Es dauert. 2018 war das, da machte das Oberverwaltungsgericht in Bautzen klar, dass das Radfahrverbot auf dem Leipziger Innenstadtring rechtswidrig ist. Doch die Schilder hängen bis heute. Auch weil der Ring an mehreren Stellen umgebaut werden muss, damit das Radfahren überhaupt sicher möglich ist. Die Grünen haben jetzt das Geld dafür beantragt.

Sie sind auch diejenigen, die seit zwei Jahren Druck machen, das OVG-Urteil endlich umzusetzen. 2019 zum Beispiel fragten sie an, warum das nicht einfach passiert. Die eigentliche Antwort steckte dann im Text der Stellungnahme der Verwaltung, wo das Baudezernat von „begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen“ sprach. Es hätte auch von fehlenden Planern sprechen können. Aber das wäre wohl zu deutlich gewesen.Bis heute weiß niemand, wie viele Planer/-innen in der Stadtverwaltung tatsächlich fehlen. Selbst auf Nachfrage in den Ausschüssen bekommen die Stadträte nur sehr brockenweise Auskunft.

Und natürlich ist es verständlich, wenn das Verkehrs- und Tiefbauamt betont, dass man den gesamten Innenstadtring eigentlich umplanen muss, damit darin überhaupt ein sicherer Radring entstehen kann. Denn gebaut haben das Ding die Planer der DDR-Zeit, die in den 1970er Jahren einen autobahnähnlichen Verkehrsknoten gebaut haben, mit dem sie auf Fußgänger und Radfahrer keine große Rücksicht nahmen.

Die Fußgänger wollte man eigentlich komplett raushalten und lenkte sie in Tunneln und über die riesige Brücke „Das blaue Wunder“ über den Ring. Radwege wurden an mehreren Teilstücken komplett weggelassen.

„Im ersten Schritt soll die Radwegbenutzungspflicht im Zuge des Dittrichrings bzw. Martin-Luther-Rings zwischen Käthe-Kollwitz-Straße und Karl-Tauchnitz-Straße aufgehoben werden. Dafür sind Anpassungen und Neuberechnungen an den Lichtsignalanlagen Dittrichring/Gottschedstraße, Martin-Luther-Ring/Lotterstraße und Martin-Luther-Ring/Karl-Tauchnitz-Straße erforderlich. Diese wurden bereits beauftragt und befinden sich in der Bearbeitung“, teilte das Planungsdezernat 2019 mit. Was ja bei einigen Leipzigern schon die Hoffnung auslöste, dass es sofort losgehen würde.

Aber dem war nicht so. Ende 2019 stellten die Grünen deshalb den Antrag: „Zur verkehrsplanerischen und baulichen Umsetzung des Urteils des OVG Bautzen zum Promenadenring sind finanzielle Mittel i.H. von mind. 2 Mio. EUR zur Verfügung zu stellen.“

Den Antrag lehnte die Verwaltung dann ab mit der Begründung: „Erst nach Abschluss der Planungen für die verschiedenen Abschnitte kann eine konkrete Kostenschätzung erfolgen und ein Zeitplan erstellt werden. Die Planungen sollen in 2020 erfolgen, sodass erforderliche Mittel für die bauliche Realisierung erst ab dem Doppelhaushaltsjahr 2021/2022 erforderlich werden.“

Doch da 2020 wieder nichts zu hören war, fragte diesmal Marcus Weiss (Die PARTEI) nach und erhielt auch Antwort. Bei einigen Teilabschnitten zeichnete sich tatsächlich eine Lösung ab.

Nur: Wer setzt das nun auch um? Das Jahr 2021 hat begonnen, die Haushaltsverhandlungen kommen in ihre heiße Phase. Da müsste also auch zwingend Geld eingestellt werden, um die Planungen zum Innenstadtring endlich zum Abschluss zu bringen, finden die Grünen.

Deshalb haben sie extra einen Änderungsantrag zum Doppelhaushalt geschrieben: „Im Ergebnishaushalt sind dafür 100.000 € in 2021 sowie 400.000 € in 2022 einzustellen. Zudem sind 2 VZÄ zur Umsetzung (1 VZÄ für Planung Lichtsignalanlagen + 1 VZÄ für Allgemeine Planung) für 2022 einzustellen.“

Denn die Auskunft zum Personalmangel im Verkehrs- und Tiefbauamt haben sie sehr wohl noch im Ohr.

Ihre Begründung: „Für die längst überfällige Umsetzung des Gerichtsurteils zur Freigabe des Promenadenrings für Radverkehr sind im Haushalt für 2021 sowie 2022 zu wenig Mittel eingestellt, um das Gerichtsurteil endlich umzusetzen. Aus diesem Grund sollen die Mittel in 2021 und 2022 jeweils eingestellt werden. Die bislang offene Hauptaufgabe ist die Anpassung der Planung der Lichtsignalanlagen auf dem Promenadenring sowie die Umsetzung. Hinzu kommt die Notwendigkeit baulicher Maßnahmen, um eine gesicherte Radverkehrsführung auf dem Promenadenring zu gewährleisten. Mit der Umsetzung des Gerichtsurteils leistet die Stadt zudem einen erheblichen Beitrag zur Förderung des Radverkehrs und damit zur nachhaltigen Mobilitätsstrategie. Für die Umsetzung sind zudem 2 VZÄ einzurichten, 1 VZÄ für das Thema Lichtsignalanlagen und 1 VZÄ für die Allgemeine Planung der Umsetzung auf dem gesamten Promenadenring.“

Perspektivisch muss der Promenadenring sowieso gründlich umgebaut werden – allein schon, um mehr Straßenbahnen durch dieses Nadelöhr lenken zu können. Gleichzeitig sollen die Fahrspuren für den Kfz-Verkehr reduziert werden, denn der überdimensionierte Ausbau der 1970er Jahr behindert in Wirklichkeit alle umweltfreundlicheren Verkehrsarten und schneidet die Innenstadt regelrecht ab von den Vorstädten.

Auch an diesen Plänen wird nun schon seit Jahren gearbeitet (Stichwort: erweiterte Innenstadt), doch noch immer sind die Pläne nicht konkret, obwohl sie einen erheblichen Beitrag liefern würden zum Klimaschutz und zur Mobilitätswende in Leipzig.

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