Während die Konservativen – sehr zu Recht! – aktuell das Existenzrecht Israels betonen und – ebenfalls absolut zu Recht! – die Hamas als faschistischen Totenkult definieren, ringt die deutsche Linke die Hände und fragt sich, wie man den moralischen Konfliktkreis zwischen einer nationalistisch israelischen Regierung und der Hamas quadrieren könnte, die Geiseln abschlachtet und ihre Hauptquartiere unter Krankenhäusern errichtet.

Wobei sie kalt kalkulierend in Kauf nimmt, dass palästinensische Babys zerbombt werden. Jüdische Babys zu töten, bereitet Hamas keine Skrupel. Wobei die Hamas-Führung auch sicher vor Bomben in Qatar residiert, wo es leichtfällt, Aussagen zu treffen, wie die, dass man „stolz darauf sei, Märtyrer zu opfern“.

Die Hamas ist zwar 2006 mit einer demokratischen Wahl im Gazastreifen an die Macht gekommen. Hat aber seither jede weitere Wahl verhindert. Die Menschen, die gerade in Gaza erschossen, zerbombt oder verhaftet werden, hatten seither nie die Möglichkeit, sich für eine andere Regierung zu entscheiden. Die Hamas hätte schon vor dem 7. Oktober 2023 in einer freien Wahl so hohe Gewinnchancen, wie Putin in New York.

Wie allen Terroristen geht es auch der Hamas um den möglichst heftigsten Einschlag. Jüdische Staatsbürger zu kidnappen und ihre Siedlungen zu beschießen ist integraler Teil des Hamasprogramms. Aber ebenso Teil davon ist, vom Gegner möglichst viele palästinensische Zivilisten töten und verletzen zu lassen. Die dabei produzierten Medienbilder und Berichte eignen sich perfekt, um moralische und finanzielle Unterstützung zu requirieren.  Die Hamas ist Spezialist in dieser Art von Propagandakrieg.

Cover Leipziger Zeitung Nr. 119, VÖ 24.11.2023. Foto: LZ

Wer auf einer Demonstration läuft, bei der Flaggen der Hamas auftauchen, läuft dort mit Faschisten. Wer bei einer Demo eine israelische Flagge schwenkt, dem sollte bewusst sein, dass der wegen Korruption angeklagte israelische Ministerpräsident jahrelang eine verfehlte Politik des Teilens und Herrschens mit der Hamas betrieben und damit jede Aussicht auf einen Friedensprozess unmöglich gemacht hat. ,

Erst recht tat er dies, seit er eine Regierung führt, in der Nationalisten und gewaltbereite Extremisten vertreten sind. Wobei man betonen muss, dass diese Leute zwar durch eine freie und demokratische Wahl an die Macht gelangten, aber nichtsdestotrotz bleiben, was sie sind, nämlich Extremisten.

Solange sich im Nahostkonflikt jüdische Extremisten und Anhänger des faschistischen Totenkults der Hamas gegenüberstehen, wird es keine Chance auf Frieden geben. Und die zivilen Opferzahlen auf beiden Seiten werden weiter steigen. Das ist die bedrückende Quintessenz der aktuellen Lage in Israel.

Der irische General Michel Collins bekannte einst, dass Friedensverhandlungen die größte Herausforderung für Generäle seien, aber dass man sie dennoch nicht allein den Politikern überlassen dürfe, weil Soldaten aus eigener Anschauung am besten über den bitteren Preis jedes Friedens Bescheid wüssten.

In Israel haben Generäle ihrem Ministerpräsidenten und dessen Kabinett vorgeworfen, mit ihrer Teile und Herrsche Politik Israels Sicherheitsbedürfnis verraten zu haben. Wer in Gaza der Hamas vorwirft, die palästinensische Sache verraten zu haben, landet in einem Folterkeller der Islamisten. Vielleicht gilt für den Nahostkonflikt eine Erweiterung von Michel Collins Diktum.

Während sich Generäle und Politiker an einen Tisch setzen, um die schwere Kunst der Friedensverhandlung anzugehen, sollten an diesem Tisch ebenso Zivilisten Platz nehmen. Denn sie tragen auf beiden Seiten die größte Last des Konflikts.

„Haltungsnote: The Killing Game“ erschien erstmals im am 24.11.2023 fertiggestellten ePaper LZ 119 der LEIPZIGER ZEITUNG.

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