Hallo, an alle Entscheider/-innen der Stadt Leipzig, ich finde die Absicht, die Löhrstraße als Standort der Volkshochschule aufzugeben, ziemlich übel: Das Haus in der Löhrstraße ist eines der wenigen Traditionsgebäude neben neuem Rathaus und dem Grassi-Museum, das noch im Besitz der Stadt Leipzig ist und noch seine ursprüngliche Nutzung hat.

Die VHS in der Löhrstraße mag momentan noch einige funktionelle Schwächen haben, bezüglich der Multimedia-Ausstattung, und die Aula hat zwar historisches Flair, ist aber akustisch eine Katastrophe, aber es sind in den 30 Jahren schon Unsummen in das Haus investiert worden und das Haus ist insgesamt ein Schmuckstück.

Die Löhrstraße ist, soweit ich das als gebildeter Laie beurteilen kann, in einem einigermaßen gut erhaltenen Zustand, diese kann behutsam weiter saniert werden. Auch von der Umweltbilanz her ist ein Erhalt bestehender Gebäude immer vorzuziehen.

Mit der Aufgabe des Hauses droht eine weitere Ruine; ich erinnere nur an das Schicksal des Stadtbads, was eher von Wünschen als von tatsächlicher Nutzung am Leben erhalten wird. Und wollen Sie das Haus etwa verkaufen, damit Investoren damit Schindluder treiben, es entkernen und jahrelang als Bauruine stehen lassen, als vermeintliches 1000. Hotel-Projekt in der Stadt?  – Nein danke!

Ich lebe als Zugereister aus Hessen seit 28 Jahren in Leipzig und habe da an abgebrochenen und fehlgeleiteten Investitionsvorhaben schon die verschiedensten Pferde kotzen sehen: Jahrzehntelang der Burgplatz, der jetzt endlich einen Abschluss gefunden hat, die letztlich vermurksten Höfe am Brühl, die um 15 Jahre verspätete und architektonisch eher kümmerliche Randbebauung des Bildermuseums, aktuell die Bauruinen namens Hotel Astoria und Fürstenhof!

Ein Auszug der VHS aus der Löhrstraße ist kategorisch abzulehnen, wenn das Gebäude nicht mit einer wirklich umsetzbaren Nachnutzungs-Perspektive IM BESITZ DER STADT LEIPZIG VERBLEIBT!

Und bei den Baukosten von 125 Millionen € für den Neubau wird es doch nicht bleiben, es wird außerdem immer schwieriger, solide Handwerker für ein solches Großprojekt zu bekommen. Selbst bei potenten Großinvestoren wie der CG-Gruppe wird viel gepfuscht.

Ich arbeite in einem von der CG sanierten Objekt: Im Jahr 2020 in den Sanitärräumen Einbau von billigen drucklosen 5l-Wasserspeichern statt vernünftige druckfeste elektronische Durchlauferhitzer zu installieren, sodass Sie beim Händewaschen 13 l Wasser pro Minute verschwenden müssen, weil sich kein Spar-Perlator installieren lässt, und statt dunkelgraue und grüne Stahltüren gleich in der endgültigen Farbe pulverbeschichten zu lassen, werden die Türen erst in Lichtgrau bestellt und dann mit teurem Arbeitsaufwand in Heimwerkerqualität mit Pinsel und Rolle von Hand in der dunklen Zielfarbe nachgestrichen.

Mit Blasen, Schlieren und der Lack so weich, dass Sie ihn mit dem Fingernagel schon wieder abkratzen können. Dazu noch die üblichen kleinen Schlampereien wie nach einem Jahr noch rote Bohrstaub-Fahnen an einer 4 Wochen zuvor gestrichenen Wand und Wandleuchten mit im Gehäuse vergessenen Zetteln.

Investoren-Zusagen kann man inzwischen Null Vertrauen schenken, ich sage NULL VERTRAUEN! Eine besondere Taktik solcher Leute ist hierbei, die Versprechungen sukzessive abzuschwächen, damit die Bürger/-innen das wie beim langsam gekochten Frosch vermeintlich nicht merken. Siehe die Sichtbarkeit des historischen Fassadenteils an der Blechbüchse am Brühl.

Vor längerer Zeit erinnere ich mich auch, als aus dem Haus der alten Handelshochschule an der Petersstraße, zunächst C&A und dann die Karstadt-Sportabteilung ausgezogen war, sich jemand (von der Leipziger Stadtverwaltung oder vom Investor?) in der LVZ geäußert hatte, er würde sich dafür einsetzen, dass ins Haus KEIN RAMSCHLADEN einzieht. Wir wissen, wer wenige Monate danach eingezogen war: Woolworth und KIK!

Dazu kommen die auch in der 2. Runde oft dürftigen Architektenentwürfe, und die oft zu versteckt und zu spät einberufene Bürgerbeteiligung. Dann werden wieder Gelder verbrannt für ein Einheitsdenkmal – das braucht niemand! Wir haben den Nikolaikirchhof, der ist Symbol genug und gestalterisch schon überladen.

Sie müssen sich auch nur mal die Gestaltung der vier S-Bahn-City-Tunnel-Stationen anschauen:

1. Hauptbahnhof mit zu dicken Mittelsäulen ohne jede Räumlichkeit;

2. Markt mit schmutzanziehendem Wandmaterial und billig wirkenden gelblichen Bodenfliesen;

3. Wilhelm-Leuschner-Platz unten OK, aber der Überbau ist im Kontext der sonstigen oberirdischen Architektur zu steril und verdeckt historische Sichtachsen;

4. Bayerischer Bahnhof im Eingang mit etwas origineller farbiger Gestaltung, aber unten trotz Lichtband düster und wegen der nicht abgedichteten Gitterdecken ein Taubendreck-Inferno!

Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass ein Mediacampus-Neubau am WIlhelm-Leuschner-Platz gestalterisch besser wird? Mir scheint, als liefern sich die Leipziger Stadtplaner hilflos den Architekten aus! Dann droht auch die Gefahr, dass der Betrieb des neuen Mediencampus teilweise privatisiert wird, auf Shopping-Mall-Niveau, mit Kameraüberwachung, herumschleichender Security und künstlicher Beduftung und Beschallung.

Sie können meinen Namen googeln und werden im Internet meinen 4–5 Jahre alten vernichtenden Kommentar zu den Höfen am Brühl finden. Wir brauchen nicht noch mehr halb-öffentliche Räume, in denen dann jemand ‚Hausrecht‘ hat. Wir brauchen mehr ECHTE ÖFFENTLICHE RÄUME.

Die VHS in der Löhrstraße hat einen entscheidenden Vorteil: Sie ist zentral und liegt zugleich in einer vergleichsweise ruhigen Nebenstraße. Dadurch, dass eine Reihe von Unterrichtsräumen zum Innenhof liegt, können Sie im Sommer abends auch mal die Fenster öffnen und frische Luft reinlassen und z. B. neben der Englisch-Konversation die Vögel zwitschern hören.

Am Wilhelm-Leuschner-Platz werden die letzten Nachtigallen der Innenstadt mit dem Neubau vergrault, und das Areal ist von mehreren Seiten von der lauten Straßenbahn umfahren. Es wird bei den Ordnungsamt-Verordnungen sehr viel Wert auf Nachtruhe gelegt; wir brauchen stattdessen eher ein Umdenken bezüglich Alltags-/Tageslärm, AUCH in einer Großstadt mit 610.000 Einwohnern.

Es muss nach den Wende-Umbrüchen wieder Stadtviertel geben, wo 5-10 Jahre am Stück einmal alles so weit fertig ist und im Straßenzug nicht vor jedem 3. Haus Container und mobile Verkehrsschilder stehen und gehämmert, gefräst und betoniert wird oder die Straße auf 2 Jahre vollgesperrt ist. Das Löhrstraßen-Areal hätte Potential, dass hier etwas Ruhe einkehrt. Wenn die VHS hier aufgegeben und das Haus umgebaut wird, wird bis fast 2035 das Umfeld des ganzen Viertels wieder beschädigt.

Schließlich werden sich im gemeinsamen VHS-Neubau mit der Musikschule auch Schallschutz-Probleme bezüglich der verschiedensten Instrumente und Gesangsgruppen untereinander auftun, die sich nur mit massiven Dämmungs-Investitionen lösen lassen. VHS und Musikschule getrennt zu lassen, würde hier schon einiges sparen.

Im Gegenzug hatte ich mich vor über 10 Jahren in einem LVZ-Leserbrief gegen der Erwerb des ehemaligen Bankgebäudes in der Musikschule ausgesprochen, da das Gebäude dafür nicht wirklich geeignet ist und nur pinselsaniert ist: In der Aula unpassende Fenster hinter der Bühne, schäbiger Eingangsbereich mit abgehängten Rasterdecken und sinnlosen Pförtnerlogen-Einbauten und schlechte Raumluft u.a. von unsaniertem Altlinoleum mit vermutlich phenolhaltigem Kleber.

Und von einem Arbeitskollegen, dessen Kinder damals in diesem Haus Unterricht hatten, weiß ich, dass es auch um den Schallschutz der Räume untereinander nicht gut bestellt ist. Da der Wert der Immobilie in dieser Zeit aber erheblich gestiegen ist, bleibt m.E. jetzt nur, aus der damaligen Entscheidung das beste zu machen, die Flucht nach vorne anzutreten und das Haus zu behalten und weiterzuentwickeln.

Noch mal zur Markthalle: @Frau Jennicke: Mir scheint so, also wollen Sie in langer antibürgerlicher, anti-traditioneller Politik der Linkspartei das Projekt Markthalle hintertreiben. Hierbei ist auch von anderen Leuten schon vor Jahren viel Unfug geredet worden. Die Krönung: Der Aldi schräg gegenüber in der Windmühlenstraßen-Ringbebauung würde eine Konkurrenz zur Markthalle darstellen!

So eine kranke Aussage, so ein Schwachsinn! Wir sollten froh sein über jedes Gebäude, was neben Aldi nicht EDEKA, REWE und dm beherbergt. Die ostdeutschen Großstädte kranken gegenüber dem Westen generell an zu wenig Geschäften in Immobilien in kommunalem oder Inhaber-Besitz. Eine Markthalle ist ein Stück urbaner Kultur, das, so scheint mir, alle anderen europäischen Länder außer Deutschland pflegen und zu schätzen wissen. Ich weiß nicht, warum sich unser Land damit so schwertut.

Mit freundlichen Grüßen

Burkhard Hirzinger

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