Die Sparkassen sind seit der Kündigungswelle von Prämiensparverträgen im Visier der Verbraucherzentralen. Nun folgt der Streit über die korrekte Zinsberechnung dieser variabel verzinsten Verträge. Was wie eine Formalie klingt, birgt Konfliktstoff: Sparerinnen und Sparern entgehen teilweise mehrere tausend Euro Zinsen, weil viele Sparkassen entgegen den Leitlinien des Bundesgerichtshofes (BGH) und der Hinweise der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) fehlerhafte Zinsklauseln verwenden.

Deshalb hat die Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) den Ostdeutschen Sparkassenverband (OSV) gefragt, wie er sich zu dem Thema positioniert und welche Empfehlungen er seinen Mitgliedern, den Sparkassen in vier ostdeutschen Bundesländern, gegeben hat. Da der Verband als Körperschaft öffentlichen Rechts die Auskunft verweigert, zieht die VZB nun vor Gericht.

Es gibt wohl kaum noch jemanden, der nicht weiß, dass Prämiensparen bei der örtlichen Sparkasse eine lukrative Methode war, für das eigene Alter finanziell vorzusorgen: langfristige Verträge gepaart mit einer attraktiven Prämie. Viele Sparkassen trennten und trennen sich nun von den einst gegebenen Versprechen und versuchen, die Betroffenen in neue – in der Regel weniger einträgliche – Sparmodelle zu drängen.

Sparkassen berechnen die Zinsen falsch

Zum Streitpunkt wird dabei häufig, dass Sparkassen die Prämiensparverträge falsch verzinst haben: Konkret stehen einer Vielzahl von Kunden nach Ansicht der Verbraucherzentrale Nachzahlungen zu, die sich durchschnittlich im vierstelligen Bereich bewegen. Schuld daran sind die fehlenden oder fehlerhaften Zinsanpassungsbedingungen. So entschieden auch schon erste Gerichte in Musterfeststellungsklagen gegen örtliche Institute.

Bundesgerichtshof und BaFin stützen Auffassung der Verbraucherzentrale

„Bereits seit der BGH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2004 hätten die Sparkassen ihre Zinsklauseln verbessern müssen“, so Dr. Katarzyna Trietz, Leiterin des Teams Recht in der Verbraucherzentrale Brandenburg. „Viele Sparkassen verzinsten jedoch weiterhin zu wenig bei voller Gewinnmarge und damit entgegen höchstrichterlicher Urteile. Der Kunde wurde gar nicht erst gefragt.“

Und das bis zuletzt, obwohl die BaFin im Februar 2020 eindeutig darauf hingewiesen hat, dass Banken ihre Kunden über unwirksame Zinsklauseln in Prämiensparverträgen informieren und ihnen angemessene Lösungen anbieten sollten.

Rolle des Ostdeutschen Sparkassenverbandes unklar

Warum reagieren die Sparkassen trotz der aktuellen Rechtslage nicht und stoßen langjährige Kunden weiterhin vor den Kopf? Hier geriet der OSV als Dienstleister seiner Mitglieder in den Fokus der Verbraucherzentrale. Denn er berät und betreut neben den kommunalen Trägern und Aufsichtsbehörden auch die brandenburgischen Sparkassen zu marktrelevanten Fragestellungen unter anderem strategisch. Außergerichtlich war der OSV zwar zu Gesprächen mit der Verbraucherzentrale bereit; zu mehr Transparenz und zur Herausgabe der Informationen fühlte er sich indessen nicht verpflichtet.

Verbraucherzentrale hat Klage gegen OSV erhoben

„In der nun vor dem Verwaltungsgericht Potsdam anhängigen Klage wollen wir vom OSV wissen, ob und wie dieser in die Umsetzung der Rechtsprechung zur Zinsanpassung in die Praxis eingebunden war und wie der Verband seine Sparkassen diesbezüglich beraten hat“, so die Chefjuristin der VZB. Dabei beruft sich die VZB auf diverse Akteneinsichts- und Informationsrechte, denen auch Anstalten öffentlichen Rechts unterworfen sind.

„Wir wollen transparent machen, warum die als öffentliche Institutionen dem Gemeinwohl verpflichteten Sparkassen so vehement an falschen Abrechnungen festhalten. Aus unserer Sicht könnte der OSV über Informationen verfügen, die uns dabei helfen, die Vorgehensweise der Sparkassen aufzuhellen“, so Trietz.

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