In den kommenden Wochen werden mehr als 150 geflohene Kinder, die derzeit in der Halle 17 der Alten Messe leben, erstmals eine Schule in Deutschland besuchen. Dafür benötigen sie unter anderem Schultaschen und Schreibmaterial. Ein Unterstützernetzwerk ruft deshalb für die erste Märzhälfte zur Spende auf.

Die Berichterstattung über das Leben von geflüchteten Menschen in Deutschland hat sich in den vergangenen Monaten deutlich verschoben. Ging es im Sommer 2015 noch darum, sie an Bahnhöfen herzlich in Empfang zu nehmen und in Anbetracht massiven (Frei-)Staatsversagens ehrenamtliche Hilfe zu organisieren, tauchen Geflüchtete mittlerweile vor allem dann in Medienberichten auf, wenn sie beleidigt, bedroht und verprügelt werden oder enthemmte Rassisten Brandsätze auf ihre Unterkünfte werfen. Dabei hat die Hilfe nicht nachgelassen und nimmt immer vielfältigere Formen an.

Seit Ende vergangenen Jahres leben mehrere hundert Geflüchtete in Halle 17 der Alten Messe. Im Moment sind es nach Angaben des Sozialamtes rund 530 Personen. Bei etwa einem Drittel dieser Menschen handelt es sich um Minderjährige.

„Es wäre wichtig, dass wir jetzt etwas tun“, dachte sich Sebastian Keller, als die Pläne für den Einzug in die Messehalle bekannt wurden. Er ist Pfarrer in der evangelisch-lutheranischen Erlöserkirchgemeinde im nahen Thonberg. Sein Gotteshaus befindet sich zudem in direkter Nachbarschaft zu der Gemeinschaftsunterkunft in der Riebeckstraße und nicht weit entfernt vom Zeltlager an der Deutschen Nationalbibliothek.

Gemeinsam mit verschiedenen Kirchgemeinden, Vereinen und Einzelpersonen initiierte Keller ein Unterstützernetzwerk, das nun eine Bedarfsliste für Schulsachen herausgegeben hat und für den Zeitraum vom 1. bis 14. März zum Spenden aufruft. Für 73 Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren werden Schulranzen und für weitere 83 elf- bis 16-jährige Kinder Schultaschen oder Rucksäcke benötigt. Zudem sollen Federmappen, Trinkflaschen, Brotbüchsen, Hefte, Stifte, Radiergummis, Pinsel, Lineale und andere für den Schulunterricht nützliche Gegenstände gespendet werden.

Auch Zuckertüten sollen für die einzuschulenden Kinder nicht fehlen. „Wie könnte man besser zur Integration beitragen als mit solch einem typisch deutschen Brauch“, meint Keller. Die Spendenaktion soll schnelle und konkrete Unterstützung leisten und ein schönes Zeichen setzen. „Es ist wichtig, dass die Kinder nach ihrer Flucht nun möglichst schnell in einen geregelten Alltag kommen“, betont der Pfarrer, in dessen Gemeinde es bereits eine allgemeine Kindernothilfe, Unterstützung für Senioren und einen Seminarkreis, der sich explizit auch an Menschen mit Behinderung wendet, gibt.

Grundsätzlich haben Kinder von Asylsuchenden nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Anspruch auf Leistungen der Bildung und Teilhabe, erklärt Sabine Werner, Abteilungsleiterin Migrantenhilfe im Sozialamt der Stadt Leipzig. Auf Antrag und mit entsprechenden Nachweisen erhalten Kinder pro Schuljahr bis zu 100 Euro. Zudem besteht eine Lehrmittelfreiheit, das heißt, dass Schulbücher und Arbeitshefte gestellt werden.

„Der Aufruf des Unterstützungsnetzwerkes kann die bestehenden Regelungen ergänzen, beziehungsweise den Eltern beim ersten Schuleintritt eines Kindes in Deutschland helfen, schnell und zeitnah durch die Sachspenden die erforderlichen Materialien zur Verfügung zu haben“, so Werner.

Eine aktuelle Übersicht über Bedarf, Spendenkonto, Abgabestellen und -zeiten sowie Kontaktadressen findet sich hier.

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Schöne Aktion, bei uns haben die Eltern der zukünftigen Klassenkameraden für die Kinder Material besorgt. So wächst auch viel schneller eine Gemeinschaft zusammen.

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