Es hat letztlich nicht lang gedauert, bis die erste Tür am Freitag am Areal rings um den Streeballplatz an der Connewitzer Spitze verschwunden war. Ihre Funktion ist die in endlosen Kompromissversuchen gefundene Sicherstellung der Öffnungs- und Schließzeiten des Platzes. Wo in der ganzen Stadt die mit Steuermitteln erbauten Freizeitmöglichkeiten rund um die Uhr frei zugänglich sind ein Novum - offenbar extra für Connewitz - sind hier Zeiten von 10 bis 21 Uhr festgelegt. Dass die Tür jetzt das erste Mal weg ist, beschreibt vor allem den Widerstand aus Teilen der Connewitzer Bevölkerung. Der Jüngeren natürlich. Und so meldet heute die Initiative "Für das Politische" bereits "Jeden Tag ein neues Türchen ...".

Es hat jede Menge Gezerre um diesen Streetballplatz gegeben – fast so, als ob eine Autobahn durchs Viertel verlegt werden sollte. Da waren die Überlegungen zu Lärm bis in die Nacht, lautstarke Partys wurden vermutet und vor allem natürlich unsachgemäße Nutzungen. Resultat des jahrelangen gerichtlichen Debattierens: aus einem Platz mit Kletterwand, Tischtennisplatten und Basketballkorb wurde ein umzäunter Basketballkorb und ein geräuscharmer Bodenbelag mit verschließbarer Tür für 69.000 Euro Gesamtkosten. Ein regelmäßig zusätzlich kostender Sicherheitsdienst dazu, damit auch der Zaun nicht überstiegen wird und fertig war am 1. August das neue einladende Freizeitangebot der Stadt.

Eine Einladung haben Unbekannte bereits angenommen – die erste Tür zum Gelände ist fort, der Weg ist rund um die Uhr frei. Und die Stadt hat Anzeige erstattet und beeilt sich, die Tür zu ersetzen.

Zur fehlenden Tür schreibt die weitgehend anonym agierende Initiative “Für das Politische” heute: “Die Tür sollte an ihrem vorgesehenen Ort die Entscheidung der Stadtverwaltung umsetzen, eine Nutzung der Anlage von 21 bis 10 Uhr zu unterbinden. Diese Entscheidung war nicht das Ergebnis einer konkreten Auflage aus Lärmschutzgründen, sondern der faule Kompromiss mit den Beschwerdeführenden, welche ihre Ruhe zusätzlich zu vitaler Nachtaktivität im lebendigsten Leipziger Viertel, drei im Zehn-Minuten-Takt rumpelnden Straßenbahnlinien und stark frequentierten Hauptverkehrsstraßen nun durch hüpfende Bälle und Menschen bedroht sahen.” Aus gleichen Gründen sei auch auf die Kletterwand und die Tischtennisplatten im juristischen Hickhack der letzten 6 Jahre verzichtet worden.
Es sei nun durch die Stadt verkündet worden, dass ein Reparaturauftrag ausgelöst sei und dem Erfolg des zweiten Versuchs seitens der Stadt Leipzig “ganz optimistisch” entgegengesehen wird. “Die hohen Kosten für verschleppte Bauvorhaben, Sicherheitsdienste, Türen, etc. sind vermeidbar und an anderer Stelle eine sinnvollere Investition”, meint die Initiative, welche die gleiche Adresse wie das Linxxnet an der Bornaischen Straße angibt.

Eike Sommer von der Initiative führt dazu aus: “Wir fordern die Stadtverwaltung auf, spätestens die gute Erfahrung der vergangenen Woche zum Anlass zu nehmen, die Gängelung in Connewitz zu beenden. Ein erster Schritt wäre, die unnötige und kostspielige Bewachung durch einen Sicherheitsdienst einzustellen und die Anlage – wie an anderen Freizeitanlagen in Leipzig üblich – den Anwohner*innen unverschlossen zur Verfügung zu stellen.”

In der Nacht sei zudem schlecht Fußball oder Basketball spielen, das Licht fehlt schlicht dafür und Vorfälle wurden in den vergangenen 10 Tagen ebenfalls nicht bekannt. Offenbar versuchts die Stadt nochmals weiter auf dem anderen Weg der Schließzeiten und baut eine neue Tür ein. Zu den Entwendern der Tür ist derzeit nichts bekannt. Aber wenn sie es ernst meinen, könnte der Spruch “Jeden Tag ein neues Türchen” rasch ein geflügeltes Wort im Süden werden.

Unter dem Motto “Wer hat ein Recht auf Stadt? Alle!” lädt “Für das Politische!” zur Podiumsdiskussion im Rahmen der Veranstaltung “Kontrollbereich 04277” am 21. September im Park an der Herderstraße. Dann wird es sicher erneut um die neue Connewitzer Polizeistation, den besonderen Umgang mit dem Viertel seitens Stadt und Behörden und um die Nutzung öffentlichen Raumes im Widerspruch zu Repression wie Kameras, gesonderte Regeln für Alkoholverkäufe und eben besondere Schließzeiten im Süden gehen.

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