Die Berliner Brücke ist ein Monstrum, eins jener Betonbauwerke aus der Planwerkstatt von Brückenkonstrukteuren, denen es nur um die möglichst schnelle Abwicklung von Verkehrsströmen geht. Womit in der Regel Kfz-Ströme gemeint sind. Schon wer eine der Rampen mit dem Fahrrad hinauf- oder hinabfährt, fühlt sich völlig fehl am Platz. Daran, Fußgänger und Radfahrer vor Lärm und Abgasen zu schützen, wurde hier ganz bestimmt nicht gedacht. Also wird das Jugendparlament jetzt auch einmal straßenplanerisch tätig.

Wenn auch nur sehr vorsichtig. Denn die Auffahrten zeigen auch, dass die Planer dieses riesigen Brückenbauwerks eigentlich nicht in Betracht gezogen haben, dass Fußgänger und Radfahrer wirklich über diese Brücke wollen. Fuß- wie Radwege sind ausgesprochen schmal angelegt und besitzen auch keine wirkliche Abgrenzung – vom Bordstein abgesehen – zur Fahrbahn, auf der der Verkehr meistens mit höchstmöglichem Tempo rollt.

Also beantragen die Jugendparlamentarier hier eine Änderung, die zumindest an der Maximilienallee irgendwie eine sinnvolle Trennung von Radweg und Kfz-Verkehr bringt: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt, das Stadtgrün im Bereich Maximilianallee/Berliner Brücke in folgender Weise umzugestalten: Fahrbahnseitig soll eine natürliche Raumtrennung zum Zwecke der optischen und akustischen Erholung gepflanzt werden.“

Das wird knapp, wie man bei einem Vor-Ort-Besuch sehen kann. Denn während der riesige Kreuzungsbereich auf der Brücke geradezu in betonierter Fläche schwelgt, ist für Straßenbegleitgrün an den Auffahrten eigentlich kein Platz vorgesehen. Was schon eine Menge darüber erzählt, in welchem Jahrhundert diese Brücke konstruiert wurde. An Klimaerwärmung und Sonnenschutz haben die Architekten jedenfalls keinen Gedanken verschwendet.

„Die Fläche bietet das Potenzial der Naherholung für den westlichen Teil Eutritzschs. Dieses Potential kann nur ausgeschöpft werden, wenn die optische und akustische Trennung zur stark befahrenen Maximilianallee (B 2) errichtet wird“, begründet das Jugendparlament seinen Antrag.

„Aktuell beschränkt sich die Nutzung auf ein Minimum der Anwohner/-innen aus der Umgebung, was nicht zuletzt eine Verschwendung erscheint, da im Zuge der Planung und des Baus der Brücke 1998 offensichtlich eine städteräumliche Nutzung angedacht was (siehe den Umstand, dass Bänke und Tische errichtet wurden).“

Letzteres trifft zumindest auf diesen seltsam stillosen und baumlosen Park zu, der sich östlich der Maximilianallee befindet. Gedacht wahrscheinlich als Erholungsoase für die Leute, die im benachbarten Bürogebäude arbeiten müssen. Normalerweise wäre hier über die Theresienstraße auch der Zugang zur S-Bahn-Haltestelle Leipzig-Nord, der aber eine wirklich sinnvolle Einbindung ins S-Bahn-Netz bis heute fehlt.

Die ganze Gegend ist im Grunde für Kraftfahrzeuge konzipiert. Dass hier auch andere Verkehrsteilnehmer auftauchen könnten, scheint zumindest den Planern vor 25 Jahren völlig unvorstellbar gewesen zu sein.

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