Am Mittwoch, 17. Juni, stand auch der Planungsbeschluss für die Georg-Schumann-Straße für den Abschnitt zwischen Huygensplatz und S-Bahnhof Möckern auf der Tagesordnung des Leipziger Stadtrats. Es ging recht knapp aus, nachdem zuvor acht Stadträte aus dem Wirtschaftsausschuss beantragt hatten, die Pläne zum barrierefreien Umbau der Haltestelle zu stoppen. Doch nur 31 Stadträte stimmten für diesen Vorstoß. 33 stimmten - bei einer Enthaltung - dagegen. Eine sehr knappe Entscheidung.

Das kommentierte am Donnerstag denn auch Peter Niemann, Vorsitzender des Bürgervereins Gohlis, so: „Etwas bedenklich stimmt mich die knappe Entscheidung von nur 33 zu 31 Stimmen. Dieses Ergebnis zeigt, dass Diskussionsbedarf vorhanden ist. Ich möchte an dieser Stelle alle Stadträtinnen und Stadträte dazu einladen, sich noch stärker am Dialog, hier im Stadtteil, zu beteiligen, um Anregungen ebenso wie Kritik frühzeitig in die Gestaltungsprozesse auf Stadtteilebene einzubringen. Unabhängig davon, werden wir uns als Bürgerverein auch in Zukunft konstruktiv in den Gremien und Initiativen zur Aufwertung der Georg-Schumann-Straße beteiligen und dabei selbstverständlich die Wünsche der Bürger_Innen vor Ort stark machen.“

Aber wirklich Verständnis für den Vorstoß der acht Stadträte hat er nicht: “Entschieden möchten wir an dieser Stelle solchen Stimmen begegnen, die Bürgerbeteiligung im Kontext der Aufwertung unserer Magistrale in irgendeiner Form abwerten und nicht einmal davor zurückschrecken, wilde Verschwörungstheorien von ‘bestellten’ Parteimitgliedern zu entwickeln und öffentlich zu verbreiten.”

Zwischen dem S-Bahn-Haltepunkt Möckern und der Huygensstraße soll die Georg-Schumann-Straße auf einer Länge von 310 Metern grundhaft ausgebaut werden.

“Die Straßensanierung baut viele Mängel in diesem Straßenabschnitt ab und wird dann sowohl dem Charakter einer Haupterschließungsstraße und gleichzeitig einer Nahverkehrsstraße gerecht werden. Die Separierung der Gleisanlagen ist nicht möglich, da der Querschnitt der Straße dies nicht zulässt. Die CDU-Fraktion hatte aber das verlangt, mit dem Ziel, den Pkw-Verkehr weniger einzuschränken”, kommentiert die Grünen-Fraktion die zum Teil heftige Diskussion. “Da der Platz nicht ausreicht, wird der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer, der Aufenthaltsqualität der Seitenbereiche und damit die Entwicklung der Schumann-Straße auch als Einkaufs- und Wohnstraße Rechnung getragen. Die kombinierten Straßenbahn- und Bushaltestellen können nun im Zuge der Baumaßnahme endlich behindertengerecht ausgebildet werden.”

Warum ist Bürgerbeteiligung einigen Stadträten ein Dorn im Auge?

Doch dass einige Redner den Bürgerbeteiligungsprozess abwerteten, findet Peter Niemann inakzeptabel. Denn so machen Parteien, die im Stadtrat ihr eigenes Spiel spielen, auch deutlich, was sie eigentlich von der Beteiligung der Bürger an Entscheidungsfindungen halten: nämlich nichts. Niemann: „Wer Bürgerbeteiligung nicht ernst nimmt oder auch nur versucht, die Bedeutung von bürgerschaftlichen Engagement zu schmälern, braucht sich über eine steigende Politikverdrossenheit nicht zu wundern. Es fanden sich im vergangenen November schließlich über 100 interessierte Bürgerinnen und Bürger zur öffentlichen Vorstellung der Pläne zum oben genannten Umbauvorhaben ein.“

An der Haltestelle entsteht eine Fußgängersignalanlage. Aus dem städtischen Haushalt werden dafür 940.000 Euro bereitgestellt, wobei davon 76.000 Euro für die Straßenbeleuchtung entfallen. Fördermittel sind in Höhe von 650.000 Euro bewilligt.

Und auch Grünen-Stadtrat Daniel von der Heide las den Kritikern des Bauprojekts am Mittwoch am Rednerpult die Leviten. Er warf ihnen Feigheit vor: “Gleichzeitig ist Ihr Antrag aber auch feige: Sie wollen separierte Fahrbahnen für Autos und Straßenbahn. Dann sagen Sie doch auch, was Sie stattdessen nicht wollen: Wollen Sie auf Radfahrstreifen verzichten oder die Gehwege schmaler planen? Übrigens sind sowohl Radfahrstreifen an Hauptverkehrsstraßen als auch breite und gut begehbare Gehwege als Ziele und Maßnahmen im Stadtentwicklungsplan Verkehr und öffentlicher Raum beschlossen. Auf S. 44 finden Sie sogar ein Foto von der Georg-Schumann-Straße mit der Bildunterschrift: ‘Radfahrstreifen auf der Fahrbahn als Regellösung für Hauptverkehrsstraßen: Georg-Schumann-Straße.’ Zu behaupten, die vorliegende Planung würde den Forderungen des STEP Verkehr widersprechen, ist einfach hanebüchen. – Sie spielen den Schwarzen Peter, welche Verkehrsart aufgrund Ihres Änderungsantrages auf angemessene Berücksichtigung beim Ausbau dieses Abschnitts der Georg-Schumann-Straße verzichten soll, gekonnt an die Stadtverwaltung zurück, weil Sie sich offensichtlich vor der Entscheidung drücken und das ist feige.”

In was für einer Stadt wollen wir eigentlich leben?

Und auch das Argument der Wirtschaftsfeindlichkeit, das im Antrag der acht Wirtschaftsstadträte mitschwang, fand er völlig daneben. Der Stadtrat selbst hatte sich gerade im Januar sehr intensiv mit Wirtschaftsthemen beschäftigt. “Grundsätzlich möchte ich Ihnen noch sagen: Wenn Sie der Meinung sind, diese eindeutig verkehrspolitische Vorlage ist wirtschaftspolitisch relevant, dann möchte ich Sie daran erinnern, dass in der wirtschaftspolitischen Stunde im Januar die geladenen Experten vor allem das Problem des drohenden Fachkräftemangels thematisiert haben”, so von der Heide. “Holen Sie sich doch entsprechend jede bildungspolitische Vorlage in Ihren Ausschuss! Sie haben ja einen fleißigen und kompetenten Bürgermeister in Ihrem Ausschuss, der diese Angelegenheiten gerne diskutieren und Ihnen seine vielfältigen Bemühungen zu diesem Thema darlegen wird.”

Und dann stellte er die Frage, um die es eigentlich die ganze Zeit geht: In was für einer Stadt wollen die Leipziger eigentlich leben? – Daniel von der Heide: “Die Strategie ist ja durchsichtig, dass die CDU versucht, bei jeder verkehrspolitischen Angelegenheit und jeder Straßenausbaumaßnahme ein Riesentheater zu veranstalten. Da ändert es auch nichts, dass sich mehrere lokale Akteure zu Wort melden und sich vehement für die vorgelegte Planung einsetzen. Hier stören die CDU die Parkplätze, bei der Georg-Schwarz-Straße fehlen sie dann wieder und eigentlich alles, was nicht dem Primat des motorisierten Individualverkehrs entspricht, bedeutet zwar nicht das Ende des Abendlandes, aber gefährdet mindestens die mobile Zukunft Leipzigs. Davon sollten wir uns nicht beeindrucken lassen. Oder möchten Sie in einer Stadt leben, in der die Verkehrspolitik von der CDU bestimmt wird? Ich nicht, meine Fraktion nicht, viele Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt nicht und ich hoffe Sie auch nicht!”

Es wurde dann trotzdem knapp.

Zugestimmt hat der Stadtrat hingegen einem Änderungsantrag der SPD-Fraktion, der eine bessere Steuerung der Verkehrsführung in der Georg-Schumann-Straße zum Inhalt hat: “Die Stadtverwaltung legt bis Ende 2015 ein vollständiges Konzept zur Optimierung der Verkehrssteuerung – insbesondere an den Lichtsignalanlagen – und zur weiteren Gestaltung und Verkehrsaufteilung der Georg-Schumann-Straße vor.”

So kann man wirklich einen besseren Verkehrsfluss auf der Straße gewährleisten. In der Begründung der SPD-Fraktion heißt es dazu: “Die Verkehrsaufteilung und die künftige Gestaltung in der Georg-Schumann-Straße werden derzeit intensiv diskutiert. – Die einen sehen die Durchlässigkeit für Individual- und Wirtschaftsverkehr, sowie ÖPNV auf der Straße gefährdet, die anderen wollen insbesondere den ÖPNV und den Radverkehr stärken und die Aufenthaltsqualität erhöhen und somit die weitere Revitalisierung der G.-Schumann-Straße ermöglichen. – Eine zeitgemäße Verkehrsplanung sollte daher zum einen die Steuerung der Verkehre – insbesondere an den Lichtsignalanlagen – optimieren, zum anderen die künftige Gestaltung und Verkehrsaufteilung konzeptionell darlegen.”

Die Rede von Daniel von der Heide zum Nachlesen.

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