Nach einer brutalen Auseinandersetzung auf dem Lindenauer Markt im Sommer des vergangenen Jahres, die leicht tödlich hätte enden können, wurde der geständige Angreifer jetzt schuldig gesprochen. Die 1. Strafkammer am Landgericht Leipzig verurteilte Ali T. (35), nachdem er mit einer abgebrochenen Bierflasche auf Wange, Hals und Rücken seines Widersachers eingestochen hatte.

An seine potenziell tödliche Tat hatte er nach eigenen Angaben kaum noch Erinnerungen: Nach einem brutalen Angriff am 12. August 2023 auf dem Lindenauer Markt befand die 1. Strafkammer den Angeklagten Ali T. des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung für schuldig.

Diebstahl und Beleidigungen?

Laut Anklage der Staatsanwaltschaft sei Ali T. am frühen Morgen des Tattags gegen 9.30 Uhr mit einer abgebrochenen Bierflasche auf Gouleme B. (33) losgegangen, habe bei einem Schnitt unter anderem die linke äußere Halsvene des Opfers durchtrennt. Nur eine schnelle medizinische Versorgung und eine Notoperation retteten das Leben des Geschädigten, der noch fünf Tage zur stationären Behandlung in der Klinik verbleiben musste.

Über die Hintergründe des Vorfalls gingen die Versionen wie so oft auseinander. Ali T. selbst gab zum Prozessauftakt vor Gericht an, er habe vor dem Geschehen wenig geschlafen, Alkohol und Drogen konsumiert, könne sich kaum mehr an die einzelnen Abläufe erinnern. Angeblich, so der Angeklagte, habe er persönlich mitbekommen, wie der Geschädigte einem Bekannten Geld geklaut habe, und ihn daraufhin empört zur Rede gestellt.

Zudem soll Gouleme B. seine Mutter beleidigt haben, so Ali T. weiter: „Ich weiß, dass ich einen großen Fehler gemacht habe, ich bin sauer auf mich selbst. Ich habe mit ihm gar kein Problem“, beteuerte der Libyer, der nach eigenen Angaben in seiner Heimat ein Klamottengeschäft mit dem Bruder betrieben, dieses aber im Zuge des Bürgerkriegs verloren hatte. 2015 sei er dann mithilfe von Schleusern nach Europa geflüchtet.

Angeklagter soll sehr aggressiv gewesen sein

Zeugenaussagen und Aufnahmen der Überwachungskamera einer nahen Bankfiliale hatten allerdings nahegelegt, dass der Angeklagte selbst der aggressive, Streit suchende Part im Geschehen war. So habe das Opfer während seiner späteren Vernehmung im Krankenhaus sogar geweint und Angst gehabt, die Klinik wieder zu verlassen. Der Mann habe sich nicht erklären können, wie die Auseinandersetzung entstand und warum der Angreifer sich derart brutal verhielt, sagte eine Kriminalbeamtin über ihren Eindruck des Geschädigten, der fast sein Leben verloren hätte.

Gouleme B. soll sich, darauf deuten auch die Videosequenzen, eher zurückhaltend und deeskalierend gezeigt haben, während sein Gegenüber demnach immer wieder die Konfrontation suchte und auf den Geschädigten losging.

Sechseinhalb Jahre Haft, Revision möglich

Ali T., der nach dem Verbrechen noch am Tatort durch die Polizei gefasst wurde, erhielt bereits am vergangenen Montag eine Haftstrafe von sechseinhalb Jahren wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Die Strafkammer entsprach damit der Forderung von Staatsanwältin Jenny Mosbacher. Verteidigerin Doreen Blasig-Vonderlin hatte nur drei bis vier Jahre Gefängnis wegen gefährlicher Körperverletzung beantragt.

Das Urteil ist nach Angaben des Landgerichts vom Freitag noch nicht rechtskräftig, es steht die Möglichkeit der Revision offen.

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