Die Gesundheitskosten steigen und seit Jahren auch die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), das ist nichts Neues. Auch, dass das Bundesgesundheitsministerium versucht dem gegenzusteuern, wäre kaum wert darüber zu berichten. Allerdings sind die jetzigen Neuerungen so speziell, dass man um die Beschäftigung mit dem Thema nicht herumkommt. Schließlich betrifft es die überwiegende Anzahl der Menschen in Deutschland.

Ebenfalls nicht neu ist, dass über Reformpläne in den Medien berichtet und spekuliert wird, bevor es konkrete Pläne gibt, die über die offiziellen Kanäle des Gesundheitsministeriums kommuniziert werden. So haben sich Ministerin Nina Warken (CDU) und der Parlamentarische Staatssekretär im BMG, Tino Sorge (CDU), lieber gegenüber Bild und ntv geäußert. Beide aber mit verschiedenen Ansätzen, die aber eines gemeinsam haben: Die Versorgung wird schlechter.

„Die Ministerin schließt kurzfristige Leistungskürzungen bei der GKV nicht aus, um die Kassenbeiträge in den Griff zu bekommen.“ So vermeldet ntv am 10. September. Allerdings benennt sie keine konkreten Maßnahmen.

Tino Sorge möchte einen Basistarif und viele passgenaue Zusatzangebote: „Sprich: Kassen bieten viel günstigere Tarife an – die eine gute Grundversorgung beinhalten – und darüber hinaus weitere Pakete, die man individuell dazu bucht“, vermeldet das Deutsche Ärzteblatt. Des Weiteren bevorzugt er laut Spiegel, ein Primärarztmodell: „Kassen können auch günstigere Tarife anbieten, die zum Beispiel deshalb günstiger sind, weil man sich zu einer bestimmten Arztbindung verpflichtet.“

Der letzte Punkt, also das Primärarztmodell, erinnert an die Tarife der Kfz-Versicherer mit Werkstattbindung. Er krankt aber daran, dass es in weiten Teilen Deutschlands schon schwierig ist einen Hausarzt zu finden. Sollen jetzt eventuell die Krankenkassen Ärzte zuweisen?

Sind Ministerin und Staatssekretär sich nicht einig?

Auf den ersten Blick scheint es so. Schaut man genauer hin, geht es bei beiden um Leistungskürzungen in der GKV. Auch wenn Sorge von einer „guten Grundversicherung“ spricht, meint er nicht den Status quo.

Die Ministerin scheint eine Ausweitung des Katalogs der IGEL-Leistungen (Individuelle Gesundheitsleistungen) und eine weitere Zusatzversicherung über Unternehmen der Versicherungsbranche zu bevorzugen. Der Staatssekretär möchte die Einnahmen der GKV, durch eine zweite Säule der Finanzierung durch die Versicherten, erhöhen.

Letztendlich wollen beide, dass die Versicherten, ohne Anhebung der Beiträge, mehr bezahlen.

Es geht nicht nur um Geld

Fatal ist, dass durch beide Ideen zwar kurzfristige Minderausgaben entstehen können, aber langfristig wieder Mehrausgaben zu befürchten sind. Wenn besonders Geringverdiener und Geringverdienerinnen in die Basistarife gehen und sich keine Zusatzversicherungen leisten können, dann wird deren langfristiger Gesundheitszustand weiter absinken.

Sind jetzt schon Leistungen wie Glaukom-Früherkennung, Prostatakarzinom-Screening und andere unstrittig empfehlenswerte Leistungen in der IGEL-Liste, also Selbstzahler-Leistungen, so könnten weitere Vorsorgeuntersuchungen dazu kommen. Das bedeutet, wer kein Geld dafür aufbringen kann, der hat keine Vorsorgeuntersuchung und wird eventuell eher im Alter krank. Langfristig ein „Verlustgeschäft“ für die GKV.

Wo liegt der Unterschied zwischen den Vorschlägen?

Nina Warken will sich nicht mit der Versicherungs-Lobby anlegen. Reflexhaft protestieren schon die privaten Krankenversicherer, die ein Teil dieser Lobby sind. Der PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther sagte dazu, im Deutschen Ärzteblatt: „Das Ergebnis wäre eine klare Wettbewerbsverzerrung zulasten der PKV.“

Hier geht es schließlich um viel Geld, welches im Fall des Vorschlags von Tino Sorge, der Versicherungswirtschaft durch die Lappen gehen würde.

Fazit: Es liegen zwei Ideen auf dem Tisch, beide sind unbefriedigend und führen zu einer Verschlechterung in der Versorgung von gesetzlich Versicherten. Wie viel von dem Geld aus den Versicherungsbeiträgen der GKV, durch die internen Kosten der 94 gesetzlichen Krankenkassen oder durch die Gewinnabschöpfung privater Investoren von Gesundheitseinrichtungen, der Gesundheitsversorgung verloren geht, das Thema fassen beide nicht an.

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