Zum Tag der Bibliotheken am 24. Oktober, 19 Uhr, zeigt die Leipziger Stadtbibliothek erstmals ihre wertvollen Goethe-Handschriften. In einem Kästchen im Magazin der Bibliothek sicher aufbewahrt, gelangen sie nun ans Licht der Öffentlichkeit.

Drei Gedichte aus der Feder von Johann Wolfgang von Goethe und ein Schriftstück von August Wilhelm Schlegel über Shakespeares Romeo und Julia sowie weitere wertvolle Handschriften werden an diesem Abend präsentiert. Dabei spricht Prof. Dr. Frieder von Ammon vom Institut für Germanistik der Universität Leipzig über den Inhalt des Kästchens und stellt die Bedeutung der Handschriften heraus. Die Direktorin der Leipziger Städtischen Bibliotheken, Susanne Metz, stellt den Kauf der Sammlung und ihre Aufbewahrung im bibliotheksgeschichtlichen Kontext dar.

Die Sammlung von Friedrich Karl Zarncke

Diese historischen Dokumente sind Teil der Sammlung von Friedrich Karl Zarncke (1825 – 1891), Professor für Germanistik an der Universität Leipzig und ein bedeutender Goethe-Forscher. 1893 kaufte die Stadt Leipzig die Zarncke-Sammlung für 18.000 Mark (etwa 117.000 Euro) aus Mitteln der „Stiftung für die Stadt Leipzig“ von den Erben Zarnckes und ließ sie der Stadtbibliothek zukommen. Der Direktor der Stadtbibliothek von 1881-1910, Gustav Wustmann, unterstrich die Bedeutung dieses Kaufs mit den Worten: „Die Stadtbibliothek ist im Jahre 1893 so reichlich beschenkt worden, wie seit vielen Jahren nicht mehr.“

Im Jahr 1932 wurde die Sammlung im Rahmen einer Ausstellung in der Stadtbibliothek anlässlich des 100. Todestages Goethes gezeigt. Neben vielen Bildnissen Goethes sollten auch einige seiner Autographen zu sehen sein. Der Direktor der Stadtbibliothek, Johannes Hofmann (von 1925-1945), entdeckte damals drei Gedichte unter den Blättern der Zarnckeschen Sammlung und ließ sie in Weimar auf ihre Echtheit prüfen. Das Goethe-und-Schiller-Archiv bestätigte in einem Brief: „Die Xeniengedichte sind alle von Goethes eigener Hand geschrieben“.

Die komplette Zarnckesche Sammlung von insgesamt 1.400 Objekten – Gemälden, Stichen, Schattenrissen, Abgüssen von Büsten, Statuen, Medaillen und auch Porträts von Zeitgenossen, Verwandten, Freunden und Lebensstationen Goethes ist leider nicht erhalten geblieben. In der Nacht vom 3. zum 4. Dezember 1943 stand die Leipziger Innenstadt in Flammen und auch das Gebäude des Städtischen Kaufhauses, in dem sich die Stadtbibliothek befand, brannte völlig aus. Es ist davon auszugehen, dass die Zarnckesche Goethesammlung bis auf ein Kästchen verbrannt ist.

Digitalisierung ermöglicht größere Öffentlichkeit

Solch einen Schatz zu bewahren ist eine große Herausforderung für öffentliche Bibliotheken. Wertvolle Sammlungen zu erschließen und sie nicht nur für die Wissenschaft zugänglich zu machen, ist ein wichtiges Anliegen auch für die Leipziger Städtischen Bibliotheken. Die Digitalisierung macht es möglich.

Mit der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek in Dresden (SLUB) lang zum Beispiel die Digitalisierung der Carl-Ferdinand-Becker-Sammlung, die als musikalische Privatsammlung 1856 der Stadtbibliothek gestiftet wurde und sich heute im Bestand der Musikbibliothek befindet. Auch konnten mit Hilfe der arvato Systems perdata GmbH die wertvollsten Elemente der Musikbibliothek Peters online sichtbar gemacht werden.

Jetzt wird der Fokus auf den erhaltenen Teil der Zarncke Sammlung gelegt. Im ersten Schritt nehmen Experten die Schriften genauer unter die Lupe.

„Die Digitalisierung eröffnet uns viele Möglichkeiten. Wir können kommunale Ressourcen, wie diesen Archivbestand verfügbar machen und wir haben die technischen und räumlichen Möglichkeiten, sie in Veranstaltungen – wie in dieser zum Tag der Bibliotheken – zu präsentieren“, so die Direktorin der Leipziger Städtischen Bibliotheken, Susanne Metz.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Literarischen Herbstes statt, der Eintritt ist frei.

Im Netz: stadtbibliothek.leipzig.de

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