Am Mittwoch, 7. Oktober, nutzte Hans Walter Hütter, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, nicht nur die Gelegenheit, in Leipzig bei der Eröffnung der Ausstellung "Immer bunter. Einwanderungsland Deutschland" dabei zu sein. Er stellte auch den neuen Direktor des Zeitgeschichtlichen Forums vor, der im Grunde ein alter Bekannter ist: Dr. Jürgen Reiche. Und er hatte noch eine Nachricht in der Jackentasche.

Reiche trat am 1. Oktober die Nachfolge von Prof. Rainer Eckert an, der das Zeitgeschichtliche Forum an der Grimmaischen Straße seit der Eröffnung im Jahr 1999 geleitet hatte. Ein geschichtsträchtiges Jahr, auch wenn man dabei nicht gleich an ein besonderes Jubiläum denkt: Aber damals war der 10. Jahrestag der Friedlichen Revolution der Anlass für die Eröffnung dieses neuen Standortes für das in Bonn heimische Haus der Geschichte. Auch dort wurde schon der Schwerpunkt neuere deutsche Zeitgeschichte gewürdigt.

Aber mit der Standortwahl Leipzig kam nun auch eine besondere Würdigung der Rolle Leipzigs in der Friedlichen Revolution hinzu. Das hat auch die Dauerausstellung geprägt, die seit 1999 die Atmosphäre des Herbstes 1989 nacherlebbar macht und die Ursachen und Folgen der Friedlichen Revolution zeigt. “Mittlerweile haben wir die Ausstellung schon zwei Mal überarbeitet, zuletzt 2007”, sagt Hütter. Doch jetzt plant man eine völlige Neugestaltung dieser Ausstellung. Und das war einer der Hauptgründe dafür, nun Dr. Jürgen Reiche als Nachfolger für Rainer Eckert in Leipzig einzusetzen.

Eckert hatte schon im Januar sein Ruhestandsalter erreicht, hat aber auf Bitten von Hütter noch ein paar Monate drangehängt, um die Nachfolgerkür zu ermöglichen. Die scheint nicht ganz leicht gewesen zu sein. Aber mit Jürgen Reiche, vier Jahre jünger als Eckert und seit 1991 für die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland tätig, hat man einen Mann gefunden, der die Materie sowieso beherrscht. Mehr als 100 Ausstellungen zur Zeitgeschichte hat er schon kuratiert. Und als Direktor wird er nun auch die neue Dauerausstellung in Leipzig verantworten.

Die ist schon aus mehreren Gründen überfällig, so Hütter. So habe man nach 16 Jahren längst einen völlig neuen Forschungsstand. Selbst die Dokumentation sei längst viel besser. Und dazu käme natürlich, dass in der aktuellen Ausstellung die Zeit nach 1990 denkbar kurz kommt. Das gehe einfach nicht, so Hütter. Immerhin seien mittlerweile 25 Jahre vergangen seit 1990 und eine völlig neue Generation sei herangewachsen, die die Ereignisse im Herbst 1989 überhaupt nicht mehr miterlebt habe, für die aber diese 25 Jahre selbst schon erlebte Geschichte seien. Das müsse sich widerspiegeln.

Dr. Daniel Kosthorst, Dr. Hans Walter Hütter, Dr. Jürgen Reiche und Ulrich Op te Hipt auf der Eröffnungspressekonferenz zur Ausstellung "Immer bunter". Foto: Ralf Julke
Dr. Daniel Kosthorst, Dr. Hans Walter Hütter, Dr. Jürgen Reiche und Ulrich Op de Hipt auf der Eröffnungspressekonferenz zur Ausstellung “Immer bunter”. Foto: Ralf Julke

“Und die neue Dauerausstellung muss inhaltlich internationaler werden”, so Hütter. Es müsse deutlicher werden, wie sich der Herbst ’89 in die ganzen Ketten von revolutionären Veränderungen in Europa damals einordne. Und Leipzig? – “Leipzig bleibt natürlich Schwerpunkt der Ausstellung”, betont Hütter. “Das kann an diesem Standort gar nicht anders sein.”

Und bevor auch noch einer fragen konnte, kam er auch auf den Standort zu sprechen. Denn so langsam laufen die Mietverträge in der Grimmaischen Straße aus.

Darüber, so Hütter, habe man gerade im Sommer im Kuratorium der Stiftung intensiv gesprochen und sei zum Entschluss gekommen, den Standort Leipzig langfristig zu sichern. Deswegen werde man in den nächsten Wochen auch über die langfristige Anmietung der Räume verhandeln.

Und da passt dann natürlich die Neuauflage der Dauerausstellung, die Jürgen Reiche spätestens 2018 eröffnen möchte. Denn die soll ja dann wieder maßstabsetzend für eine ganze Generation sein. Einiges, was man in der neuen Ausstellung dann zeigen wolle, habe man schon in verschiedenen Wechselausstellungen ausprobiert und werde das dann in die neue Schau einbauen. Und man werde auch noch viel mehr als bisher die Möglichkeiten der digitalen Vernetzung nutzen, so Hans Walter Hütter. Er spricht von “vernetzter Geschichtslandschaft”.

Auf der eigenen Website zeige man ja schon, wie man Landesgeschichte digital attraktiv aufbereiten könne. “Lemo” nennt sich das Projekt, Lebendiges Museum Online. “Das ist derzeit landesweit wohl einzigartig in dieser Form”, so Hütter

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