Er ist in Leipzig längst kein Unbekannter mehr. Stephane Simon (48) fiel in der Vergangenheit als Teilnehmer und Redner bei den umstrittenen „Mahnwachen für den Frieden“ im Jahr 2014, später bei LEGIDA-Demos und durch eine Ansprache bei Pegida in Dresden auf. Vor dem Amtsgericht sorgte der ehemalige Bundespolizist am Freitag mal wieder für einen Eklat. Nicht zum ersten Mal.

Stephane Simon kann nicht ohne Show und Theater. Der Strafprozess gegen den umtriebigen Rechtsaußen-Aktivisten war zu Ende, ehe er begonnen hatte. Der Leipziger hatte sich vor dem Amtsgericht wegen Diebstahls und Beleidigung einer Staatsanwältin zu verantworten. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl erlassen gehabt. Simon legte gegen diesen Einspruch ein, so dass eine Hauptverhandlung anberaumt werden musste. Im ersten Anlauf, im Februar 2014, hatte der Angeklagte mit heftigen verbalen Provokationen den Abbruch der Verhandlung provoziert. Und diesmal sollte es nicht viel besser laufen.

Mit etwas Verspätung traf Simon ein und erzürnte sich, noch in der Tür stehend, über die Einlasskontrolle. Die Wachtmeister nahmen ihm nämlich vor der Tür sein Mobiltelefon für die Dauer der Sitzung ab. Amtsrichter Christian Brudnicki begründete die Entscheidung mit Filmaufnahmen, die während der Verhandlung im Februar 2014 entstanden waren. „Das ist die Prozessordnung, nach der wir uns richten“, sagte der Jurist und hielt demonstrativ eine Buchausgabe der Strafprozessordnung hoch. Ein klares Signal in Richtung des Angeklagten, wer im Saal das Sagen hat.

„Sie unterstellen mir die Absicht für eine Straftat. Das ist nicht okay“, erwiderte Simon sichtlich erregt. „Sie haben keine Erfahrung mit mir und ich nicht mit Ihnen“, versuchte Brudnicki zu beschwichtigen. „Mit mir werden Sie gleich eine Erfahrung machen“, konterte Simon. Und das sollte Richter Brudnicki wahrlich. Die Diskussion um das Handy – das sich Simon übrigens eigenmächtig hereinholte – erwies sich als harmlose Aufwärmübung.

In Reichsbürger-Manier

„Sind Sie legitimiert, sich hier als Richter auszugeben? Was legitimiert Sie, dieses Amt zu bekleiden?“, fragte der Angeklagte provokativ den Vorsitzenden. „Wenn Sie nicht beweisen können, dass Sie mein gesetzlicher Richter sind, haben Sie ein Problem.“ Ein typisches Argumentationsmuster von sogenannten „Reichsbürgern“, die vor Gerichten vorzugsweise die Gültigkeit des deutschen Rechtssystems infrage stellen, wenn der Staat etwas von ihnen verlangt.

„Fangen wir jetzt an oder nicht?“, versuchte Brudnicki die Ordnung wieder herzustellen. Die Frage hätte sich der Amtsrichter im Grunde sparen können. Unbeirrt setzte Simon, der ohne Verteidiger erschienen war, die Schimpftiraden gegen den Richter fort, die bald in wechselseitigem Anbrüllen ihren Höhepunkt erreichten. „Sie sind die Totengräber des Rechtsstaats in diesem Land und Verräter an der Demokratie“, rief der stadtbekannte Angeklagte vom Zeugenstand aus mit Fingerzeig auf Brudnicki, Staatsanwalt Michael Höhle und dessen Kollegin.

Noch unter Dauerbeschallung von Simons wütender Stimme beantragte Höhle, den Einspruch des Angeklagten abzuweisen. Dessen offensichtliche Nichtanerkennung des Gerichts sei einem unentschuldigten Fernbleiben der Hauptverhandlung gleichzusetzen. Der Rettungsanker, den Richter Brudnicki dankend annahm. Da hatte Simon den Saal bereits mit den Worten verlassen. „Ich mache nicht mit in Ihrem Theaterstück.“

Stephane S. hat nun 300 Euro Geldstrafe zu berappen. Allerdings kann der gebürtige Franzose gegen das Urteil in Berufung gehen. Wer Simon, im Gegensatz zu Richter Brudnicki kennt, kann sich an fünf Fingern abzählen, dass er die Verurteilung nicht kommentarlos hinnehmen wird. Staatsanwalt Höhle äußerte gegenüber L-IZ.de Unverständnis für den poltrigen Auftritt: „Es wäre doch Zeit gewesen, hier in Ruhe über alles zu reden.“

Eine Hoffnung bleibt eine Hoffnung

Immer wieder fiel Simon in der Vergangenheit durch verschiedene Ausfälle auf. Bei Pegida versuchte er beispielsweise eine Liveschaltung des ZDF zu stören, indem er sich vor einen Reporter drängte und direkt in die Kamera skandierte „Ihr seid alles Lügner.“ Die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel wurde von ihm bei einer Rede bei Pegida in Dresden von der Bühne herab öffentlich beleidigt – ein Geschehen, welches auch auf Videos nachschaubar war.

Auch in Leipzig trat er immer wieder in Erscheinung. Im November 2013 wurde er bei einer Diskussionsveranstaltung über den Moscheebau der Ahmadiyya-Gemeinde in Gohlis aus der Michaeliskirche gebeten, als er nach seinem Redebeitrag weiter herumschrie. Im Mai 2015 fungierte er als Redner auf einer Montagsdemonstration in Leipzig und ist ein gern gesehener Redner, wenn es gegen Linksextremismus und die USA geht. Beteiligungen an weiteren Legida-Demonstrationen, verbale Attacken auf Polizei und Journalisten folgten.

Dass Simon seine ganz eigene Auslegung von Recht und Gesetz hat, die sich nicht nur von der Sichtweise der Polizeieinheiten am Abend unterschied, bewies er im Februar 2015 im Amtsgericht. In einem Prozess wegen Beleidigung soll er bereits zu diesem Zeitpunkt das Gericht auf die Probe gestellt und ein Schauspiel aufgeführt haben, indem er Staatsanwaltschaft und der vorsitzenden Richterin die Legitimität der Prozessführung absprach und letztendlich eine Prozessaussetzung durch sein Verhalten provozierte.

 

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