Das war es noch nicht, was die gigantische Dimension der Georg-Schwarz-Brücken betrifft, die ab 2024 neu gebaut werden sollen. Die Pläne stammen im Prinzip aus derselben Zeit wie die der Berliner Brücke und sie sehen auch ganz ähnlich aus. Doch im November beantragte die Grünen-Fraktion eine Überprüfung dieser Dimensionierung. Den Antrag hat die Fraktion jetzt noch einmal überarbeitet.

Denn was in den späten 1990er Jahren noch als wichtiges Bauteil einer modernen Verkehrsinfrastruktur erschien, wirkt 20 Jahre später geradezu überdimensioniert, viel zu groß für den gebündelten Verkehr darauf und regelrecht abweisend für Radfahrer/-innen und Fußgänger/-innen, die man dementsprechend auch eher selten auf der Berliner Brücke sieht.

Das kann nicht die Vision einer Brücke in einer Zeit sein, da Leipzig die Verkehrswende eingeleitet hat, finden die Grünen und beantragen:

„Die Stadtverwaltung wird beauftragt, in Bezug auf die in Planung befindlichen Georg-Schwarz-Brücken dem Stadtrat verschiedene Varianten im Hinblick auf

– Erfüllung Ziele nachhaltiges Mobilitätsszenario / aktuelle Bevölkerungsprognose
– Verkehrsleistung / ÖPNV-Beschleunigung / Kreuzungsorganisation / Ampelschaltungen
– förderkriterien-unabhängige Planung
– stadträumliche Betrachtung des Umfeldes
– architektonische und baukulturelle Beschaffenheit des Brückenbauwerks

zur Entscheidung über die Fortführung der Planung vorzulegen. Diese sind dem Gestaltungsforum sowie dem Stadtrat vorzulegen.

Alternativ ist zu prüfen, ob in Bezug auf den Brückenbau ein Architekturwettbewerb stattfindet.

Für die interessierte Öffentlichkeit wird ein Bürgerforum im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung des Stadtbezirksbeirat Altwest und des Ortschaftsrat Böhlitz-Ehrenberg veranstaltet.“

Bislang ließ die Verwaltung an den alten Plänen zu den Georg-Schwarz-Brücken noch nicht rütteln, wies auch die Kritik aus dem Stadtbezirksbeirat ab.

Doch die vorgestellte Dimension des Neubaus zeigt recht deutlich, dass man hier noch die Verkehrsvorstellungen der 1990er Jahre vor sich hat. Von einem Planungsprozess, in dem auch die Bürger rege beteiligt wurden, kann keine Rede sein.

„Den derzeitigen Planungsprozess zum überdimensionierten Georg-Schwarz-Brückenbau sehen wir als Fraktion weiter kritisch. Wir lehnen die aktuell vorliegende Planung ab. Deshalb schlagen wir nun vor, dass sich im weiteren Planungsprozess noch einmal mit dem Volumen des Brückenbaus in obiger vorgeschlagener Form auseinandergesetzt wird“, erläutern die Grünen ihr Anliegen.

„Es soll betrachtet werden, inwieweit das Brückenbauwerk die Ziele des nachhaltigen Mobilitätsszenarios erfüllt und welche Konsequenzen die aktuelle Bevölkerungsprognose auf die Planungen hat. In diesem Zusammenhang soll ebenfalls dargestellt werden, wie eine Planung unabhängig von Einschränkungen durch Fördermittelgeber aussehen würde, welche die städtischen Ziele vollumfänglich erfüllt. Auf dieser Grundlage soll intensiv auf die zukunftsgewandten Änderungen von Fördermittelbedingungen hingewirkt werden.“

Womit sie auch andeuten, warum die Stadt unbedingt an den alten Plänen festhält: Sie passen wie die Faust aufs Auge auf die Förderbedingungen, die in Deutschland den Straßenbau dominieren. Es ist der Geist der 1960er Jahre, der hier spukt, als es darum ging, riesige Trassen für einen rasant wachsenden Autoverkehr zu schaffen.

Auch das gehört zu den Versäumnissen der jüngeren deutschen Politik, dass sie diese Förderbedingungen nicht so modernisiert hat, dass Städte selbst entscheiden können, ob sie lieber einspurige Brücken bauen und dafür Platz für die Verkehrsarten des Umweltverbundes schaffen.

Bilder und Karten zum gigantischen Brückendrehkreuz findet man auf der Website der Stadt Leipzig.

Und noch ein Punkt liegt den Grünen am Herzen: „Die Trennwirkung zweier Ortsteile durch das Bauwerk gilt es zu minimieren und den vermehrten Bedarf an Grün abzubilden.“

Wer die Berliner Brücke überquert, weiß, was sie damit meinen. Hier ist der Geist von Planern am Werk gewesen, die sich partout nicht vorstellen können, wie man sich als Fußgänger oder Radfahrer auf so einer ungemütlichen und letztlich unübersichtlichen Betonbrücke fühlt.

Der Stadtrat tagte: Planungen für neue Fußgänger-/Radfahrerbrücke zwischen Leutzsch und Böhlitz-Ehrenberg befürwortet + Video

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