So viele Kreisverkehre hat Leipzig ja nicht. Und die, die es hat, haben zuweilen ihre Tücken. Zum Beispiel, weil sie ein überhöhtes Kfz-Aufkommen ausgerechnet mit der wichtigsten Erholungsoase der Stadt verbinden: Die Rede ist vom Herzlyia-Platz direkt am Clara-Zetkin-Park. Da wo Fußgänger kaum noch ungeschoren über die Straße kommen. Die Grünen beantragen jetzt offiziell Fußgängerüberwege an allen Ausfahrten des Kreisels.

„Der Oberbürgermeister wird aufgefordert, umgehend alle Fußgängerüberwege an den Zu- und Ausfahren des Kreisverkehrs Herzliya-Platz mit Zebrastreifen auszustatten“, schreiben sie im entsprechenden Antrag. Und begründen es auch. Das Thema ist ja nicht neu. Seit 2011 beschäftigt es die Anwohner, die Erholungssuchenden, die Grünen-Fraktion. Denn die Karl-Tauchnitz-Straße ist längst zu einer der am stärksten befahrenen Straßen im Stadtgebiet geworden. Der gesamte Lkw-Verkehr von der Wundtstraße wird hier abgeleitet. Und den meisten Kraftfahrern im Kreisverkehr sind die wartenden Fußgänger völlig egal. Der Kreisel animiert naturgemäß zum schnellen Rein- und Rausfahren.

„Im Juni 2014 wurde eine Sammelpetition mehrerer Interessenverbände zur Einrichtung von Zebrastreifen an den Zu-/Ausfahren des Kreisverkehrs am später so benannten Herzliya-Platz vom Stadtrat abgelehnt. Entscheidungsprägend für die Ablehnung war seinerzeit die Begründung der Stadtverwaltung, weder die Belegungszahlen der Straßen machten eine Regelung notwendig noch liege hier ein begründeter Ausnahmefall zur Einrichtung eines Zebrastreifens vor“, schreiben die Grünen in ihrem Antrag.

„Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen muss diese damalige Ablehnung in Erfahrung der vergangenen vier Jahre seit Neubau des Kreisverkehrs anzweifeln. Regelmäßig machen Fußgänger und Radfahrende die Erfahrung, dass eine Querung der Fußgängerüberwege durch die hohe Straßenverkehrsbelegung erschwert wird.“

Und da sind wir bei den Problemen Leipziger Kreisverkehre: Hier werden die wesentlichen Regeln nicht beachtet. Gerade hier setzt sich die Rücksichtslosigkeit der Kraftfahrer besonders sichtbar ins Bild.

Und dann zitieren die Grünen direkt aus dem Verwaltungsstandpunkt von 2014: „Nach Paragraf 9 Absatz 3 StVO muss ein Kraftfahrer, der einen Kreisverkehr verlässt, beachten: Wer abbiegen will, muss entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen – Schienenfahrzeuge, Fahrräder mit Hilfsmotor und Fahrräder auch dann, wenn sie auf oder neben der Fahrbahn in die gleiche Richtung fahren.

Weiterhin ist festzustellen, dass laut StVO §§ 3 und 8 sich die Fahrzeuge den Zufahrten so zu nähern haben, dass jederzeit der querende Fußgängerverkehr sicher die Querungsinseln erreichen kann. Bei den Ausfahrten in einen abbiegenden Fahrbahnast ist auf querende Fußgänger besonders Rücksicht zu nehmen (§ 9 StVO)“. Das Zitat stammt aus dem Verwaltungsstandpunkt zur Petition 123/13 „Fußgängerüberwege am Kreisverkehr Karl-Tauchnitz-Straße“.

„Dem überwiegenden Teil der Verkehrsteilnehmenden scheint diese auch 2014 von der Verwaltung zitierte Regelung der StVO nicht bekannt zu sein“, kommentieren die Grünen. „Wer zu Fuß unterwegs ist, wird in der Praxis zwangsläufig dem Fahrzeugverkehr Vorrang einräumen. Damit hätten Fußgänger kaum Chancen, jemals die Fahrbahn zu überqueren, wenn es weder Zebrastreifen noch eine Fußgängerampel gibt.“

Es ist wie so oft: Diese offensichtliche Ignoranz den schwächeren Verkehrsteilnehmern gegenüber kann man in Leipzig augenscheinlich nur durch deutlichere Markierungen beenden: „Laut AvD müssen Fußgängerüberwege innerorts nur dort angelegt werden, wo Fußgänger sonst wegen der hohen Verkehrsbelastung nicht sicher über die Straße kommen. Häufig ist an kleineren Kreisverkehren kein Zebrastreifen vorhanden. Ist ein Übergang markiert, haben nach Paragraf 26 Absatz 1 StVO Fahrzeuge den zu Fuß Gehenden sowie Menschen mit Handicap, beispielsweise Rollstuhlfahrern, die den Übergang nutzen wollen, das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen.“

Und man darf auch nicht vergessen, dass mehrere Verkehrsleitmaßnahmen dazu geführt haben, dass sich immer mehr Verkehr vom Innenstadtring auf das sogenannte Tangenten-Viereck verlagert hat und noch weiter verlagern soll – man denke nur an die fünf prioritären Maßnahmen im Luftreinhalteplan, mit denen die Zufahrt zum City-Ring dosiert werden soll – die Kraftfahrer sollen vorher auf das Tangenten-Viereck abbiegen. Und die Marschnerstraße gehört genauso dazu wie die Karl-Tauchnitz-Straße. Und natürlich wird den Nutzern das Gefühl vermittelt, dass sie auf diesem extra ausgewiesenen Tangenten-Viereck aufs Pedal treten dürfen – damit’s schneller geht.

„In Leipzig findet man vielerorts Zebrastreifen an Kreisverkehren, am größten jedoch nicht. Dies ist zwingend zu überdenken und zu verändern, um die Querungsbedingungen zu optimieren“, formulieren die Grünen ihr Ansinnen unter diesem Aspekt noch sehr zurückhaltend.

In der Karl-Tauchnitz-Straße ist es seit 2011 nicht lauter geworden

In der Karl-Tauchnitz-Straße ist es seit 2011 nicht lauter geworden

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