Es wird das Mega-Bauprojekt, das den Leipziger Westen von 2024 bis 2030 in Atem halten wird: der Neubau der Georg-Schwarz-Brücken. Und während Autofahrer und die Ersatzbusse der LVB riesige Umwege werden fahren müssen in dieser Zeit, hat sich das Leipziger Baudezernat durchaus mit der Frage beschäftigt: Was wird eigentlich mit Fußgängern und Radfahrern? Die kann man doch nicht genauso weit in die Pusta schicken? Diesmal dachte das Planungsdezernat sogar noch ein bisschen weiter: Was wird in der Zeit danach?

Denn wenn die Brücken 2030 fertig und wieder nutzbar sind, können zwar auch Radfahrer und Fußgänger wieder drüber und die S-Bahn-Station ist auch wieder erreichbar. Bis dahin aber muss eine Behelfsbrücke her. Mindestens, fanden die Planer. Denn wenn man die Brücke gleich so bauen würde, dass sie auch hinterher für Fußgänger und Radfahrer nutzbar ist, hat man ja gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Dann hat man auch gleich noch die beiden Ortsteile Leutzsch und Böhlitz-Ehrenberg besser verbunden. Denn so eine Verbindung macht natürlich Sinn, wenn sie am nördlichen Bahnsteigende der S-Bahn ansetzt. Dann ergeben sich sofort bessere Wegeverbindungen von der Philipp-Reis-Straße zur Straße Am Ritterschlösschen. Und die wäre nicht nur für die Bewohner von Leutzsch und Böhlitz-Ehrenberg interessant, sondern auch für Radausflügler, die Richtung Gundorf oder gar zum Elster-Saale-Kanal unterwegs sind.

Eine Vorlage des Dezernat Stadtentwicklung und Bau schildert nun die Untersuchungen verschiedenster Varianten, wie man so ein Ergebnis noch bis 2024 hinbekommen könnte, bevor die Georg-Schwarz-Brücken gesperrt sind. Aber egal, welche Variante man wählt – ob als Brücke oder als Tunnel – es wird mit S-Bahn-Zugang teuer (in der Regel über 10 Millionen Euro) und: „Die Studie kommt weiterhin zu dem Ergebnis, dass die Integration der Planung einer dauerhaften Stadtteilverbindung durch die entstehenden Planungszeitverzögerungen bis zur Außerbetriebnahme der bestehenden Georg-Schwarz-Brücken, insbesondere des Bauwerkes II/R11 nicht vereinbar ist und ein nicht zu vertretendes Projektrisiko für die Komplexbaumaßnahme darstellt.“

Man hätte so eine Verbindung also schon lange mitplanen müssen. Jetzt ist es zu spät, sie zu implementieren. Selbst das Projekt Georg-Schwarz-Brücken hat ja schon sechs Jahre Verspätung. Noch mehr Verzögerung kann man sich nicht leisten.

Also kommt das Planungsdezernat zu dem Fazit, dass man lieber die sowieso geplante Behelfsbrücke für 3,7 Millionen Euro baut, die Fußgängern und Radfahrern die Überbrückung der Gleise ermöglicht.

Aber die Untersuchung hat auch ein Gutes: Denn sie zeigte, dass es sich sehr wohl lohnt, eine separate Radfahrer-/Fußgängerbrücke weiter nordöstlich – ohne Verbindung zu den S-Bahn-Steigen – zu bauen.

“Die Errichtung einer dauerhaften Stadtteilverbindung für den Geh- und Radverkehr zwischen den Stadtteilen Leutzsch und Böhlitz-Ehrenberg wird im Ergebnis der vorliegenden Machbarkeitsstudie als grundsätzlich positiv bewertet und verbessert die örtlichen Verkehrsbeziehungen für den Geh- und Radverkehr.“

Wenn man also künftig eine solche Brücke als Verbindung von der Robert-Koch-Straße zur Heimteichstraße plant, reduzieren sich die Kosten auf knapp 6 Millionen Euro.

Und noch eine Möglichkeit tat sich auf, als die Planer das ganze Brückenbauprojekt einmal unter Radfahrer-Aspekten begutachteten (was bei den alten Planungen augenscheinlich überhaupt nicht passiert ist). Denn wenn man auf der Böhlitz-Ehrenberger Seite unterwegs ist, bietet es sich ja geradezu an, einen Radweg unter der Brücke hindurchzuführen und darauf weiter Richtung Elster-Saale-Kanal und Grünau zu fahren. Nur: Eine solche Unterführung ist nicht mit eingeplant.

Sinnvoller Radweg auf der alten Merseburger Gleistrasse unter der Georg-Schwarz-Brücke hindurch. Grafik: Stadt Leipzig
Sinnvoller Radweg auf der alten Merseburger Gleistrasse unter der Georg-Schwarz-Brücke hindurch. Grafik: Stadt Leipzig

Aber – das ist der Unterschied zur Radbrücke – sie könnte mit einem geringen Kostenaufwand ermöglicht werden. Zwar wurden auch hier diverse Varianten untersucht – bis hin zu einer 34-Millionen-Euro-Tunnelvariante. Aber sinnvoll ist schon die einfache Änderung in den Planunterlagen, bei der ein paar Stützpfeiler der neuen Brücke etwas verschoben werden und der Radweg neben den Gleisanlagen geführt werden kann.

Die Veränderung an der Brückenplanung würde hier mit rund 2,4 Millionen Euro zu Buche schlagen, der Bau des künftigen Radweges mit 820.000 Euro.

Aber es wäre ein echter Gewinn im Leipziger Radnetz, wie das Planungsdezernat zu dieser Variante feststellt: „Die benannte Berücksichtigung eines zukünftigen bahnbegleitenden Radweges in Fortführung des Heuweges bis zum Elster-Saale-Kanal als asphaltierten Bahnradweg auf dem stillgelegten Merseburger Gleis im Rahmen des Projektes ,Ersatzneubau Georg-Schwarz-Brücken einschließlich Umbau Am Ritterschlößchen‘ ist möglich und wird als sinnvoll erachtet.

Dem wird durch eine entsprechende Verbreiterung des Brückenbauwerks BW II/R11 (nordwestliche Georg-Schwarz-Brücke) zur Durchführung eines Radweges, abweichend zur Vorplanung, die durch den Stadtrat am 21.03.2018 beschlossen wurde, Rechnung getragen.“

Der Stadtrat muss das noch beschließen. Immerhin bedeutet das eine wesentliche Änderung in der Bauplanung. Gibt es erst einmal diesen Radweg parallel zu den Gleisen, wird auch greifbarer, ob oder dass auch die zusätzliche Brücke für Fußgänger und Radfahrer sehr viel Sinn machen würde – denn sie hätte auch den Vorteil, dass sie die stark befahrenen Georg-Schwarz-Brücken künftig meiden könnten.

Grüne und Linke vermissen in den Plänen zum Bahnbogen Leutzsch fast alles, was eine Stadt zum Leben braucht

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Es gibt 2 Kommentare

Aus städtebaulicher Sicht wird die Querung im Zuge der Robert-Koch-Straße (= die rote Lagevariante 4, Querung ganz östlich) favorisiert, allerdings ist hier ein Bahnsteigzugang aus technischen und anderen Gründen nicht sinnvoll möglich. Ok, diese Variante muss also für die Bauzeit der Georg-Schwarz-Brücken ausfallen.

Für die Kombination des bauzeitlichen Bahnsteigzugangs mit der Stadtteilquerung wird in der Vorlage die Querung an der östlichen Bahnsteigkante (= die blaue Lagevariante 2) als machbar und sinnvoll eingeschätzt. Ok, klingt plausibel.
Allerdings wird mit dem Verweis auf die städtebaulich subobtimale Lage empfohlen, diese Querung für eine dauerhafte Lösung NICHT zu nutzen und später (irgendwann?) eine Brücke ohne Bahnsteigzugang zu errichten.

Aber ist die Lagevariante 2 wirklich so “unbrauchbar” für eine Stadtteilverbindung? Wurde bei der Entscheidung berücksichtigt, dass mit einer solchen Brücke der Bahnhof Leutzsch deutlich besser an den Alfred-Kunze-Sportpark und an das Leutzscher Villenviertel angeschlossen werden könnte? Und dass sich die Wege von den beiden Bahnsteigen der S-Bahn zum Regionalbahnsteig (heute Regionalbahn, in Zukunft S-Bahn in Richtung Naumburg bzw. Merseburg) für Über-Eck-Umsteiger deutlich verkürzen würden? Und dass auch die Verknüpfung der Buslinie 80 mit der Eisenbahn über eine Haltestelle am nördlichen Brückenkopf viel fahrgastfreundlicher möglich wäre, als dies bei der heute geplanten Lage in der Ludwig-Hupfeld-Straße gewährleistet ist?

Unter Beachtung all dieser Aspekte erscheint die Lagevariante 2 für eine dauerhafte Querung+Bahnsteigzugang doch SEHR empfehlenswert. Um Kosten zu Optimieren, könnte sicherlich der dauerhafte Bahnsteigzugang nur über Treppen erfolgen. Für die bauzeitliche Barrierrefreiheit wären für die beiden Bahnsteigzugänge temporäre Rampen anstelle von Fahrstühlen vorzusehen. Nach Abschluss der Baumaßnahmen ist die Barrierrefreiheit über die neue Georg-Schwarz-Brücke gewährleistet.

Löblich, dass man sich darum intensiv Gedanken gemacht hat.

Allerdings aberwitzig ist die untersuchte Tunnelvariante!
Ein Bauwerk für den Radverkehr in 25m Tiefe, mit jeweils 500m langen Rampen. Für schlappe 34. Mio Euro.
Völlig verrückt…

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