Die Spinnereirundgänge in den Galerien der Baumwollspinnereri gehören mittlerweile fest zum Jahresauftaktprogramm. Sie faszinieren jeden, der sich von der Vielfalt all dessen, was Künstler in Leipzig an Stilen und Erzählweisen umsetzen, beeindrucken und auch gern einmal überraschen lässt. Und die Einzelausstellungen überraschen auch immer wieder, weil sie sehr eigenwillig die Verwirrungen der Zeit thematisieren.

Das wird man auch in der Ausstellung von Undine Bandelin bemerken, die am Samstag, 11. Januar, in der Galerie „The Grass Is Greener“ in der Halle 10 eröffnet wird.

Bandelins Bilder sind in gewisser Weise skurril. Sie versetzt Szenen aus dem alltäglichen Leben in märchenhafte Staffagen, gibt ihnen dadurch freilich auch eine spielerische Note.

„Bestimmt habe ich einen Hang zum Absurden oder Grotesken, den man auch meinen Bildern ansieht“, sagt die Künstlerin selbst. „Die dargestellten Situationen, die aus dem Alltag genommen sind, werden überzogen. Die poppige Farbpalette, die Übersteigerung – formal und inhaltlich – das alles hat einen Drall und überspitzt das Normale.“

Undine Bandelin, Der König, 40 x 40 cm, Siebdruck und Mischtechnik auf Leinwand, 2019. Foto: The Grass Is Greener
Undine Bandelin, Der König, 40 x 40 cm, Siebdruck und Mischtechnik auf Leinwand, 2019. Foto: The Grass Is Greener

Geboren wurde die Künstlerin 1980 in Jena, hat an der Bauhaus-Universität Weimar und an der Burg Giebichenstein in Halle studiert, bevor sie 2012 nach Leipzig zog. 2014 erhielt sie den Kunstpreis der Stadt Limburg. Im gleichen Jahr wurde auch ihr Katalog „Maskenball“ veröffentlicht. Die Kunsthistorikerin Vanessa Charlotte Heitland schrieb darin zum Beispiel: „Undine Bandelin führt den Betrachter in eine scheinbar fantastische Welt, die ihm aber auf beängstigend realistische Weise die eigene Wirklichkeit vor Augen führt.“

Sie macht also das, was gute Künstler immer machen: Sie bringt die Betrachter ihrer Bilder dazu, über die Mehrbödigkeit des eigenen Lebens nachzudenken, das Groteske und Verwirrende im Alltag – durch die Bilder gespiegelt – wahrzunehmen. Denn „Maskenball“ brachte es ja auf den Punkt: Wir setzen alle Masken auf, verwandeln uns, kostümieren uns und spielen alle möglichen Rollen vor anderen, von denen wir hoffen, dass sie ihren Zweck auch erfüllen. Aber vermitteln wir dadurch nicht falsche Botschaften? Sind wir damit überhaupt noch authentisch?

Und: Was ist das dann überhaupt noch, authentisch sein zu wollen, wenn unsere von Ikonen besetzte Welt uns regelrecht dazu zwingt, immerfort neue Masken aufzusetzen, damit wir den Erwartungen anderer genügen? Oder zu genügen glauben, obwohl da immer das vage Gefühl ist, dennoch missverstanden zu werden. Und damit in einem Erzählraum zu landen, der märchenhaft sein kann, verwirrend, diffus und – mehrbödig.

Nur eines nicht: belastbar authentisch.

Aber was will man in einer (Werbe-)Welt eigentlich erwarten, in der das Maskenhafte die Norm ist und nicht die (groteske) Ausnahme.

Eröffnet wird die Ausstellung mit Arbeiten von Undine Bandelin unter dem Titel „Macht und Ohnmacht“ zum Spinnereirundgang am Samstag, 11. Januar, 11 bis 20 Uhr.

Zu sehen sind ihre Bilder in der Galerie „The Grass Is Greener“ bis zum 15. Februar

Hinweis der Redaktion in eigener Sache (Stand 1. November 2019): Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler unter dem Label „Freikäufer“ erscheinender Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen.

Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen und ein Freikäufer-Abonnement abschließen.

Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Erreichung einer nicht-prekären Situation unserer Arbeit zu unterstützen. Und weitere Bekannte und Freunde anzusprechen, es ebenfalls zu tun. Denn eigentlich wollen wir keine „Paywall“, bemühen uns also im Interesse aller, diese zu vermeiden (wieder abzustellen). Auch für diejenigen, die sich einen Beitrag zu unserer Arbeit nicht leisten können und dennoch mehr als Fakenews und Nachrichten-Fastfood über Leipzig und Sachsen im Netz erhalten sollten.

Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 400 Abonnenten.

Alle Artikel & Erklärungen zur Aktion Freikäufer“

 

 

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar