Anfangs ging es den Grünen nur darum, den Bau eines Parkhauses auf der Fläche des alten Schwimmstadions zu verhindern. Diesen Vorstoß starteten sie im August 2018. Nicht ahnend, dass sie damit gleich mehrere Lieblingsprojekte Leipziger Bürgermeister infrage stellten. Und letztlich fast ungewollt offenlegten, dass es die Stadtverwaltung seit acht Jahren nicht fertigbekommen hat, ein Verkehrskonzept zum Sportforum auf die Beine zu stellen.

Es ist ja nicht so, dass 2012 nicht zu ahnen war, was rund um das Zentralstadion abgehen würde, wenn der Fußballclub RB Leipzig tatsächlich durch die Ligen marschieren und irgendwann in der Bundesliga spielen würde. Schon damals gab es heftige Probleme mit wild geparkten Autos, mit Chaos im Waldstraßenviertel, Autokolonnen im Auenwald, zugeparkten Radwegen, überfüllten Straßenbahnen. Der Stadtrat gab der Verwaltung also die Entwicklung eines funktionierenden Verkehrskonzeptes in Auftrag.

Das gibt es bis heute nicht, nur jede Menge Papier und lauter halbherzige Lösungsansätze, die sich nicht zum Ganzen fügen. Das heftig diskutierte Bewohnerparken im Waldstraßenviertel ist einer dieser Bausteine – nicht durchdacht, einzig darauf angelegt, den Unmut der Anwohner im Waldstraßenviertel zu dämpfen.

Die immer wieder vertagte Lösung in der inneren Jahnallee gehört genauso hierher. Auch da spielt der Stadtrat nicht mehr mit. 2021 soll die Stadt endlich eine sichere Radroute von Lindenau in die Innenstadt klären. Aber auch die fehlenden Pläne für eine weitere Schule, die im Gebiet dringend gebraucht wird, gehören hierher.

Also beantragten die Grünen ja bekanntlich, statt eines Parkhauses lieber eine Schule ans Sportforum zu bauen.

Doch dann hagelte es lauter Ausreden aus der Verwaltung. Schützenhilfe erhielt sie von der CDU-Fraktion, die sich zwar auch kommunalen Neubau vorstellen konnte, aber daran erinnerte, dass seit 2004 die grandiosen Pläne für den Neubau der Alten Elster in den Schubladen des Umweltdezernats lägen.

Damals als Hochwasserschutzmaßnahme verkauft. Das funktionierte damals sehr gut. Erst zwei Jahre zuvor hatte es ja das berühmte „Jahrhunderthochwasser“ gegeben. Da war auch Sachsens Regierung nur zu sehr bereit, auch noch die wildeste Idee für den Hochwasserschutz zu honorieren.

Verlauf der Alten Elster am Sportforum. Foto: Ralf Julke
Verlauf der Alten Elster am Sportforum. Foto: Ralf Julke

Doch das Geld für diese Maßnahme war nie vorhanden und wird sich auch in den nächsten Jahren nicht in den Planungen des Landes wiederfinden. Denn dieser wohl eher im Bereich von 60 Millionen Euro aufwärts zu denkende Bau würde nicht nur keinen Beitrag zum Leipziger Hochwasserschutz bringen, denn dafür ist nun einmal das Palmgartenwehr da.

Es würde auch sämtliche Planungen zum Sportforum ausbremsen. Und bremst sie auch schon aus. In keiner Verwaltungsvorlage zum Sportforum fehlt der Verweis darauf, dass man ja hier nur zu gern die Alte Elster wieder bauen würde.

Damit wurde der nächste wichtige Ansatz fürs Verkehrskonzept unmöglich gemacht: Der Bau einer leistungsfähigen Straßenbahnschleife direkt am Sportforum. Also wollen die LVB jetzt die völlig ungenügende Feuerbachschleife wieder sanieren und haben die Pläne, eine leistungsfähige „Fußballlinie“ vors Stadion zu legen, ad acta gelegt.

Dass es die letztlich nicht finanzierbare neue Alte Elster ist, die am Sportforum gleich reihenweise wichtige Lösungen verhindert, haben die Grünen mittlerweile begriffen. Sie haben also ihren Antrag, in dem es ursprünglich nur um die Verhinderung eines riesigen Parkhauses ging (das die Verwaltung jetzt als VIP-Parkhaus für Journalisten und RB-Honoratioren verkauft), noch einmal umgeschrieben und die Alte Elster jetzt zum Prüfauftrag gemacht:

„Unsere Zielvorstellungen haben wir im Beschlusspunkt 4. neu sortiert und ergänzt aufgrund der neuen Informationen aus den Verwaltungsstandpunkten. Wir sehen die Öffnung der Alten Elster kritisch. Wir nehmen deshalb die Anregung der Stadtverwaltung gerne auf, das äußerst umstrittene Thema ,Freilegung der Alten Elster‘ und ,Nutzung des Elsterbeckens‘ eingehend zu vertiefen. Dies sollte zeitnah mit Stadtrat und interessierter Öffentlichkeit geschehen.“

Die „Nutzung des Elsterbeckens“ hat sich Leipzigs Sportbürgermeister gleich mal ins Sportprogramm der Stadt geschrieben: Er möchte das Becken gern ausbaggern lassen und den Ruderern als Trainings- und Wettkampfstrecke zur Verfügung stellen. Allein das Ausbaggern der schwer belasteten Sedimente (die auch die Landestalsperrenverwaltung bei ihren regelmäßigen Sedimentberäumungen klugerweise nicht anrührt) würde um die 60 Millionen Euro kosten. Und die Stadt würde damit ein ruhendes Wasserbecken herstellen, auf dem heute schon in jedem Sommer die Algen blühen.

Und auch wichtige Verkehrslösungen packt Leipzigs Verwaltung einfach nicht an. Weshalb die Grünen deren Berücksichtigung jetzt in einem richtigen Masterplan fordern, der das gesamte Sportforum umfasst.

Der also genau das Thema noch einmal in einen Beschluss fasst, das ursprünglich dem Verkehrskonzept Sportforum zugrunde lag: Eine Gesamtlösung für alle Verkehrsarten zu finden – vom Cottaweg bis zur Friedrich-Ebert-Straße, darin auch Themen berücksichtigend, die bisher immer nur stillschweigend ignoriert wurden: „Stärkung der Wegebeziehungen für den Fuß- und Fahrradverkehr zu den Veranstaltungsstätten RB Arena und Arena Leipzig auch und insbesondere im Bereich Jahnallee bis zum Knotenpunkt Capastraße/Lütznerstraße., Brückenbau über Elsterbecken für den Fuß- und Radverkehr, Ausbau der Wendeschleife der LVB …“

Denn gerade die Verkehrsarten, die rund um das Sportforum für Entlastung sorgen könnten, wurden bislang einfach ignoriert – Straßenbahn und Radverkehr.

Baudezernat will Planungen für Parkhaus und Neubau der Alten Elster unbedingt durchziehen

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