Leipzig ist eine große Kulturstadt – unbestritten. Oper, Gewandhaus, Thomanerchor, euro-scene, die DOK-Filmwoche und viele weitere mehr, aber auch die sogenannte freie Szene bietet in Leipzig ein Kulturangebot allererster Güte an. Aber leider steht, trotz immenser finanzieller Förderung durch die Stadt Leipzig, dieses immense kulturelle Angebot nicht allen Leipzigern gleichermaßen zur Verfügung. Und leider profitieren gerade die Menschen am unteren Rand der Gesellschaft am wenigsten von den Ausgaben für Kultur in der Stadt Leipzig.

Nun kenne ich durch meine ehemalige Arbeit als Leiterin einer Sozialberatungsstelle und als Sozialpolitikerin im Leipziger Stadtrat auch die weniger schönen Seiten Leipzigs. Leider haben wir, trotz durchaus vorzeigbarer Erfolge bei der Integration von Langzeitarbeitslosen immer noch einen bedrückend großen Anteil von Menschen, die von unserer Gesellschaft ausgegrenzt sind, und am meisten leiden darunter die Kinder, die in diesen Familien leben. Ich könnte an dieser Stelle herzzerreißende Geschichten erzählen, unter welchen Bedingungen Kinder in Leipzig aufwachsen. Erst vor ein paar Tagen ist beispielsweise eine Schulsozialarbeiterin, die an einer Leipziger Schule in einem der Problemviertel arbeitet, in Tränen ausgebrochen, als sie mir über ihre Arbeit berichtet hatte.

Also, wie können wir all den Menschen, die sich aus dieser Gesellschaft verabschiedet haben, oder verabschiedet wurden, die sich nicht mehr am gesellschaftlichen Diskurs beteiligen wollen oder können, erreichen, um sie in diese Gesellschaft zurückholen? Denn mal ganz ehrlich, Demokratie kann doch nur dann funktionieren, wenn alle Menschen gleichberechtigten Zugang zur Teilhabe haben. Im Moment sind aber davon rund zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent unserer Bürger davon ausgeschlossen.

Nun bin ich mir absolut sicher, dass diese abgehängten Menschen am einfachsten und am besten mittels Kulturangeboten in die Gesellschaft zurückzuholen sind. Das Problem ist nur, von alleine kommen die nicht in die Kultureinrichtungen. Also müssen wir zu ihnen. Und da greift meine Idee des Bedingungslosen Kultur-Einkommens. Vorrangig bei den Kindern, denn wir müssen dringend den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen durchbrechen.

Also beginne ich mal zu träumen, und präsentiere den Katalog von ersten Maßnahmen: Jedes Kind bekommt die Möglichkeit ein Musikinstrument zu erlernen. Der Unterricht beginnt morgens mit einer Stunde, in der gemeinsam musiziert, gesungen oder gelesen wird. Die Kulturschaffenden Leipzigs gehen regelmäßig in die Schulen und führen Kulturprojekte durch – Theater, Musik, Tanz, Lesungen usw. usw.

Schwieriger, aber auch nicht unmöglich wird die Sache bei den Erwachsenen, muss man eben etwas kreativer werden, aber Kulturcontainer in Brennpunktvierteln in denen man gemeinsam mit Straßensozialarbeitern versucht, Kultur an den Mann bzw. die Frau zu bringen, musikalische Flashmobs in Discountern, offenes Straßentheater usw. usw. wären erst mal ein Anfang. Wäre mal einen Versuch wert, ich bin fest davon überzeugt, dass dies die beste Methode ist, mit abgehängten Menschen wieder ins Gespräch zu kommen.

Alle Träume, welch bereits veröffentlicht sind, finden Sie ab sofort hier in steigender Anzahl unter dem Tag l-iz.de/tag/traeume.

Eine Reihe kehrt zurück: Wenn Leipziger träumen

Wenn Leipziger träumen

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