Wie weiter mit dem Amtsblatt? Im Juni freute sich insbesondere FDP-Stadtrat Sascha Matzke noch, dass die Stadtverwaltung eine Prüfung für den Vertrieb des Leipziger Amtsblattes in Aussicht stellte. Die Verwaltung hat jetzt ihre Prüfergebnisse vorgelegt, die aber in Summe letztlich heißen, dass sich am bisherigen Vertriebsweg des Amtsblattes nichts ändert. Was auch mit der Amtlichkeit der Verlautbarungen zu tun hat.

Nur leichte kosmetische Änderungen wird es geben. So soll das digitale Amtsblatt auf der Website der Stadt künftig leichter zu finden sein. Wer jetzt nicht weiß, wo er es dort suchen soll, findet es nicht so leicht.

„Bereits jetzt wird mit dem Erscheinen des Leipziger Amtsblattes in gedruckter Form die Ausgabe zeitgleich als e-paper auf der Startseite von leipzig.de eingestellt und über den städtischen Twitter-Account dazu informiert. Auch auf das elektronische Amtsblatt, in dem ausschließlich amtliche Bekanntmachungen veröffentlicht werden, wird mit einem Tweet hingewiesen und es findet sich auf der Startseite. Ab 1. Januar 2023 wird die Positionierung auf der Startseite von leipzig.de prominenter erfolgen“, teilt die Verwaltung mit.

„Außerdem wird ab Januar die Rubrik ‚Fraktionen zur Sache‘, die momentan nur im Amtsblatt publiziert wird, auch auf leipzig.de zu finden sein. Im Infobereich zu den Fraktionen des Leipziger Stadtrates werden die einzelnen Beiträge unter Angabe des jeweiligen Autors bzw. Autorin nach dem Erscheinen der Printausgabe eingestellt.“

Kein zweiter Vertriebsweg

Nur das Pilotprojekt, mit dem eine zentrale Verteilung des Amtsblattes derzeit im Ortsteil Mölkau getestet wird, wird es so im ganzen Stadtgebiet nicht geben, betont die Verwaltung:

„Seit Februar 2019 gibt es ein Pilotprojekt im Ortsteil Mölkau: Zusätzlich zur haushaltsweiten Zustellung liegt das Amtsblatt mit jeweils zehn Exemplaren in sieben öffentlich zugänglichen Stellen (u. a. Bäcker, Apotheke) zur Mitnahme für die Bürgerinnen und Bürger aus.

In der Vergangenheit hatten sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger aus dem Ortsteil über eine mangelhafte Zustellung des Amtsblatts beschwert; entsprechende Hinweise an den Vertrieb verbesserten die Situation nicht. Der Mölkauer Ortsvorsteher, Klaus-Ruprecht Dietze, zieht bislang ein positives Fazit: ‚Die ausliegenden Exemplare finden in der Regel fast vollständig Abnehmer, mehr als ein bis zwei Zeitungen bleiben nicht liegen‘.“

Aber das sei so nicht aufs Stadtgebiet ausweitbar, meint die Verwaltung:

„Eine Ausweitung des Modellprojekts Mölkau auf die gesamte Stadt ist momentan nicht vorgesehen; die zu erwartenden Kosten für den Aufbau eines parallelen Vertriebsnetzes erscheinen zu hoch und nicht angemessen. Entsprechend § 132 GWB ist unklar, ob ein derartiger zweiter Vertriebsweg eine gravierende Vertragsänderung ist, die den bisherigen Vertragsgegenstand beenden und damit eine Neuausschreibung des Amtsblatts (Druck und Vertrieb) notwendig machen würde.“

Und auch eine generelle Umstellung einer derzeitigen haushaltsweiten Zustellung auf Auslage an zentralen Orten in Stadt- und Ortsteilen funktioniert aus Sicht der Verwaltung und und bedeute „eine wesentliche Vertragsänderung und würde zwingend eine Neuausschreibung der Leistung nach sich ziehen.“

Die Stadt ist sogar froh, das Amtsblatt noch nach den Konditionen von 2004 vertreiben zu können.

„Dazu schätzt das Hauptamt ein, dass zu den bisherigen Konditionen (Kosten, Vertragslaufzeit unbefristet etc.) des Vertrages L02/2004 kein Vertragspartner mehr vertraglich zu binden wäre. Angesichts der gravierend steigenden Papier- und Energiepreise sowie höherer Nebenkosten (Mindestlohn) besteht die Gefahr, dass sich bei einer Neuausschreibung kein Partner findet bzw. die Kosten die bisherigen weit übersteigen.“

Und wer kein Internet hat?

Und die gewünschte Verteilform würde einige Leipzigerinnen und Leipziger dann regelrecht ausschließen, betont die Verwaltung:

„Der Verzicht auf die Zustellung des Amtsblattes in die Haushalte würde den nicht unbeträchtlichen Teil der Leipziger Bevölkerung, der digital nicht erreichbar ist, von diesem Informationskanal ausschließen. Nicht nur die amtlichen Bekanntmachungen und die redaktionellen Beiträge, sondern auch die Statements aus den Fraktionen, die Sonderseiten zu aktuellen Themen und die nach Stadtratsbeschluss regelmäßig erscheinenden Amtsblattseiten in Leichter Sprache würden diese Leipzigerinnen und Leipziger nicht mehr erreichen.“

Und dann kommt ein Argument, das im Grunde dem Freibeuter-Antrag entgegenkommt. Denn mit der Verzicht der Belieferung aller Haushalte würde die Auflage des Amtsblattes deutlich sinken.

„Die Stadt Dresden verfolgt seit einigen Jahren das System einer stadtweiten Auslage anstelle einer haushaltsweiten Verteilung. Über die Kosten dieses Systems von immerhin 600 Auslagestellen macht die Stadt Dresden offiziell keine Angaben“, heißt es in der Stellungnahme der Stadt.

„Sicher ist hingegen, dass die Auflage des Amtsblatts bei Umstellung auf ein alleiniges Auslagesystem, legt man die Erfahrungen aus Dresden zugrunde, sich um bis zu 90 Prozent dramatisch verringern würde. Dies gilt dann allerdings auch für die Verbreitung der Inhalte, sprich: Die Leserschaft würde sich stark reduzieren.“

Was man natürlich dadurch kompensieren könnte, dass jeder Haushalt das Amtsblatt abonnieren könnte.

Aber dieses Angebot gibt es sogar schon: „Die Möglichkeit eines Abonnements besteht seit Jahren; es wird hauptsächlich von Immobilienunternehmen/-verwaltungen genutzt. Die Zahl der Abonnenten beläuft sich im konstant mittleren zweistelligen Bereich.“

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Keine Kommentare bisher

Eine Information per Email wäre doch wenigstens machbar, gleich mit dem Link zum Download.

Warum man da auf ein privat gesteuertes Medium wie Twitter setzt, ist mir unverständlich.
Viel wahrscheinlicher ist doch, dass ein halbwegs internetintegrierter Bürger einen Emailzugang besitzt, anstatt einen Account auf diesem – aktuell diskussionswürdigem – System.

Interessant finde ich noch folgenden Umstand:
Das Amtsblatt gilt wohl als Werbung, wird also nicht zugestellt, wenn man einen “Keine Werbung”-Aufkleber am Briefkasten hat.
Man kann diese Werbung aber abonnieren, für 94 Euro im Jahr.
Im Gegensatz zu anderer richtiger Werbung – die kostenlos und fast täglich in den Briefkasten flattert.

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