Die Zahl der Neugeborenen von Crystal-abhängigen Müttern steigt in Sachsen seit 2007 drastisch an. In den vergangenen drei Jahren habe es bei landesweit ungefähr 35.000 Geburten pro Jahr jeweils zwischen 160 und 180 betroffene Kinder gegeben, stellte der Kinderarzt und Neonatologe Jürgen Dinger vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden am 15. April in einem Beitrag der „Sächsischen Zeitung“ fest.

Die Zahlen sind sogar schon länger bekannt. Denn Volkmar Zschocke, Vorsitzender und sozialpolitischer Sprecher der Grünenfraktion im Landtag, hatte sie im Sommer 2015 selbst abgefragt.

Dabei ist auf Grundlage der sächsischen Neonatalerhebung die Zahl der Neugeborenen mit Schädigungen durch den Drogenkonsum der Mutter von rund 50 Fällen in den Jahren 2007 bis 2010 auf 176 Fälle im Jahr 2014 angestiegen. Die „Modedroge“ Crystal wird die wichtigste Ursache für diesen drastischen Anstieg sein. Am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus wurden 2014 allein 27 Fälle nachgewiesen, in denen die Mütter Crystal genommen hatten, 2014 waren es schon 35 Fälle.

„Diese Entwicklung beunruhigt sehr, denn neben Alkohol ist der Konsum von Crystal mit schwerwiegenden Gefährdungen für das vorgeburtliche und geborene Leben verbunden“, sagt Zschocke dazu. „Die Kinder haben nach der Geburt oft mit Entzugserscheinungen zu kämpfen oder kommen zu früh zur Welt.“

Dass die werdenden Mütter auf Droge sind, stellt sich dann oft erst im Kreißsaal heraus und macht den Geburtshelfern zu schaffen. „Wenn die richtig auf Droge sind, ist die Kooperation null. Die Frauen sind ja auch total durch den Wind“, sagte Dinger in der SZ.

Schon 2015 hatte Zschocke deshalb nach Hilfsangeboten in Bezug auf die Crystalproblematik und Kinderschutz gefragt. Noch bevor die SZ die alarmierende Meldung brachte, hat er jüngst erst eine neue Anfrage dementsprechend an die Staatsregierung gestellt.

„Umso notwendiger werden Maßnahmen zur frühen Erkennung von Suchterkrankungen in Verbindung mit medizinischer, sozialer und psychologischer Betreuung der Schwangeren. Auch die Arbeit der Kinderschutzgruppen an den Krankenhäusern ist hier sehr wichtig. Damit auch später auftretende Schäden, Auffälligkeiten und Gefährdungen nicht aus dem Blickfeld geraten, steht die Zusammenarbeit von sozialen Diensten, Justiz und Beratungsstellen angesichts der hohen Zahl an Crystal-Konsumentinnen und -Konsumenten vor neuen Herausforderungen“, sagt der Grünen-Abgeordnete dazu.

„Die Hilfe für diese abhängigkeitskrank geborenen Kinder darf nicht auf die stationäre Versorgung in der Klinik beschränkt bleiben. Unumgänglich sind nachstationäre Behandlungs- und Hilfsangebote für die Kinder. Spezialisierte Behandlungszentren für Crystal-geschädigte Kinder müssen erst noch entwickelt werden. Notwendig ist auch der weitere Ausbau von Therapieplätzen für abhängigkeitskranke Familien und ihre Kinder. Gemeinsam müssen wir alles dafür tun, dass auch diese Kinder eine Chance bekommen, einen guten Weg ins Leben zu finden.“

Denn die Prävention muss frühzeitig ansetzen, möglichst vor der Schwangerschaft und bevor das Kind im Mutterleib die ersten Schädigungen davonträgt.

„Ich habe angesichts der Zahlen erneut eine Kleine Anfrage eingereicht, um zu erfahren, welche Hilfen Crystal-abhängige Mütter und deren Kinder in Sachsen derzeit in Anspruch nehmen können“, erklärt Zschocke.

Antwort von Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Volkmar Zschocke (Grüne) vom August 2015: „Crystal und Kinderschutz in Sachsen“ (Drs. 6/2312).

Aktuelle Kleine Anfrage des Abgeordneten Volkmar Zschocke (GRÜNE) an die Staatsregierung „Hilfen für von Crystal abhängige Eltern und deren Kinder in Sachsen“.

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