Es waren ja nicht nur die GEZ-Muffel und die Protagonisten der AfD, die in der ganzen Debatte um die Finanzierung des Öffentlichen Rundfunks in Deutschland das dumme Gefühl hatten, dass sich hier ein paar beratungsresistente Sendeanstalten einfach nur die Milliarden für die Zukunft sichern wollten, ohne auch nur einen Gedanken an die Inhalte des Programms verschwenden zu wollen. Selbst in der sächsischen CDU-Fraktion wuchs das Unbehagen. Da gab man lieber ein richtiges Gutachten in Auftrag.

Beauftragt hat die CDU-Fraktion damit Prof. Dr. Hubertus Gersdorf von der Universität Leipzig. Gersdorf ist Inhaber des Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, außerdem unterrichtet er Medien- und Informationsrecht an der Universität Leipzig.

Am Montag, 1. Juli, hat er sein Gutachten über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorgestellt, zu dem ihn die Fraktion nach ihrer Klausur beauftragt hatte.

Und auch Aline Fiedler, die medienpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, sieht sich bestätigt in der eigentlich grundsätzlichen Frage: Wenn man über eine sichere Finanzierung für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk reden will, muss die Politik vorher klar definiert haben, welche Inhalte man verlässlich von den Sendeanstalten erwartet. Denn da hilft nicht einfach nur immer die Beschwörung eines schwammigen Sendeauftrags, der bei allen Sendeanstalten in der Regel zu einem vor allem durch Unterhaltung, Spaß und Entertainment dominierten Potpourri führt, während die eigentlich zentralen Informationsbedürfnisse zu Gesellschaft und Politik in die Nachtstunden verbannt werden und immer wieder unter dem fadenscheinigen Argument der zu geringen Zuschauerzahlen zurechtgestutzt werden.

Gerade in Zeiten, in denen klassische Medien wie die Lokalzeitungen massiv unter Druck sind und an Lesern verlieren, kommt verlässliche politische Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien ein viel stärkeres Gewicht zu.

„Die CDU steht zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk!“, sagt Aline Fiedler. „Das vorgelegte Gutachten zeigt uns einen Weg auf, wie er auch in Zukunft erhalten werden kann. Prof. Gersdorf bestätigt unsere Sicht, dass wir vor der Diskussion um die Finanzierung zuerst eine Debatte über das Angebot brauchen: Erst kommt das WAS, dann die FINANZIERUNG! Das Gutachten zeigt, dass die vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk geforderte Indexierung der Beiträge zum heutigen Zeitpunkt falsch ist!“

Was die Begründung der Beitragszahlung betrifft, wurde Gersdorf sehr deutlich: „Zweitens: In § 11f Abs. 4 RStV ist klarzustellen, dass im Rahmen des Drei-Stufen-Tests der publizistische Mehrwert des Angebots mit dessen Finanzbedarf abzuwägen ist. Nur dann ist dem Schutz der Beitragszahler vor unangemessener Beitragsbelastung Genüge getan.“

Publizistischer Mehrwert – das ist eben eher nicht noch mehr Fußball, Volksmusik und Talkshow.

„Es braucht sowohl ein Programm wie auch ein transparentes Finanzierungsmodell, das von den Bürgern akzeptiert wird“, betont Fiedler. „Dafür werden wir uns einsetzen. Es geht uns um den Schutz des Beitragszahlers, der ein Anrecht auf ein Angebot hat, das weder durch senderinterne noch politische Verfahren festgelegt wird.“

Das aber dennoch publizistische Qualität bietet. Es gibt im Sende-Rahmenprogramm auch heute schon Sendungen, die zeigen, dass das auch klug und unterhaltsam machbar ist. Und dass auch mehr möglich ist, als viele Regionalsender derzeit bieten, die viel zu sehr den Lobpreis üben, sie seien die Besten und die Unvergleichlichen, nur weil die Zuschaueranteile für einige ihrer Unterhaltungssendungen deutschlandweit das seniorale Publikum anlocken.

Und so betont auch Prof. Hubertus Gersdorf: „Der Gesetzgeber sollte sich zuerst um die Konkretisierung des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kümmern. Erst wenn dieser feststeht, kann man in einem zweiten Schritt die Finanzierung angehen. Eine Indexierung auf der Basis des bestehenden Ausgangsniveaus trägt dem Transformationsbedarf nicht hinreichend Rechnung und könnte zu einer verfassungswidrigen Überkompensation des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten führen.“

Was indirekt eben auch eine Kritik am aktuell üblichen Sendeschema ist, wo augenscheinlich über die Jahre Pfründe und Gewohnheiten entstanden sind, die jede kritische Distanz zum Gesendeten vermissen lassen.

„Solange es keine Anpassung der Auftragsbeschreibung an die heutigen Medienbedürfnisse und das digitale Nutzungsverhalten der Bevölkerung gibt, kann das Finanzierungsmodell nicht beschlossen werden. Dafür braucht es den Reformwillen aller Beteiligten“, heißt es im Positionspapier der CDU-Fraktion, das auch die zum Teil äußerst üppigen Bezahlungen in den Hierarchien der Sender thematisiert: „Vergütung und Versorgung der Führungskräfte in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Deutschlands haben mittlerweile nicht nur in Einzelfällen eine Höhe angenommen, die vielen Bürgerinnen und Bürgern nur noch sehr schwer vermittelbar ist. Wir setzen uns dafür ein, diese Höhe in allen Bereichen, auch bei neuen Vertragsabschlüssen mit Intendanten, auf das angemessene Maß und die mit der übernommenen Aufgabe verbundene Verantwortung zurückzuführen.“

Das klingt wie eine kleine Kampfansage an die selbstverliebten Intendanten. Da kann man gespannt sein, ob die nächste CDU-Fraktion dranbleibt.

Kurzfassung des Gersdorf-Gutachtens.

Positonspapier der CDU-Fraktion.

Wie ausgewogen war eigentlich das Vorwahl-Programm von ARD und ZDF 2017?

Wie ausgewogen war eigentlich das Vorwahl-Programm von ARD und ZDF 2017?

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar