Sachsens Gesundheitsministerin Barbara Klepsch will die Versorgung mit Hebammen mit insgesamt 14 Maßnahmen verbessern. Grundlage dafür ist die Hebammenstudie Sachsen, welche die Ministerin heute gemeinsam mit Stephanie Hahn-Schaffarczyk, der Vorsitzenden des Sächsischen Hebammenverbands e.V. in Dresden vorgestellt hat. Es werden damit alle Handlungsvorschläge aus der Studie umgesetzt.

„Mit der Hebammenstudie haben wir erstmals eine valide Datengrundlage für die Versorgungssituation im Hinblick auf Hebammenleistungen in Sachsen. Damit können wir gezielt konkrete Maßnahmen für eine bessere Hebammenversorgung fortführen oder neu umsetzen. Ich danke allen Beteiligten, insbesondere dem Begleitgremium, welches die Studie fachlich erörtert und überarbeitet hat“, sagte Gesundheitsministerin Barbara Klepsch.

„Der Sächsische Hebammenverband weist darauf hin, dass die strukturellen Probleme weiter zugenommen haben seit Erhebung der Studiendaten. Vor allem die Lage in den Kliniken hat sich enorm zugespitzt. Umso mehr freut es uns, dass trotz der eingeschränkten Möglichkeiten des Sächsischen Ministeriums für Soziales und Verbraucherschutz auf dem Gebiet der Kliniken der Ansatz des hebammengeleiteten Kreißsaales geprüft wird. Auch die wesentliche Überlegung des Auslagerns fachfremder Tätigkeiten aus dem Kreißsaal ist ein guter und praktischer Weg, der den Hebammen kurzfristig Entlastung verschaffen kann“, betonte Stephanie Hahn-Schaffarczyk.

Im Mittelpunkt der Studie stand das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage von Hebammenleistungen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass es derzeit in Sachsen keinen flächendeckenden Versorgungsmangel bei Hebammenleistungen gibt. Allerdings lassen sich punktuelle Versorgungsengpässe feststellen. Das betrifft durch die höhere Geburtenrate vor allem die großen Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz. Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass die Arbeitsbedingungen der Hebammen, vor allem im stationären Bereich, verbessert werden müssen.

Insgesamt zeigen sich die Ergebnisse der Hebammenstudie in 14 Handlungsempfehlungen, die sowohl den klinischen als auch den außerklinischen Bereich erfassen.

„Einige Maßnahmen wie die Erhöhung der Ausbildungsplätze sowie die Förderung der Koordinierungsstelle und des Netzwerkes für die Vermittlung von Hebammen, haben wir bereits umgesetzt. Um zum Beispiel die Arbeitsbedingungen im stationären Bereich zu verbessern, werden wir Best-Practice Beispiele in Kliniken erheben und bekannt machen. Dabei geht es vor allem um Entlastung, so dass sich die Hebammen besser auf die Versorgung von Schwangeren und Gebärenden konzentrieren können“, so die Ministerin weiter.

Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz hatte den Auftrag für die Hebammenstudie im Herbst 2017 an das IGES Institut in Berlin vergeben. Es wurden die Antworten von 517 Hebammen, 1.500 Müttern, 23 Krankenhäusern, aller drei Berufsfachschulen sowie weiterer Experten ausgewertet. Die Hebammenstudie Sachsen ist im Internet unter https://www.sms.sachsen.de/publikationen.html abrufbar.

Die 14 Maßnahmen für eine bessere Versorgung mit Hebammen in Sachsen

1. Erhalt der Koordinierungsstelle

Seit 2017 hat Sachsen Haushaltsmittel über „Landesprogramm Hebammen“ bereitgestellt. Damit wird unter anderem die Koordinierungsstelle finanziert, die beim Hebammenverband angesiedelt ist. Aufgaben sind unter anderem Beratung von Hebammen, Zusammenarbeit mit Hebammenschulen sowie Öffentlichkeitsarbeit. Die Koordinierungsstelle erfüllt damit wichtige Funktionen, die von ehrenamtlich im Verband tätigen Hebammen neben der beruflichen Hebammentätigkeit nicht ausgeführt werden können. Die Koordinierungsstelle soll daher auch künftig mit der finanziellen Unterstützung des Freistaates Sachsen erhalten werden.

2. Verstetigung des Netzwerkes „Hebammen in Sachsen“

Um den „Vermittlungsprozess“ zwischen Schwangeren und Hebammen zu verbessern, wurde in Sachsen bereits mit dem Netzwerk „Hebammen in Sachsen“ ein innovativer – und bundesweit bislang einzigartiger Ansatz – etabliert. Dort können Hebammen auf einer Online-Plattform freie Kapazitäten melden und Schwangere angeben, für welche Leistungen, welchen Wohnort und welchen geplanten Geburtstermin sie eine Hebamme suchen. Das Netzwerk wird rege genutzt. Erste Erfahrungen zeigen, dass dadurch die Vermittlung erfolgreich verbessert werden kann. Dieser Ansatz soll deshalb weiterhin finanziell gefördert und unterstützt.

3. Verstetigung der Externatsförderung

Hebammen im Freistaat Sachsen, die werdenden Hebammen ein Externat (Pflichtpraktikum) ermöglichen, können ab einer Externatsdauer von zwei Wochen – bis maximal zwölf Wochen – eine Externatsförderung beantragen. Diese beträgt 20 Euro pro Ausbildungstag. Hebammen werden damit für den ihnen entstehenden zusätzlichen Aufwand durch die Externatsbetreuung finanziell entschädigt, da es ansonsten keine Vergütung für die Externatsbetreuung gibt. Um auch zukünftig ausreichend Externatsplätze für werdende Hebammen zu schaffen, soll Sachsen auch zukünftig die Externatsbetreuung finanziell fördern.

4. Evaluation des Gründungszuschusses

Der Freistaat Sachsen gewährt Hebammen einen Gründungszuschuss von 5.000 Euro, wenn sie eine freiberufliche Tätigkeit erstmals oder wieder im Freistaat Sachsen aufnehmen wollen und wenn sie sich verpflichten, für mindestens 36 Monate ihr Leistungsspektrum im Rahmen der Kassenleistungen zu erweitern. Die Auswirkungen des Gründungszuschusses sollen im Hinblick auf unerwünschte Wirkungen evaluiert werden. Diese könnte darin bestehen, dass der finanzielle Anreiz des Gründungszuschusses in Geburtskliniken angestellte Hebammen dazu bewegt, in die Freiberuflichkeit zu wechseln und nicht mehr in der unmittelbaren Geburtshilfe tätig zu sein. Dadurch würde sich die Personalsituation in den Kreißsälen verschlechtern.

Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz wird zusammen mit der SAB prüfen, inwieweit Angaben von den Hebammen zukünftig erhoben werden könnten.

Komplex Datenbasis

Im Freistaat Sachsen, sowie auch bundesweit, fehlt eine valide Datenbasis über das freiberufliche Hebammenangebot. Die Hebammen sind gesetzlich lediglich dazu verpflichtet, die Aufnahme einer Hebammentätigkeit und die Beendigung einer Hebammentätigkeit an das für sie zuständige Gesundheitsamt zu melden. Valide Daten sind jedoch erforderlich, um – auch auf einer kleinräumigen Ebene – die aktuelle Versorgungssituation beschreiben zu können und sich abzeichnende Veränderungen frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen einzuleiten. Hieraus ergeben sich die folgenden drei Maßnahmen.

5. Anregung des Austauschs zwischen den Gesundheitsämtern

Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz wird einen regelmäßigen, jährlichen fachlichen Austausch zwischen den zuständigen Mitarbeitern anregen, so dass perspektivisch die Pflege der Hebammendaten durch die Gesundheitsämter im Land vereinheitlicht werden können. Das Ministerium wird hierzu die Räumlichkeiten zur Verfügung stellen und zu einem Arbeitstreffen einladen.

6. Anpassung der Software zur einheitlichen Erfassung des Leistungsspektrums

Die Gesundheitsämter haben sowohl im Rahmen der Datenabfrage als auch im Rahmen der qualitativen Gespräche darauf hingewiesen, dass die derzeit verwendete Software die Erfassung und den Abruf von Informationen zum Tätigkeitsspektrum nicht vorsieht. Dies wird derzeit von manchen Gesundheitsämtern nur handschriftlich erfasst, was eine einheitliche Erfassung und Auswertung erschwert. Die Erfassung der Tätigkeitsbereiche sehen die Gesundheitsämter aber generell als sinnvoll an. Daher wird das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz prüfen, inwieweit eine angepasste Software zur einheitlichen Erfassung des Leistungsspektrums beschafft werden kann.

7. Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Erfassung regelmäßiger und weiterer Informationen über das Hebammenangebot bei den Gesundheitsämtern

In Sachsen fehlt – wie auch bundesweit – eine gesetzliche Grundlage, auf deren Basis die Gesundheitsämter regelmäßige Informationen über die aktuelle Tätigkeit der Hebammen einfordern können. Sinnvoll wäre die Verpflichtung der freiberuflich tätigen Hebammen zu einer regelmäßigen, beispielsweise jährlichen, und umfassenderen Meldung (inkl. Beschäftigungsumfang und Leistungsspektrum) bei den Gesundheitsämtern, so dass die Hebammenzahlen zukünftig weniger infolge von Nicht-Abmeldungen oder Mehrfach-Anmeldungen überschätzt werden und weitere wesentliche Informationen über die regionale Hebammensituation standardmäßig vorliegen. Die Schaffung einer solchen gesetzlichen Grundlage ist nicht kurzfristig umsetzbar, soll jedoch langfristig erreicht werden.

Komplex Personalsituation in Geburtskliniken

Die Befragungsergebnisse zeigen, dass Maßnahmen zur Stabilisierung bzw. Verbesserung der Personalsituation in den Geburtskliniken erforderlich sind. Hierbei sind die Handlungsoptionen der Landesregierung Sachsen begrenzt. Für eine Verbesserung der Personalsituation in Kliniken kommen vor allem Maßnahmen außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs in Frage. Zum Beispiel das DRG-Vergütungssystem bzw. die Budgetvereinbarungen zwischen Krankenkassen und Krankenhausträgern und die klinikinterne Organisation. Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Handlungsfeldes der Landesregierung werden die folgenden drei Handlungsempfehlungen umgesetzt:

8. Erhebung und Bekanntmachung von Best-Practice-Ansätzen in den Kliniken

Von einigen Geburtskliniken bzw. Kreißsälen wurde von internen Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitssituation der Hebammen berichtet, beispielsweise die Befreiung der Hebammen von fachfremden Tätigkeiten, um die bestehenden Hebammenkapazitäten stärker auf die Versorgung der Schwangeren bzw. Gebärenden und Wöchnerinnen zu konzentrieren. Solche Ansätze, die die Arbeitszufriedenheit der Hebammen in den Kreißsälen erhöhen und die Arbeitsbelastung senken, sollten bei den Kliniken zielgerichtet erhoben werden und im Rahmen einer „Best-Practice“-Dokumentation allen Klinik- bzw. Kreißsaalleitungen bekannt gemacht werden. Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz wird die Erstellung einer „Best-Practice-Dokumentation“ unterstützen und zu dessen Bekanntmachung bei den Klinikleitungen beitragen.

9. Einsatz auf Bundesebene für die Prüfung der Auswirkungen des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG) auf die Hebammenversorgung in Kreißsälen

Das Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz), welches am 9. November 2018 vom Bundestag beschlossen wurde, wird die Finanzierung der Pflegepersonalkosten der Krankenhäuser ab dem Jahr 2020 auf eine neue, von den Fallpauschalen unabhängige, krankenhausindividuelle Vergütung der Pflegepersonalkosten umstellen.

Diese Regelung birgt das Risiko, dass sich zukünftig der vom DRG-Vergütungssystem ausgehende Kostendruck relativ stärker auf die Personalgruppen in den Krankenhäusern auswirkt, deren Kosten nach wie vor durch die DRG-Erlöse zu decken sind. Davon könnten insbesondere die in den Geburtskliniken angestellten Hebammen betroffen sein, denn in den Kreißsälen gestaltet sich die Betreuungssituation hinsichtlich der Arbeitsbelastung und dem Personalmangel ähnlich wie die Pflegesituation auf den bettenführenden Stationen. Der Freistaat Sachsen hat sich deshalb auf Bundesebene (im Bundesrat) bereits dafür eingesetzt, die Auswirkungen des PpSG im Hinblick auf die Hebammensituation in den Geburtskliniken zu prüfen und ggf. gegensteuernde Maßnahmen zu ergreifen.

10. Prüfung des Konzepts eines hebammengeleiteten Kreißsaals

Das Konzept des hebammengeleiteten Kreißsaals kann die klinische Geburtshilfe für Hebammen attraktiver machen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und damit mehr Hebammen für die Arbeit in den Kliniken gewinnen. Deshalb prüft das Sächsische Staatsministerium für Soziales diese Option im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Krankenhausplanung. Zu bewerten sind die möglichen Ausgestaltungsformen eines hebammengeleiteten Kreißsaals als Erweiterung des geburtshilflichen Angebots zusätzlich zu einem ärztlich geleiteten Kreißsaal oder in Form eines in Mischform betriebenen Kreißsaals.

11. Erstellung eines Handbuchs für Kommunen zur Unterstützung der Hebammentätigkeit

Die Kommunen haben einige Möglichkeiten, die Hebammen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zu unterstützen, beispielsweise durch die unentgeltliche oder kostenvergünstigte Bereitstellung von Räumlichkeiten für das Kursangebot, so dass sich die Durchführung von Rückbildungs- oder Geburtsvorbereitungskursen auch bei geringen Teilnehmerzahlen (beispielsweise in ländlichen Regionen) lohnt. Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz wird ein Handbuch erstellen, dass diesbezügliche Maßnahmen auf kommunaler Ebene zusammenstellt und dieses Handbuch den Kommunen als Anregung und Informationsgrundlage zur Verfügung stellen.

12. Initiierung eines institutionellen Austauschs zur Begleitung der Akademisierung der Hebammenausbildung

In der Zeit des Überganges in die Akademisierung der Hebammenausbildung sollte ein enger Austausch zwischen allen Beteiligten – d. h. Hebammenschulen, ausbildende Kliniken, Hebammenlandesverband sowie zuständige Ministerien (Sozialministerium, Kultusministerium, Wissenschaftsministerium) – stattfinden. Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz wird diesen Austausch initiieren und die beteiligten Akteure zu regelmäßigen Austauschtreffen einladen.

13. Etablierung eines Hebammenstudiengangs

Die Mehrheit der in Sachsen tätigen Hebammen hat auch die Ausbildung in Sachsen abgeschlossen. Der Freistaat Sachsen wird daher, um den Hebammennachwuchs für das Land zu sichern, bei einer zukünftigen Akademisierung der Hebammenausbildung mindestens einen Studiengang im Land einrichten.

Das Sozialministerium strebt aber an, den Studiengang an mehreren Standorten anzubieten. Zudem ist zu prüfen, wie viele Studienkapazitäten aufgebaut werden müssen, um mindestens die gleiche Anzahl an Absolventinnen und Absolventen auszubilden wie bislang an den Hebammenschulen in Sachsen.

14. Erstellung von Informationsmaterialien mit objektiven Informationen zu Hebammenleistungen

Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz wird eine Informationsbroschüre erstellen, in dem Schwangere umfassend und objektiv über gesetzliche Hebammenleistungen rund um die Geburt sowie über die Möglichkeiten einer außerklinischen Geburt informiert werden. Um die Schwangeren frühzeitig zu informieren, könnte diese Broschüre den Frauen – beispielsweise mit Aushändigung des Mutterpasses – bei den Frauenärztinnen und Frauenärzten überreicht werden. Außerdem sollten die Informationen auch online verfügbar sein, z. B. als Broschüre zum Download von verschiedenen Internetseiten (des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz, des Hebammenverbandes u. a.).

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