An der Leipziger HTWK schwelt schon länger ein Konflikt zwischen dem StudierendenRat (StuRa) und dem Rektorat. Im Kern geht es um Vorwürfe des StuRa, das Rektorat würde sich systematisch einem Dialog verweigern und hätte vor vier Wochen eine Gruppe von Studierenden im Büro ohne Gespräch abgewiesen. Jetzt soll sogar die Abwahl des Rektors, Prof. Dr. Mietzner, erreicht werden – der weist die Vorwürfe gegen sich zurück.

Der Streit an der Leipziger HTWK zwischen dem Studierendenrat (StuRa) und dem Rektorat geht weiter. Nachdem ein Gesprächstermin im Oktober 2021 ausfiel und sich die Probleme gehäuft hatten, wollen studentische Angehörige des Senats und Erweiterten Senats mit StuRa-Unterstützung nun die Abwahl des Rektors erreichen. Doch der Reihe nach.

Es war eine denkbar kurze Begegnung. Ohne dass es zu einem Gespräch kam, so schildert es der StuRa der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK), habe deren Rektor Prof. Dr. Mark Mietzner die Vertreterinnen und Vertreter vor vier Wochen, am 19. Oktober, im Büro abblitzen lassen, obwohl ein Termin vereinbart war. Doch hatten die Studierenden ihre Themen für das Gespräch, wie der StuRa selbst sagt, erst am Vorabend angemeldet – und nicht, wie vom Rektorat gewünscht, mit 14 Tagen Vorlauf.

Probleme haben sich gesammelt

Der Vorfall ist offenbar nicht zufällig und Ausdruck längerer, tieferliegender Probleme zwischen dem StuRa der HTWK und ihrem Rektor. Prof. Dr. Mark Mietzner, Jahrgang 1978, studierter Betriebswirtschaftler, leitet die bekannte Fachhochschule im Süden von Leipzig seit Oktober 2019. Zuvor hatte er fünf Jahre einen Lehrstuhl für Bank- und Finanzwirtschaft in Friedrichshafen.

Doch schon wenige Monate nach seiner Amtseinführung kam die Pandemie im Frühjahr 2020 – und brachte auch den Hochschulalltag zunächst zum Erliegen. Mehr als anderthalb Jahre später haben sich die Problemlagen angestaut: Rückkehr zum Präsenz-Unterricht, Hygienekonzepte, aber auch strukturelle Schwierigkeiten wie etwa das unzureichende Beratungsangebot für Studierende benennt der StuRa als offene Baustellen.

Vorwurf: HTWK-Rektor verweigert sich dem Gespräch

Monatliche Gespräche mit den Studenten, wie unter Prof. Mietzners Amtsvorgängerin üblich, wurden laut StuRa seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie nicht mehr angeboten. Im Konflikt um die Besetzung des Kanzlerpostens im HTWK-Rektorat habe Prof. Mietzner seine Gesprächsbereitschaft mit dem StuRa im August 2020 offiziell gekappt. Erst auf externen Druck seien wieder Treffen zustande gekommen, doch auch da habe Prof. Mietzner mehrfach Terminvorschläge zugesagt, die nicht gekommen seien.

Einladungen des StuRa wiederum habe Prof. Mietzner teilweise abgesagt oder nicht beantwortet. Die Schlussfolgerung: „Aus unserer Sicht verhindert der Rektor absichtlich den Austausch mit der studentischen Vertretung“, so StuRa-Sprecher Lyubomyr Tartakovskyy im Oktober gegenüber der LZ.

Tjark Delfs, Referent für Hochschulpolitik des StuRa, beklagt: „Prof. Mietzner zieht derzeit jede fragwürdige Begründung heran, um nicht mit uns Studierenden reden zu müssen. Es werden sinnbefreite Hürden vom Rektor festgelegt, sodass uns die Gesprächsbereitschaft entzogen werden kann, wenn wir diese nicht beachten.“

„Die Vorwürfe sind unwahr“

Sind die Anschuldigungen berechtigt? Auf LZ-Anfrage zeigt sich Prof. Mietzner offen. Die Vorwürfe des StuRa gegen ihn und das Rektorat bezeichnet er als unwahr: „Es stimmt einfach nicht, dass ich mich einem Gespräch mit dem StuRa verweigern würde“, so der Wissenschaftler. „Im Gegenteil, wir tauschen uns regelmäßig mit der Studierendenschaft und ihrer Vertretung aus, und zwar in zahlreichen (Gremien)Sitzungen, in Beratungsrunden, bei Benehmensherstellungen und Stellungnahmeersuchen.“

Die Studierendenvertretung sei überall eingebunden, in denen das Hochschulfreiheitsgesetz von Sachsen Beteiligung und Mitwirkung vorsieht. Qualität und Quantität der vom Rektorat geschaffenen Formate reichten weit über gesetzliche Anhörungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten hinaus. Mehrfach im Monat könne sich der StuRa mit dem Rektorat und den Führungskräften austauschen.

Ein Streitthema: Anmeldefrist zum Gespräch

Die 14-tägige Anmeldefrist erklärt Prof. Mietzner so: „Bei den monatlichen Gesprächen zwischen Hochschulleitung und StuRa ist uns echter Dialog und konstruktiver Austausch sehr wichtig. Deshalb haben wir die Vereinbarung, Themen vorab zu nennen, um eine Agenda zu haben und inhaltliche Vorbereitung zu ermöglichen. Wenn der StuRa dies bewusst ignoriert, ist konstruktiver Austausch nicht möglich. Dann sagen wir die Runde ab.“

Der StuRa wiederum erklärt auf LZ-Nachfrage, da derzeit keine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Rektorat bestehe, sei es unsinnig, Themen vorher anzumelden, da zuerst eine Sensibilität für studentische Interessen beim Rektorat aufgebaut werden müsse.

„Nach über eineinhalb Jahren fehlenden regelmäßigen Austauschs haben wir eine große Fülle an Problemlagen, welche von Grund auf erklärt werden müssen. Eine vorab stichwortartige Mitteilung per Mail ist nicht zielführend und gleicht einer Beschäftigungstherapie“, kritisiert StuRa-Sprecher Tartakovskyy.

Auch sei eine Anmeldung zwei Wochen vorab eher unüblich und zu starr als Frist. Vielmehr wolle das Rektorat hinter verschlossenen Türen vorab beraten und könne so eine offene Diskussion mit schon getroffenen Beschlüssen untergraben, um sie als angeblich studentenfreundliche Lösungen zu präsentieren.

Ärger um ein veröffentlichtes Meme

Prof. Mietzner dagegen moniert das Auftreten des StuRa als Ignoranz üblicher Standards an einer Hochschule: „Meines Erachtens legt dieses Verhalten den Schluss nahe, dass der StuRa gar nicht an einem konstruktiven Austausch interessiert ist oder zumindest die Gepflogenheiten der akademischen Selbstverwaltung in der Zusammenarbeit mit dem Rektorat vorsätzlich missachtet.“

Und legt mit dem Vorwurf nach, trotz der Deeskalationsversuche durch Gesprächsangebote des Rektorats hätten Mitglieder des StuRa in der jüngeren Vergangenheit unter anderem gegen das Urheberrecht verstoßen – offenbar eine Anspielung auf eine Pressemitteilung des StuRa Ende September 2021, die den Rektor auf einem beigefügten Bild zeigte.

Dieses war in Anlehnung an ein bekanntes Internet-Meme mit dem Schriftzug „How do you do, fellow students?“ versehen und sollte laut StuRa auf dessen dringenden Gesprächswunsch mit dem HTWK-Rektor aufmerksam machen. Prof. Mietzner jedoch habe per Mail eine Entschuldigung gefordert – und unter Androhung rechtlicher Konsequenzen eine Frist zur Löschung des Beitrags bis 18 Uhr gesetzt.

Zuspitzung des Streits: StuRa will Abwahl Mietzners erreichen

Ein Gesprächstermin Anfang November brachte offenbar keine Entspannung: Auf Antrag von studentischen Mitgliedern des Erweiterten Senats gemeinsam mit dem StuRa soll der Professor nun seines Amtes als Rektor der HTWK enthoben werden.

Das öffentlich einsehbare Antragsschreiben listet neben den schon genannten Vorwürfen unter anderem auch ein unverantwortliches Verhalten des Rektorats im Zuge der COVID-19-Pandemie, unzureichende Digitalisierung, Behinderung studentischen Engagements und weitere Probleme auf. Die Rede ist von Schwierigkeiten, die aus Prof. Mietzners Führungsstil resultieren würden, und einer Vormachtstellung des Rektors. Studierende würden wie Verwaltungsgegenstände behandelt.

Der Adressat wies auch diese Anschuldigungen zurück: „Die Vorwürfe gegen mich und das Rektorat sind schlicht nicht wahr“, so Prof. Mietzner am Freitag, 19. November, auf eine weitere LZ-Nachfrage.

Erweiterter Senat und Hochschulrat entscheiden über Abwahl

Eine Abwahl des Rektors müsste laut Sächsischem Hochschulfreiheitsgesetz mit Zweidrittelmehrheit durch den Erweiterten Senat beschlossen werden, nachdem dieser den Auftrag zu einem Abwahlverfahren durch den Senat oder den Hochschulrat bekommen hat. Derzeit gehören dem Erweiterten Senat 27 Mitglieder an, darunter sechs Studentinnen und Studenten.

Erst nach Beschluss durch den Erweiterten Senat und eine finale Mehrheitsentscheidung des siebenköpfigen Hochschulrats wäre die Abwahl endgültig vollzogen. Wie es nun weitergeht, darüber soll eine Senatssitzung am kommenden Mittwoch (24. November) Klarheit bringen.

Update: Die Einleitung eines Abwahlverfahrens gegen Prof. Mietzner wurde am Mittwoch mehrheitlich durch den Senat abgelehnt. Zuvor hatte der Studierendenrat heftig kritisiert, dass der Antrag durch den Rektor selbst auf die Tagesordnung der Senatssitzung gesetzt worden war.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar