Es ist ein kleines Dilemma, in das der scheidende Intendant der Oper Leipzig, Tobias Wolff, die Oper und die Stadt gestürzt hat. Es begann 2024 mit der Meldung, dass sich Stadt und Intendant nicht über die Ausrichtung des Opernprogramms in der möglichen anschließenden Intendanzzeit einigen konnten und der Vertrag mit Wolff deshalb 2027 auslaufen würde. Normalerweise würde das genug Zeit sein, eine neue Intendantin oder einen neuen Intendanten zu finden, die sich dann schon ab 2026 einfuchsen würden. Denn Opernprogramme haben jahrelange Vorbereitungszeiten.
Doch dann meldete die Stadt im Mai, dass man im Nachbesetzungsverfahren noch keine geeignete Nachfolgerin bzw. keinen geeigneten Nachfolger gefunden habe. Das Auswahlverfahren muss also vollkommen neu gestartet werden. Und das mit einem zusätzlichen Druck, weil Tobias Wolff nicht bis zum Ende der Intendanz im Jahr 2027 bleibt, sondern bereits 2026 seine Koffer packt.
Schon das allein erzwingt nun eine Vertragsveränderung vor allem für die Frau, die in dieser Interimszeit dann die volle Verantwortung für Haus und Ensemble trägt. Das ist die Verwaltungsdirektorin und 2. Betriebsleiterin, Lydia Schubert.
Sie braucht ab dem 1. August 2026, wenn Tobias Wolff die Stadt verlassen hat, die zusätzlichen Kompetenzen, die normalerweise allein beim Intendanten liegen. Und das voraussichtlich nicht nur bis zum 31. Juli 2027 und damit, bis eine neue Intendanz beginnt, sondern möglicherweise auch noch bis 2028, wenn nicht baldigst eine Nachfolge in der Intendanz gefunden wird.
Höchster Druck bei der Nachfolgersuche
Am Mittwoch, dem 25. Juni, stand genau dieses Thema auf der Tagesordnung der Ratsversammlung. Und CDU-Stadträtin Sabine Heymann nahm die Gelegenheit wahr, die Verwaltung aufzufordern, die Suche nach einer Nachfolgerin bzw. einem Nachfolger in der Intendanz unbedingt mit erhöhter Energie zu betreiben. Es geht ja nicht nur um eine Besetzung des Intendantenstuhls. Intendanten prägen ein Haus künstlerisch – allein schon durch die Auswahl der gespielten Stücke, der dafür engagierten Regisseure und die vertraglich gebundenen Sängerinnen und Sänger.
Wenn der oder die Neue 2027 oder 2028 offiziell das Amt antritt, müssen im Grunde schon alle Entscheidungen für die nächste Spielzeit getroffen sein. Entscheidungen, die auch beeinflussen, ob das Programm die Leipzigerinnen und Leipziger begeistert und auch überregional wahrgenommen wird.
Doch all das wird jetzt erst einmal auf den Schultern von Lydia Schubert liegen, die für den Vakanzzeitraum in der Intendanz am 25. Juni zur Geschäftsführenden Intendantin und Verwaltungsdirektorin berufen wurde, so ihre offizielle Amtsbezeichnung. Aber die Berufung war dringend notwendig, denn sie übernimmt „in diesem Zeitraum sämtliche Aufgaben, Rechte und Pflichten der ersten Betriebsleitung gemäß Satzung und Geschäftsordnung bzw. Interimsgeschäftsordnung. (…)
Die interimistisch berufene erste und zweite Betriebsleiterin kann damit den Eigenbetrieb im Interimszeitraum allein nach außen vertreten. Entscheidungen mit rechtlicher Außenwirkung, die ausdrücklich den künstlerischen Bereich betreffen, werden in Abstimmung und nach Mitzeichnung der für die jeweilige Sparte (Oper, Musikalische Komödie, Leipziger Ballett) zuständigen künstlerischen Leitungen sowie ab Bestellung der designierten Intendanz getroffen.“
Und ein Passus in der Vorlage der Stadt zur Berufung von Lydia Schubert alarmierte eben nicht nur Sabine Heymann, sondern auch AfD-Stadtrat Jörg Kühne. Denn es ist eben nicht sicher, dass bis 2027 eine Nachfolge in der Intendanz gefunden wird. Und so las man in der Vorlage: „Sollten die Intendanz und erste Betriebsleitung nicht bis zum 31. Juli 2027 nachbesetzt und im Amt sein, verlängert sich die oben genannte Bestellung bis zum Amtsantritt der neuen Intendanz, längstens bis zum 31. Juli 2028. Eine Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus bedarf eines neuen Beschlusses der Ratsversammlung.“
Das macht natürlich Druck. Eben auch für die Stadt, die jetzt in relativ kurzer Zeitspanne eine Nachfolgerin bzw. einen Nachfolger für Tobias Wolff finden muss. Bis dahin hat jedenfalls Lydia Schubert noch mehr Arbeit auf ihrem Tisch liegen. Denn ihrer Ernennung zur Geschäftsführenden Intendantin stimmte die Stadtratsmehrheit mit 55 Stimmen bei acht Enthaltungen zu.
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