Es ist der beliebteste Anlaufpunkt im Ensemble des Stadtgeschichtlichen Museums: das Völkerschlachtdenkmal. 300.000 Menschen besuchen es jedes Jahr, viele huschen nach oder vor dem Aufstieg noch in das kleine Museum am Fuß des Denkmals, das „Forum 1813“, wo man nicht nur Exponate zur Völkerschlacht bewundern kann, sondern auch große und kleine Dioramen sieht. Und seit Donnerstag, 28. April, auch die Schlacht.

Die moderne Videotechnik macht’s möglich. Aber bis dahin sollte man sich Zeit nehmen und sich ein wenig mit den Akteuren, der Zeit und den Gründen für die Schlacht beschäftigen, die zwar in Deutschland Völkerschlacht heißt, in Frankreich aber „Schlacht bei Leipzig“. Denn natürlich können die Franzosen mit dem deutschen Blick auf die Befreiungskriege nicht viel anfangen.

Logisch, dass die Museumsmacher mit dem 1913 feierlich eingeweihten Klotz von Denkmal lernen mussten, anders umzugehen, es herauszuholen aus dem alten nationalistischen Verständnis für Schlacht, Denkmal und deutsche Geschichte. Denn dass dieses in kaiserlich-wilhelminischen Zeiten gebaute Denkmal so nicht stehen bleiben konnte in der Rezeption, das war schon vor 16 Jahren klar, als die erste Ausstellung für das neue „Forum 1813“ entwickelt wurde. Das alte „Forum“ stand ja bekanntlich gegenüber im Wilhelm-Külz-Park – für museale Ausstellungen eigentlich gar nicht geeignet. Das Stadtgeschichtliche Museum war recht froh, als es den Bau dort für gastronomische Zwecke abgeben konnte.

Doch auch die neuen Räume am Fuß des Denkmals waren ja nicht als Museum gedacht. Hier sollte ursprünglich die Bauhütte unterkommen, die regelmäßig dafür sorgen sollte, das Denkmal in Schuss zu halten. Das fiel schon 1914 aus – und danach sowieso.

 

Das zerstörte Probstheida als großes Diorama. Foto: Ralf Julke
Das zerstörte Probstheida als großes Diorama. Foto: Ralf Julke

Die Räume sind also etwas kompliziert und auch heute nur teilweise barrierefrei zu ereichen. Sie sind nicht groß, bieten aber genau die richtige Portion an Raum, um die wichtigsten Dinge zur Schlacht und ihren Protagonisten zu erzählen und auch den Blick auf die beteiligten Völker, auf Napoleons Visionen und damit auf das moderne Europa zu lenken. Denn hier wurde es – je nachdem, wie man es betrachtet – begraben oder begründet. Ein Fakt, auf den Museumsdirektor Dr. Volker Rodekamp am Donnerstag, 28. April, besonders hinwies, als die neu gestaltete Ausstellung im Beisein der langjährigen Unterstützer von Museum und Denkmal vorgestellt wurde.

In den letzten Wochen hat die Ausstellung eine „Frischekur“ bekommen. Das alte, etwas staubige Rot ist verschwunden. Jetzt sind die Sichtflächen mit einem schönen Preußisch-Blau unterlegt (Rodekamp), oder Königsblau aus Sicht von Steffen Poser, dem Leiter der Ausstellung. Die Schrift auf diesem Untergrund ist größer – und damit besser lesbar. Einige Ausstellungsstücke sind wieder ins Depot gewandert, andere wurden neu aufgenommen.

Eigentlich wollte man die Ausstellung nur ein bisschen auffrischen vor anderthalb Jahren. Aber da hatte man mit der großen Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum „Helden nach Maß“ auch neue Erfahrungen gesammelt, neue Erkenntnisse sowieso. Und so wurde das Ganze ein richtiger Relaunch, der in den Grundstrukturen an die erfolgreiche Vorgängerausstellung anschließt. „Und die war auch noch vor einem halben Jahr nicht veraltet, sondern sehr beliebt“, sagt Rodekamp.

Aber wenn man die Chance hat, die ganze Sache neu zu erzählen, macht man es auch. Beginnend mit der Bedeutung der Schlacht im 19. Jahrhundert und der durchaus noch lange nicht nationalistischen Rezeption durch die Leipziger. Die wussten wohl besser als die beteiligten Fürsten, dass Leipzig mit der Schlacht ein Schauplatz mit Bedeutung für die europäische Geschichte geworden war. Und so entstanden mehrere Sammlungen mit Stücken aus der Völkerschlacht, die später auch in den Fundus des Museums einflossen. Und so kann man heute aus dem Vollen schöpfen, auch wenn die Texte möglichst kurz gehalten sind, aber auch auf die schrecklichen Bedingungen während der Schlacht eingehen.

Animierte Karte: Man kann zugucken, wie die Schlacht abläuft. Foto: Ralf Julke
Animierte Karte: Man kann zugucken, wie die Schlacht abläuft. Foto: Ralf Julke

Das 15 Quadratmeter große Schaubild des zerstörten Probstheida – nach zeitgenössischen Schilderungen detailgetreu nachgebaut – ist der eindrucksvolle Abschluss (oder Beginn) des Rundgangs.

Ein Höhepunkt ist ganz bestimmt der Großmonitor im Raum mit den Uniformen und Ausstattungsstücken der beteiligten Armeen, auf dem Besucher von „Helden nach Maß“ Bekanntes wiederentdecken: die damals angefertigte Nachrichtensendung mit Berichten direkt vom Schlachtfeld. „Das hat damals die Vermittlung des Themas deutlich erleichtert“, sagt Steffen Poser.

Doch diesmal wird die Nachrichtensendung in eine große Karte eingeblendet, auf der der Schlachtverlauf vom 16. bis zum 19. Oktober 1813 animiert dargestellt wird. Nicht ganz so bunt wie auf alten Karten, wo jede Armee ihre Farbe hatte. Die Franzosen sind einfach rot, die Alliierten grün. Und das, was auf alten Militärkarten statisch ist, bewegt sich. Man kann regelrecht zugucken, wie sich die Truppen formieren, vorrücken, kämpfen – und wie die Frontlinien sich immer weiter verändern. Bis zum Nachmittag des 18. Oktober, als die Roten begannen, über den Ranstädter Steinweg abzurücken.

Der Sattel des Fürsten und Marschalls Poniatowsky, der zum Ende der Schlacht so tragisch in der Weißen Elster ertrank, ist natürlich genauso ein Hingucker wie die Kanone und das Raketengeschütz. Man kann sich richtig Zeit nehmen und weiß hinterher wirklich das Wichtigste, was es zu dieser Schlacht zu wissen gibt. Und warum Leipzigs Völkerschlachtdenkmal ein Mahnmal bis in die Gegenwart ist.

 

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