Schon über 500 Fälle von „Europol-Scam“ hat die Polizeidirektion Leipzig seit März registriert. Und wahrscheinlich sind es noch deutlich mehr Leipziger/-innen, die von falschen Polizeibeamten angerufen wurden. Viele haben sich von den Anrufern tatsächlich überreden lassen und Geld überwiesen. Geld, das in der Regel unwiederbringlich weg ist.

Bisher wurden uns knapp 500 Fälle von falschen Europolmitarbeitern bekannt, teilt uns Dorothea Benndorf, Sprecherin der Polizeidirektion Leipzig, mit.

Sie betont aber auch: „An dieser Stelle ist jedoch zu erwähnen, dass in diesem Deliktsbereich das Dunkelfeld sehr hoch ist und wir nur über die Fälle eine Aussage treffen können, die bei uns zur Anzeige gebracht wurden. In mehr als 20 polizeibekannten Sachverhalten kam es zu Zahlungen zwischen 300 Euro und knapp 7.000 Euro an Betrüger. In den restlichen (überwiegenden) Fällen kam es jedoch zu keinen Vermögensschäden.“

Falsche Identitäten

Und anders als in früheren Fällen von Betrug durch falsche Polizeibeamte trifft die vom BKA seit Februar beobachtete neue Masche viele Jüngere. Was auch Dorothea Benndorf bestätigt: „Im Gegensatz zu anderen Betrugsmaschen, die sich meist gegen ältere Menschen richten, sind in diesen Fällen jegliche Altersgruppen betroffen. Im Grunde genommen kann jeder Opfer werden, der ein Telefon besitzt.“

Doch die Scham bei vielen Betroffenen ist groß, wenn sie dem Betrug aufgesessen sind und merken, wie leichtgläubig sie da gewesen sind.

„Es ist wichtig, immer eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Dann erfolgt Ermittlungsarbeit, die in der Regel durch die Kriminalpolizei geführt wird. Es wird unter anderem versucht, die Anschlussinhaber zu den Telefonnummern der Betrüger zu ermitteln“, betont Benndorf.

„In der Regel sind die genutzten Nummern jedoch nicht vergeben. Die Chancen stehen jedoch besser, wenn die Anrufe auf einer Festnetznummer eingehen.“

Gefährlich wird die Masche deshalb, weil auf dem Telefondisplay der Angerufenen eine scheinbar vertrauenswürdige Nummer erscheint. Die Anrufer täuschen also eine falsche Identität vor.

„Die Betrüger nutzen dabei ‚Caller-ID Spoofing‘“, erklärt Dorothea Benndorf.

„Dies ist eine Methode, mit der Anrufe unter einer für den Angerufenen vorgetäuschten rufenden Nummer geführt werden können. Dabei wird bei einer Rufnummernanzeige des angerufenen Telefons anstatt der Originalrufnummer des Anrufers eine in der Regel frei wählbare Identifikationsinformation angezeigt. Hierdurch wird es möglich, die wahre Identität des Anrufers beim Angerufenen zu verschleiern, um gegebenenfalls eine falsche Identität vorzutäuschen. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass diese Rufnummern, wie auch die angezeigte Telefonnummer von Europol gespooft wurden, um den Bürger dahingehend zu täuschen, dass dieser von Europol angerufen wird.“

Man glaubt also einen richtigen Beamten am Apparat zu haben, der den Angerufenen glaubhaft zu machen versucht, in einen Kriminalfall verwickelt zu sein.

Die Täter bauen emotionalen Druck auf

„Die Täter behaupten, dass den Betroffenen persönliche Daten gestohlen wurden und Kriminelle nun damit Straftaten begehen“, schildert das ZDF so eine Fake-Story, mit der unbescholtene Menschen unter Druck gesetzt werden.

„Es seien zum Beispiel Konten auf den Namen des Angerufenen eröffnet worden, mit denen hohe Mengen an Geld verschoben worden seien. Alle Konten unter diesem Namen müssten nun gesperrt werden, aber man könne das Geld auf dem eigenen, echten Konto noch retten. Die Betrüger versuchen dann, das Opfer dazu zu bringen, das Geld zu überweisen oder es abzuheben.“

Manchmal geben sich die Anrufer auch als Beamte von Interpol oder Bundeskriminalamt aus.

Und oft genug werden die Angerufenen regelrecht unter Druck gesetzt. So schildert es die Verbraucherzentrale:

„Da die Täter überaus vertrauenserweckend und rhetorisch geschickt auftreten, fällt es den Geschädigten oft sehr schwer, die Betrugsmasche zu durchschauen. Reagiert ein Opfer dann doch einmal misstrauisch, wird es unter Druck gesetzt: Ihm wird der Vorwurf gemacht, eine polizeiliche Ermittlung zu behindern, wenn es nicht kooperiere oder sich nicht zu absoluter Verschwiegenheit verpflichte.“

Und sie rät den Angerufenen: „Lassen Sie sich am Telefon niemals unter Druck setzen – auch nicht von angeblichen Polizisten.“

Und wenn man dann herausfinden will, was am Gehörten dran ist, solle man niemals die Rückruftaste benutzen und dieselbe Nummer wieder anrufen, sondern sich die richtige Nummer der nächsten Polizeidienststelle heraussuchen. Dann weiß man nämlich, dass man tatsächlich bei der Polizei anruft. Denn von sich aus ruft die Polizei nicht an, um um das Herausgeben von Wertsachen oder die Zahlung von Geldbeträgen zu bitten.

„Bürgerinnen und Bürger in Deutschland erhalten mit angrenzender Wahrscheinlichkeit keine Anrufe von Europol“, erklärt Dorothea Benndorf.

„Die Leipziger Polizei weist in diesem Zusammenhang nochmals darauf hin, dass keine Ermittlerin oder Ermittler, Sie über das Telefon und ohne Legitimation dazu auffordern wird, Geld zu überweisen oder Gutscheinkarten zu kaufen. Es ist wichtig, niemals persönliche Daten an die unbekannten Anrufer zu übermitteln. Sollten Sie letzteres schon getan haben, überlegen Sie, welche Daten Sie genannt haben, und treffen Sie Vorsichtsmaßnahmen – informieren Sie etwa Ihre Bank oder ändern Sie Ihre Passwörter.“

Und das gilt nicht nur für Anrufer, die sich als Mitarbeiter von Europol ausgeben, so Benndorf: „Dies gilt für alle inländischen und ausländischen Behörden. Es handelt sich hierbei um eine Betrugsmasche, die in verschiedenen Variationen auftritt. Die Täter und Täterinnen üben durch das Schildern dramatischer Ereignisse enormen emotionalen, aber auch zeitlichen Druck auf die Angerufenen aus. Es wird geraten, die Telefonate sofort zu beenden, die Nummer zu blockieren und eine Anzeige erstatten.“

Bei der richtigen Polizei.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar