Am Sonntag eröffnete das 44. internationale Dokumentarfilmfestival DOK Leipzig im CineStar. Das Festival zeigt sich – wie jedes Jahr – politisch und präsentiert in diesem Jahr viele aktuelle und historische Filme zum Thema Osteuropa, besonders Ukraine und Russland. So zeigte schon der Eröffnungsfilm „White Angel – Das Ende von Marinka“ von Arndt Ginzel die Arbeit von Männern, die Personen aus einem umkämpften Ort in der Ukraine evakuieren, mitten im Krieg. Aber auch Themen wie Rassismus, Feminismus, Krankheiten und Macht werden verhandelt.

„Die ausgewählten Filme sind nicht nur unterhaltsam, sondern sie greifen auch aktuelle politische Diskussionen auf und beschäftigen sich kritisch mit unserer Lebenswelt“, so die sächsische Kultusministerin Barbara Klepsch in ihrem Grußwort. „Das DOK-Festival ist gleichzeitig Ort der Präsentation aktueller künstlerischer Entwicklungen und persönlicher Handschriften im Dokumentar- und Animationsfilm.“

Auch Leipzigs Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke betonte den Beitrag des Festivals zu Demokratie und Meinungsbildung. Die Stadt Leipzig unterstützt das Festival jedes Jahr finanziell.

Eine Woche lang sind im Rahmen der DOK Leipzig 244 Filme und Performances , sogenannte Extended-Reality-Arbeiten aus rund 60 Ländern, zu sehen. Darunter sind einige kostenfreie Vorstellungen in der Osthalle des Hauptbahnhofs und im Online-Stream. Auch Filme für Kinder und Jugendliche sowie Filme mit Audiodeskription und erweiterten Untertiteln werden gezeigt. Am Samstag werden Preise in verschiedenen Wettbewerben an die Filme verliehen, darunter auch ein Publikumspreis.

Eröffnungsfilm schockierend nah am Krieg

So nah hat man sich in Europa selten dem Krieg gefühlt, zumindest in den letzten Jahren. Moderne Technik macht es nun möglich, direkt ins Geschehen einzutauchen: Und zwar mit einer Go Pro-Kamera, die am Helm des Protagonisten Vasyl befestigt ist.

Marinka liegt in der Region Donezk und trotz der Angriffe Russlands und pro-russischer Separatisten lebten dort bis zum Beginn der Eskalation im Februar 2022 10.000 Menschen. Marinka war zwischenzeitlich genau auf der Frontlinie. Vasyl und seine Kollegen fahren im August und September nach Marinka und holen, zwischen den Einschlägen der Artilleriegeschosse, Menschen aus den Kellern und Häusern.

Aber: Nicht alle wollen fliehen. Immer wieder trifft Vasyl Menschen, die bleiben wollen. Auch wenn es in einem dunklen Keller der Schule von Marinka ist, sind es Menschen, die ihr Leben an diesem Ort verbracht haben und darauf hoffen, dass der Krieg bald enden wird. Sie werde noch hier sterben, sagt eine alte Frau zu Vasyl. „Was heißt sterben? Leben muss man!“, antwortet er.

An der Oberfläche existiert bald immer weniger der Kleinstadt. Immer weniger lebendige, gesunde Menschen holen die Polizisten aus ihren Häusern. Oft bergen sie Tote und Verletzte. Der Dokumentarfilm bringt uns so nah an den Krieg heran, wie es wahrscheinlich Menschen, die ihr Zuhause behalten können, noch nie vorher erlebt haben. Er ist extrem emotional belastend.

Der Film wird noch am 10. und 14. Oktober gezeigt.

DOK Neuland und Programm für Filmschaffende

Neben den Filmvorführungen findet im Museum der bildenden Künste auch eine DOK Neuland-Ausstellung mit dem Titel „Nowhere Is Only Somewhere“ statt. Hier werden Extended-Reality-Arbeiten, die mit Video, Animation und Ton spielen, von internationalen Künstler*innen wie Mariusz Borzyszkowski, Charlotte Bruneau oder Sjoerd van Acker gezeigt. Der Eintritt ist kostenfrei.

„Die Furcht vor Veränderung führt dazu, vor dem Offensichtlichen die Augen zu schließen“, heißt es im Text zur Ausstellung. „Dabei sollten doch der Schmerz und das Leid der Einzelnen der kleinste gemeinsame Nenner für eine kollektive Verantwortlichkeit sein. (…) Die Ausstellung lädt dazu ein, spielerische und intuitive Zugänge zu Anderen zu finden und aus geteilten Gedanken und Ideen eine kollektive Identität zu formen.“

Neben dem künstlerischen Programm gibt es auch eine Reihe an Diskussionsveranstaltungen für die Öffentlichkeit sowie akkreditierte Expert*innen und Filmschaffende zu unterschiedlichen Aspekten des Films, wie zum Beispiel der Arbeit mit Perspektiven, Vergangenheit und zukünftigen Herausforderungen.

Tickets

Einzelkarte: 10,00 € / ermäßigt: 8,00 €

Einzelkarte Kids DOK: 5,00 €

Dauerkarte: 75,00 € / Dauerkarte ermäßigt: 45,00 €

Mehr Informationen auf der Webseite des DOK Leipzig.

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