Im Dresdner Bürgermeisterstreit ist eine Einigung in Sicht: Nach mehreren Monaten sind OBM Hilbert und mehrere Fraktionen offenbar mit einem Vorschlag von Vermittler/-innen einverstanden. Außerdem: Der Neonazi Sven Liebich wird vorerst nicht für Angriffe auf Journalist/-innen zur Rechenschaft gezogen und im „Grünes Gewölbe“-Prozess in Dresden gab es Geständnisse. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 17. Januar 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Vielleicht erinnert sich noch jemand an den vergangenen Herbst, als Martina Münch zunächst nicht zur neuen Sozialbürgermeisterin in Leipzig gewählt wurde. Einen Monat später war sie dann zwar doch erfolgreich, doch für Leipziger Verhältnisse war das ein nahezu ungeheuerlicher Vorgang im Stadtrat.

Von solchen Verhältnissen kann Dresden seit Monaten nur träumen. Seit der Oberbürgermeisterwahl im vergangenen Sommer streiten der wiedergewählte Dirk Hilbert (FDP) und die Fraktionen um Posten und Einfluss. Während in Leipzig eine Auswahlkommission die Suche nach geeigneten Bewerber/-innen übernimmt und OBM Jung dabei keine allzu dominante Rolle spielt, steht in Dresden immer wieder Hilbert mit teils extrem kurzfristigen Wahlvorschlägen im Zentrum.

Das monatelange Gezerre, das auch immer wieder Zweifel an der Demokratiefähigkeit mancher Beteiligter aufkommen ließ, könnte sich nun jedoch seinem Ende nähern. Die als Vermittler/-innen eingesetzten Thomas de Maizière (CDU) und Gunda Röstel (Grüne) haben offenbar einen Kompromiss erarbeitet, mit dem eine für die Wahl nötige Mehrheit zufrieden sein könnte.

Kein Kompromiss für die SPD

Einen großen Verlierer gäbe es dabei jedoch: die SPD. Diese würde ihren Posten des Finanzbürgermeisters an Hilbert verlieren, der künftig auch dafür zuständig sein soll. Der Posten und somit auch Geld würden eingespart. Die SPD ist wenig überraschend nicht zufrieden, weil sie im Gegensatz zu den anderen Parteien nun ohne Amt dastehen würde. Voraussichtlich am 26. Januar soll die Wahl im Dresdner Stadtrat stattfinden.

Eine andere mit Spannung erwartete Personalentscheidung ist bereits heute gefallen: Boris Pistorius, bislang Innenminister in Niedersachsen, soll neuer Bundesverteidigungsminister werden. Damit wäre das Kabinett nicht mehr zur Hälfte mit Frauen besetzt, was einen Tweet des damaligen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz nicht gut altern lässt:

Auch nicht gut gealtert sind die markigen Worte mancher Politiker/-innen nach diversen Angriffen des Neonazis Sven Liebich auf Journalist/-innen. Dieser hatte sich gemeinsam mit anderen Personen am Rande eines Gerichtstermins in Berlin verbal und körperlich an Pressemenschen zu schaffen gemacht. Die Details wurden in Videos bestens dokumentiert.

Wie das Online-Magazin „Belltower“ heute berichtet, bleiben diese Straftaten vorerst ohne Konsequenzen. Das entsprechende Verfahren wurde vorläufig eingestellt – offenbar nach einem Paragrafen der Strafprozessordnung, der das erlaubt, wenn gleichzeitig in anderen Verfahren deutlich höhere Strafen verhängt wurden. Erst im vergangenen Oktober hatte das Landgericht Halle ihn zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Der sächsische Landesverband des Deutschen Journalistenverbandes kritisierte die Entscheidung. Die Verfahrenseinstellung sei ein „fatales Signal“, so die Vorsitzende Ine Dippmann. „Es schadet der freien Berichterstattung massiv, wenn selbst tätliche Angriffe vor und in Gerichten keine Folgen für die Angreifer haben.“

Geständnis nach Gewölbe-Deal

In einem anderen Prozess ist man unterdessen ein gutes Stück vorangekommen: Drei der Angeklagten im „Grünes Gewölbe“-Verfahren haben heute ein Geständnis abgelegt. Dies ist Teil eines Deals mit Staatsanwaltschaft und Gericht, der auch die teilweise Rückgabe von Diebesgut beinhaltet.

Die Angeklagten äußerten sich zu ihren Motiven, vermieden es aber, andere Beschuldigte zu belasten. Sie selbst dürfen dank des Deals auf eine niedrigere Strafe hoffen, wobei das immer noch irgendetwas zwischen fünf und sieben Jahren bedeutet.

Worüber die LZ heute berichtet hat: über die drohenden Kosten für illegal entsorgte Weihnachtsbäume,

über das langwierige Prüfen von Bewohnerparken und

über die Pläne des Stadtgeschichtlichen Museums für dieses Jahr.

Was heute außerdem wichtig war: Das sächsische Landeskabinett hat ein Gleichstellungsgesetz auf den Weg gebracht, das das seit 1994 gültige Frauenförderungsgesetz ablösen soll. Konkret sieht es mehr Rechte und Mitsprache für diesen Bereich im öffentlichen Dienst vor. Zudem wurde heute bekannt, dass Sachsen den sozialen Wohnungsbau mit höheren Zuschüssen unterstützen möchte.

Extrem fragwürdig derweil, was heute in Freiburg vorging, wo die Redaktions- und Privaträume eines linken Radiosenders durchsucht wurden. Der Grund: eine angeblich strafbare Verlinkung.

Was morgen passieren wird: Verdi ruft im Busverkehr zum ganztägigen Warnstreik auf. Betroffen dürfte vor allem der Landkreis Leipzig sein. Außerdem tagt am Mittwoch wieder der Stadtrat. Er beschäftigt sich unter anderem mit Falschparker/-innen und Mobilitätskonzept.

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