Der dritte Verhandlungstag des Prozesses gegen den Iraker Djamal A., der am 31. August 2014 Ehefrau und Tochter niedergestochen hatte, verlief zunächst ereignisarm. Auch die Tochter des Angeklagten, die bei dem Familienstreit in den eigenen vier Wänden lebensgefährlich verletzt wurde, verweigerte die Aussage.

Vergangenen Montag hatte bereits ihre Mutter (40) von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Dabei wären die Aussagen der beiden Opfer von großem Wert gewesen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, er habe seine Angehörigen ermorden wollen, da diese seinen Autoritätsanspruch infrage gestellt hätten.

Doch offenbar sprechen seine Angehörigen nicht gerne mit den Behörden. Auch Schwager Ali S. (35) gab am Donnerstag nur seine Personalien an. Das Gericht ließ anschließend die Notruf-Mitschnitte abspielen. Anrufe unter der Nummer 110 werden automatisiert aufgezeichnet.

Djamal A. hatte nach der Messerattacke selbst die Polizei alarmiert. “Kommen Sie schnell. Ich habe meine Frau und meine Tochter getötet.” Die Beamten benötigten allerdings 29 Minuten, um die Wohnung des Grünauers aufzusuchen. Grund: Der Disponent verstand nicht Lützner Straße, sondern Ludwigstraße. Letztere verläuft parallel zur Eisenbahnstraße, die in Polizeikreisen “berühmt-berüchtigt” ist.

Als der Irrtum aufflog, ließ sich ein Polizist im Telefonat mit dem Lagezentrum zu einer verächtlichen Bemerkung hinreißen. “Jetzt sind wir unterwegs, weil jetzt schon wieder ein Turbanträger angerufen hat und ne große Schnauze hat am Telefon, wo wir bleiben”, sagte der Ordnungshüter. “Jetzt hoffe ich auch, dass es dort ist und dass es derjenige ist, der die große Fresse hat.”

Nebenklagevertreter Stefan Costabel kündigte umgehend an, wegen der rassistischen Beleidigung Strafantrag zu stellen. Nicht nötig. Der Fall ist den Behörden bereits bekannt. “Es wird strafrechtlich und dienstrechtlich ermittelt”, teilte Polizeisprecher Andreas Loepki auf Nachfrage mit.

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