber nicht korrigieren.

Dirk Panter als SPD-Fraktionsvorsitzender ging auf den Anlass der jetzigen Vorlage ein: „Als Koalitionspartner hatten wir beim Beschluss des Handlungsprogramms im März ein Versprechen abgegeben – nämlich bei der Bezahlung für die angestellten Lehrer eine Zulagen-Lösung zu finden. Dieses Versprechen lösen wir mit der jetzt vorliegenden Ergänzung des Handlungsprogramms ein. Es ist gut, dass wir uns hier noch einmal gemeinsam bewegt haben.

Die unzähligen Gespräche und Rückmeldungen haben genutzt. Sie haben uns geholfen, die Gemütslage der Lehrkräfte besser verstehen und einordnen zu können. Und sie haben den Lehrkräften geholfen, weil wir jetzt noch einmal nachgelegt haben. Die Verbeamtung wird durch diese Ausgleichszulage nicht gerechter. Aber sie wird etwas einfacher hinnehmbar. Sachsen verbeamtet – salopp gesagt – aus Notwehr, weil alle anderen Bundesländer das auch tun.“

Und was sagt die Opposition?

Sie findet auch diesen Kompromiss zwischen der drängenden SPD und der zögerlichen CDU eher mager.

So wie Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag: „Eine Zulage von 170 Euro im Monat für die angestellten Lehrerinnen und Lehrer ist ein mageres Ergebnis. Dafür sollte niemand in der Koalition ein Schulterklopfen erwarten. Ich vermisse, dass in den Koalitionsfraktionen nicht noch einmal über die Altersgrenze für die Verbeamtung nachgedacht wurde. Sie lag zuvor bei 47 statt 42 Jahren. In der Anhörung im Schulausschuss und auch in zahlreichen Stellungnahmen war das immer wieder Thema. Hätte es dort Bewegung gegeben, könnte man von einem guten Ergebnis sprechen.“

Man merkt schon, dass tatsächlich wieder nur das Geld den Ausschlag auch für diesen Kompromiss gegeben hat. Nicht zu viel riskieren, ist nach wie vor das Motto der sächsischen Finanzpolitik.

„Der Berg kreißte und gebar eine Maus: 170 Euro brutto pro Monat als Ausgleich für eine ausbleibende Verbeamtung sind lächerlich, wenn man bedenkt, dass die betroffenen Lehrkräfte über 42 seit vielen Jahren das Schulwesen am Laufen halten. Diese Einigung ist eher eine Beleidigung als eine Anerkennung für sie, und sie schließt nicht annähernd die Netto-Lohnlücke.

So wird mit viel Geld mehr schlechte Laune geschaffen, anstatt ein Signal der Würdigung zu senden, das dem Schulfrieden dient“, formulierte denn auch Cornelia Falken, Sprecherin der Linksfraktion für Bildungspolitik, deutlich schärfer. „Besonders problematisch ist, dass die Grundschullehrkräfte selbst diese geringe Zulage erst ein Jahr später, also ab 2020 erhalten sollen. Auch das verschärft die Ungerechtigkeit.“

So richtig ernst scheint die regierende CDU das Problem wirklich noch nicht zu nehmen. Viel zu oft wird sie von den trügerischen „Bildungsmonitoren“ der INSM in ihrem Glauben bestätigt, das sächsische Bildungssystem würde Spitzen-Bildungsqualität produzieren. Was schon lange nicht mehr der Fall ist. Es ist hochgradig desolat, ausgrenzend und demotivierend – für Lehrer, Eltern und Schüler.

Und als guter Arbeitsgeber erweist sich Sachsens Regierung noch immer nicht, stellt Cornelia Falken fest: „Wieder hat die Regierung eine Regelung getroffen, ohne die Vertretungen der Beschäftigten mit ins Boot zu holen. Die Tarifpartner blieben erneut außen vor – das ist kein guter Stil.“

Wenn der Bildungsversager Sachsen wieder Sieger im INSM-Ranking wird

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