Wie langsam mittlerweile in Leipzig viele Entscheidungsprozesse ablaufen, zeigt auch das Beispiel „Stadtteilpark Volkmarsdorf“. 2014 wollte die Stadt das dazu vorgesehene Grundstück an der Schulze-Delitzsch-Staße von der Deutschen Bahn kaufen. Doch weil kurzfristig Wagenleute einen Teil der Fläche besetzt hatten, verweigerte die Stadt den Kauf. Und als die Linke-Stadträtin Juliane Nagel 2016 nachfragte, bestätigte die Stadtverwaltung diese seltsame Haltung.

„Auf eine Anfrage in der Ratsversammlung vom 10.12.2014 antwortete die Stadtverwaltung, dass der Kauf und die Umgestaltung der Fläche weiterhin geplant seien. Kaufverhandlungen und Planungen seien jedoch aufgrund der Besetzung durch Wagenkollektive vorerst eingestellt. Diese haben Interesse bekundet, die Fläche dauerhaft als Standort zu nutzen und an der Gestaltung der Fläche mitzuwirken“, stellte Juliane Nagel fest, die sich da auch wunderte, wie die Stadt auf dieser Fläche eine Schwimmhalle planen konnte.

„Mittlerweile gibt es eine Stadtteilinitiative, die die Nutzung des Geländes als Stadtteilpark forciert. Mit der Errichtung einer Schwimmhalle am Otto-Runki-Platz sollte die Fläche zudem erneut als Ausgleichsfläche für Versiegelungsmaßnahmen deklariert und die ,Entwicklung einer öffentlichen Parkanlage der Fläche an der Schulze-Delitzsch-Straße mit Aufenthaltsbereichen anstatt urbanem Wald‘ ermöglicht werden. Das Vorhaben scheiterte in der Ratsversammlung am 26.10.2016.“

Die Schwimmhalle hat mittlerweile an anderer Stelle, am Otto-Runki-Platz, Gestalt angenommen.

Aber an der Schulze-Delitzsch-Straße ist immer noch nichts passiert. Die Verwaltung belehrte die Stadträtin sogar, dass man gar nicht vorhabe, aus der Fläche einen Stadtteilpark zu machen.

„Über den Planfeststellungsbeschluss ist festgelegt, dass eine großzügige und pflegeextensive urbane Waldfläche mit Aufenthaltsqualitäten entwickelt werden soll bei gleichzeitig niedrigem und robusten Ausstattungsstandard. Auf dem überwiegenden Teil der Fläche soll Wald entwickelt werden. Gemäß Bundeswaldgesetz sind mindestens 30 Meter Abstandsfläche zwischen Wald und vorhandenen Gebäuden einzuhalten. Dies bedeutet, dass an der Schulze-Delitzsch-Straße und Mariannenstraße ein waldfreier Streifen entsteht, auf dem zum Beispiel Spiel- und Liegewiesen mit einzelnen Baum- und Strauchgruppen angelegt werden können. Es ist eine geringe Ausstattung vorgesehen mit wenigen wichtigen Hauptwegeverbindungen und einigen platzartigen Aufweitungen mit einfachen Sitz- und Spielmöglichkeiten in der waldfreien Abstandszone“, so das Wirtschaftsdezernat. Und: „Die Anlage einer öffentlichen Grünanlage im Sinne eines Stadtteilparks mit höherwertiger Ausstattung und mehr Angeboten an Sport- und Spielmöglichkeiten ist nicht im Planfeststellungsbeschluss vorgesehen.“

Die Brachfläche an der Schulze-Delitzsch-Straße. Foto: Ralf Julke

Dass das Dezernat Wirtschaft und Arbeit hier so beharrlich an der Schaffung eines Waldes festhielt, hat mit den fehlenden Ausgleichsflächen in der Stadt zu tun: Mit aller Mühe wird immerzu nach noch freien Flächen gesucht, um neue Bäume zu pflanzen, die die massiven Baumfällungen an anderer Stelle ausgleichen.

Dass ausgerechnet ein Wagenplatz den Wert der Fläche mindert, sodass die Stadt damit auch den Verhandlungsabbruch mit der Bahn begründet, wirkt da geradezu seltsam. Das Dezernat Wirtschaft und Arbeit: „Das Dezernat VII hat den Erwerb des Bahngrundstückes Schultze-Delitzsch-Straße zurückgestellt. Kurz vor der Beurkundung mit der Deutschen Bahn AG haben sich dort Wagenburgen angesiedelt. Aufgrund ordnungsrechtlicher Erwägungen wurde der ausgehandelte Ankauf zurückgestellt. Ein besetztes Grundstück stellt eine Wertminderung dar, der ausgehandelte Kaufpreis für die gewerblichen Flächenanteile war nicht mehr darstellbar.“

Hier macht die Verwaltung also ziemlich offensichtlich eine Politik völlig an den Bürgern vorbei. Denn im Leipziger Osten wünscht man sich, dass auf der Fläche die ursprüngliche Idee umgesetzt wird: Die Schaffung eines Stadtteilparks mit echten Aufenthaltsqualitäten.

***

Und das thematisiert nun vom 13. bis 15. September ein Fest auf der gesperrten Elisabethstraße. Unter der Fragestellung „Was wird mit dem Stadtteilpark Volkmarsdorf?“ wollen die Organisatoren bei #EASTPARKFICTION dann auch miteinander ins Gespräch kommen, wie die brachliegende Fläche für alle im Stadtteil genutzt werden kann.

Am 14. September um 16 Uhr soll dann auch ein Signal gesetzt und ein Zukunftsschutzgebiet ausgerufen werden.

Das Programm von #EASTPARKFICTION

Freitag, 13. September

17:30 Gesprächsrunde zur Umgestaltung des Spielplatzes Mariannenstraße 91-93

19:00 Picknick

20:30 polyloid-Dokumentarfilm: Latcho Drom – Gute Reise

Samstag, 14. September

14:00 Start der Grünen Parade am Bauspielplatz

15:00 Start des Straßenfestes – es gibt Infostände, Wunschproduktion und Verköstigung!

16:00 Ankunft der Grünen Parade (Ausrufung Zukunftsschutzgebiet)

17:00 Park-Forum der Vielen – Gesprächsrunde

18:00 Picknick auf der Straße – bringt etwas mit für die lange Tafel!

19:00 polyloid-Filmcollage: Park Fiction – Die Wünsche werden die Wohnung verlassen und auf die Straße gehen

Sonntag, 15. September

11:00 Offenes Frühstück – bringt mit, was ihr mögt!

13:00 Abschlussrunde – wie geht es weiter?

Volkmarsdorf war 2017 der Wachstums-Champion in Leipzig

Volkmarsdorf war 2017 der Wachstums-Champion in Leipzig

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