Leipzig ist an einem Punkt angekommen, an dem sich die Verkehrspolitik deutlich ändern muss. An dem aus schönen Worten endlich echte Verbesserungen im Radnetz werden müssen. „30 Jahre Kampf für mehr Platz fürs Rad sind noch nicht genug“, findet der ADFC Leipzig und ruft auf zur großen Fahrrad-Demonstration für eine verbesserte Radinfrastruktur und sichere Kreuzungen am Samstag, 22. August, ab 15:30 Uhr ab Peterssteinweg.

Und ganz zentral geht es dabei um den Promenadenring, über den nun seit acht Jahren jede Menge geredet und geschrieben wurde. Nur das, was die ganze Zeit von Leipzigs Verkehrsplanern erwartet wurde, haben sie nicht vorgelegt, obwohl es im 2012 beschlossenen Radverkehrsentwicklungsplan 2010–2020 eindeutig hieß: „Die Innenstadt soll für den Radverkehr möglichst flächenhaft nutzbar sein und Durchfahrt- und Umfahrungsmöglichkeiten bieten.“

Das ist übrigens einer der Punkte aus dem Handlungskonzept zum Radverkehr, das schon 2002 beschlossen wurde.

Als Punkt B 11 wurde es noch einmal konkretisiert: „Die Innenstadt soll für den Radverkehr möglichst direkt erreichbar sein und geeignete Umfahrungsmöglichkeiten für den Durchgangsradverkehr bieten. Die Festlegungen der Konzeption zur autoarmen Innenstadt sind dabei zu beachten. Die Innenstadt soll für den Radverkehr möglichst direkt erreichbar und auf geeigneten Strecken be- und umfahrbar sein.

Dazu erarbeitet die Verwaltung bis Ende II. Quartal 2015 unter Einbeziehung der AG Rad ein separates Konzept zur Netzgestaltung, Wegweisung und zum Fahrradparken für den Zentrumsbereich (Innenstadt + eine Blocktiefe außerhalb des Ringes) und legt dies dem Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau vor.“

Aber weder gibt es bis heute eine klar ausgeschilderte Durchfahrung der Innenstadt – mit dem Ergebnis, dass Radfahrer auch hier permanent in Konflikt mit der StVO kommen. Noch sind die Umfahrungen gesichert und ausgebaut. Und von den Zuwegungen muss man nicht reden, wenn bei jeglicher Baustelleneinrichtung an Hauptstraßen zuallererst die Radwege gesperrt und zugestellt werden.

Radfahrer/-innen merken sehr wohl, dass sich im Verkehrsdenken der Planer bis heute nicht viel geändert hat, dass Radverkehr immer nur die zusätzliche, ungewollte Verkehrsart ist, die man vielleicht noch in den Straßenraum quetschen könnte. Und auch wenn die Stadt Dutzende Radweg-Projekte vorweisen kann, ist das Leipziger Radnetz bis heute Stückwerk, gespickt mit Gefahrenstellen, die die Planer der Stadt nicht einmal wahrnehmen, weil sie augenscheinlich nie als Radfahrer dort unterwegs sind.

Beim ADFC Leipzig hat man den Fast-Stillstand bei der Schaffung des eigentlich schon 2002 versprochenen Radnetzes geradezu als quälend und bitter empfunden. Denn damit ist genau das eingetreten, was der Ausbau eigentlich mindern sollte: die Zahl der Verkehrsunfälle mit Radfahrern ist gestiegen. Und viele Leipziger scheuen den Umstieg aufs Rad, weil es nun einmal das versprochene und vor allem leistungsfähige und sichere Hauptroutennetz nicht gibt.

Die Problematik der fehlenden Radinfrastruktur wird besonders deutlich am Promenadenring, stellt der ADFC fest. Es gibt seit fast zwei Jahren ein rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts Bautzen zum Promenadenring, das besagt, dass ein Radverbot am Ring unzulässig ist. Dass dieses Urteil immer noch nicht umgesetzt wurde, ist aus Sicht des ADFC Leipzig nicht länger hinnehmbar.

„Überdimensionierte Kreuzungen am Ring führen dazu, dass Fußgänger und Radfahrende diese Kreuzungen in zwei oder drei Phasen überqueren müssen, während sie sehen, wie der Kfz-Verkehr nur eine Ampel passieren muss, um weiterzukommen“, erklärt Rosalie Kreuijer, stellvertretende Vorsitzende des ADFC Leipzig.

Seit 30 Jahren existiert der ADFC-Kreisverband in Leipzig und seit mehr als 10 Jahren kämpft er für gute Radverkehrsanlagen am Promenadenring. Ebenso lange setzt sich der ADFC Leipzig beispielsweise schon für eine sichere Radspur auf der Harkortstraße, am Floßplatz und auf der Dufourstraße ein.

Die Demonstration am Samstag, 22. August, führt über den Ring und endet am Bundesverwaltungsgericht.

Alle Radfahrenden sind zur Teilnahme aufgerufen. „30 Jahre Kampf für mehr Platz fürs Rad sind noch nicht genug,“ sagt Rosalie Kreuijer. „Wir machen noch mindestens 30 Jahre weiter!“

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