Da stehen sie nun also, die 450 Liegen in einer Halle an der Jahnallee. Mit Stand von Sonntagmittag, 16. August, sind 104 Flüchtlinge in der Ernst-Grube-Halle eingetroffen, so Julian Rossig, Pressesprecher der Johanniter Leipzig. Darunter bislang 9 Minderjährige, 6 Frauen und im überwiegenden Teil Männer. Wie sich die weiteren Ankünfte diesbezüglich gestalten, kann derzeit niemand sagen. Stattdessen wurde heute seitens der Johanniter ein Spendenaufruf und eine Sammelstelle ab Montag veröffentlicht. Die Auflistung der gesuchten Spenden zeigt die existenzielle Seite des derzeitigen Bedarfes deutlich.

Dass die Ernst-Grube-Halle eigentlich kein geeigneter Ort für eine Erstaufnahme von Flüchtlingen ist, dürfte jedem klar sein. Doch nach einem kurzen Aufbegehren seitens des Leipziger Oberbürgermeisters Burkhard Jung trat am Wochenende Stille ein, wenn es um Alternativen für die Unterbringung der Ankommenden in Leipzig geht. Ob die Suche wirklich läuft ist nicht bekannt, das Land Sachsen signalisierte am Freitag, die gefundene Lösung sei die beste, die man derzeit habe. Glaubt man Jung, könnte es noch Alternativen geben.

Denn noch am Freitag hatte der OBM auf Facebook das Statement verbreitet, dass es nicht in Ordnung sei, „ … die Ernst-Grube-Halle für die Erstaufnahme von Flüchtlingen zu nutzen. Es gibt und es hätte bessere Lösungen gegeben. Das Innenministerium hätte die Stadt nur einbeziehen und fragen müssen. Insbesondere der Staatssekretär handelt kopflos. So schürt man Unverständnis auch bei Gutwilligen!“

Die Gutwilligen hingegen warteten heute statt auf eine, wann auch immer kommende, Lösung aus der Politik eher auf die Liste der Dinge, die umgehend in der Ernst-Grube-Halle benötigt werden. Am späten Morgen gaben die Johanniter dann ihren Bedarf bekannt (siehe Auflistung am Ende). Diese Meldung verbreitet sich zur Stunde rasend schnell in den sozialen Netzwerken, die Hilfsbereitschaft ist offenbar sehr groß und es geht letztlich um ganz einfache Dinge, wie Handtücher, Spielzeug, neue T-Shirts, Unterhosen und Hygieneartikel.

Eine Abgabe der Spenden an der Halle direkt wird dabei nicht möglich sein, die Situation vor Ort ist bereits angespannt genug, weshalb die Johanniter eine Sammelstelle im Bildungsinstitut Mitteldeutschland der Johanniter in der Witzgallstraße 20 eingerichtet haben. Diese hat am Montag von 9 bis 12 sowie 14 bis 18 Uhr geöffnet.

Null Privatsphäre in der Grube-Halle. Foto: Johanniter Leipzig
Null Privatsphäre in der Grube-Halle. Foto: Johanniter Leipzig

Das größte Manko der “Lösung” Ernst-Grube-Halle

Die Betten stehen dicht an dicht, die Privatsphäre für die Ankommenden ist gleich Null. Es gibt keinen Sichtschutz und somit keinen Zentimeter eigene kleine Welt. Die Begründung dafür soll eine Einschätzung der Landesdirektion Leipzig sein. Nach Informationen der L-IZ wurde Sichtschutz vorerst durch die Landesdirektion aus Brandschutzgründen untersagt.

Man befürchtet offenbar ein Zustellen von Fluchtwegen durch Einbauten oder ähnlichem. Ob aber die Fluchtwege für 500 Leute bei letztlich zwei Ausgängen links und rechts der Halle auch so im Ernstfall reichen, ist dennoch unklar. Allgemein können bei solchen Situationen sogenannte „fliegende Bauten“, also leichte Wände ohne Bodenverankerung oder Decken beziehungsweise Bettlaken genutzt werden. Messebauer kennen die Bauten, natürlich wäre damit die Kapazität von 500 Menschen in der Ernst-Grube-Halle wahrscheinlich nicht zu halten.

Damit scheint klar: Es geht ausschließlich um Menge, das Bild der Johanniter der eng aufgereihten Feldbetten erregt seit gestern die Gemüter.

Ein Mini-Außengelände bietet kaum Möglichkeiten vor Ort. Ab Dienstag geht es um Freizeitangebote für die Flüchtlinge in Leipzig. Foto: L-IZ.de
Ein Mini-Außengelände bietet kaum Möglichkeiten vor Ort. Ab Dienstag geht es um Freizeitangebote für die Flüchtlinge in Leipzig. Foto: L-IZ.de

Weitere Aktivitäten

Gleichzeitig gab heute der Studentenrat der Universität Leipzig bekannt, dass er alle Interessierten am Dienstag, den 18. August um 15 Uhr zu einer Informations- und Aktionsveranstaltung einlädt. Dabei soll es vor allem darum gehen, rasch Angebote für die Flüchtlinge in der Ernst-Grube-Halle zu schaffen. Was nach der Sicherung einer einigermaßen verträglichen Situation in der Interims-Notlösung ein wichtiger Schritt werden könnte.

Friedemann Goerl, Referent im StuRa dazu: „In den letzten Tagen haben wir von Seiten der Studierenden sehr viele Anfragen bekommen, wie man am besten den Menschen in der Ernst-Grube-Halle helfen kann. Wir möchten mit dieser Informations- und Aktionsveranstaltung allen engagierten Menschen einen Raum bieten dies gemeinsam anzugehen. Die unzureichenden humanitären Bedingungen in der Halle bedürfen jetzt von uns eine schnelle und solidarische Unterstützung.“

Der genaue Raum und Treffpunkt in der Universität soll noch bekannt gegeben werden.

Die Veranstaltung des StuRa bei Facebook: www.facebook.com/events/946317708744924/permalink/947112868665408/

Willkommenspakete für die Flüchtlinge in der Ernst Grube Halle. Foto: Fjällsangels, Facebook
Willkommenspakete für die Flüchtlinge in der Ernst Grube Halle. Foto: Fjällsangels, Facebook

Die Aktion Fjällsangels …

.. läuft unterdessen auf Hochtouren. Informationen findet man hier auf der L-IZ.de. Unterdessen sind weitere Annahmestellen für die Willkommenspakete hinzugekommen. Dort können also weitere Begrüßungspäckchen abgegeben werden. Jedes Set soll folgende 5 Artikel enthalten: 1 Zahnbürste, 1 Zahncreme, 1 Deo und 1 Stück Seife, welche separat zu verpacken ist, wegen des Seifengeruches. Dazu noch eine Packung Kekse (hitzebedingt schokofrei) und fertig ist das persönliche Hygieneset mit Willkommensgruß für einen Flüchtling.

Heilsarmee Leipzig (Südosten und Osten von L.E.) Südblick 5a, Begegnungszentrum und täglich 8-17 Uhr / Kolmstr. 2, Charity Shop 2. Chance Montag – Freitag 10-18 Uhr, Samstag 10-13 Uhr / Radsfatz (Fahrradselbsthilfewerkstatt) (Osten von L.E.), Eisenbahnstraße 113b HH, 04315 Leipzig, Dienstag 14-18Uhr, Donnerstag 14-18Uhr, Sonntag 15-19 Uhr / Fußgänger (Süden von L.E.) Karl- Liebknecht- Str. 36, 04107 Leipzig, Dienstag – Freitag 10-19 Uhr / Onkel Tom’s Hütte (Süden von L.E.), Arthur-Hoffmann-Straße 120, 04275 Leipzig , Sonntag bis Donnerstag 9-0 Uhr, Freitag und Samstag 9-1 Uhr / Schwan/LeCygne (Süden von L.E.), Wolfgang-Heinze-Str./Ecke Herderstraße, Montag bis Donnerstag Donnerstag 10 – 23 Uhr, Freitag 10 – 1 Uhr, Samstag 11 – 1 Uhr, Sonntag 11 – 23 Uhr / kostbar Karl-Heine-Strasse , 04229 Leipzig (Westen von L.E.), Montag – Freitag 09 – 20 Uhr, Samstag 09 – 16:00 / Späti Schatzinsel Forststraße 7, 04229 Leipzig (Westen von L.E.), Montag – Sonntag 9 – 0 Uhr / Universitätsbibliothek Zweigstelle Erziehungswissenschaft (Westen von L.E.), Karl-Heine-Strasse 22b (Haus A, Vorraum Lesesaal), Montag – Freitag 10 – 16 Uhr

Die Bedarfsliste der Johanniter aus der Ernst Grube Halle. Quelle: Johanniter Facebook
Die Bedarfsliste der Johanniter aus der Ernst Grube Halle. Quelle: Johanniter Facebook

Die Spendenbedarfsliste der Johanniter

Hinweis: Die Spenden können zunächst nur am Montag, 18. August, von 9 – 12 sowie 14 – 18 Uhr im Bildungsinstitut Mitteldeutschland der Johanniter in der Witzgallstraße 20 in Reudnitz abgegeben werden. Gesucht werden aktuell:

1.) KLEIDUNG: für Männer und Frauen (vorrangig Größen S und M, bitte keine Übergrößen): T-Shirts, Hemden, Pullover, Jacken, Hosen / Unterwäsche und Socken (aus hygienischen Gründen NUR Neuware) / für Kinder ab Größe 110: T-Shirts, Hemden, Pullover, Jacken, Hosen / Unterwäsche und Socken (aus hygienischen Gründen NUR Neuware)
2.) SPIELZEUG/GESELLSCHAFTSSPIELE: Schach, Mühle, Backgammon, Kartenspiele (Rommé, Skat), Mensch ärgere dich nicht, UNO, Quartetts / Stifte, Malbücher / anderes Spielzeug (sollte keinen Lärm machen) / Bilderbücher für Kinder ab 5/6 Jahre / Spiele für außen (Bälle, Federball, Beachtennis etc.)
3.) TASCHEN: Tragetaschen, vor allem Rucksäcke
4.) BILDWÖRTERBÜCHER
5.) HANDTÜCHER
(NUR Neuware aus hygienischen Gründen)
6.) HYGIENEARTIKEL (Duschbad, Shampoo, Seife, Zahnpaste, Zahnbürsten)

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