Stück für Stück und mit erheblichem Planungsaufwand bringt das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) den lang erwarteten Radweg auf den Asphalt des Promenadenrings. Erst im Mai konnte dabei ein Abschnitt am Augustusplatz und Gewandhaus verwirklicht werden. Noch endet er an der Parkanlage, wo der grüne Radweg wieder auf den Fußweg neben der Straße geführt wird.

Aber: Das MTA kündigte schon an, dass der verkehrsgrün eingefärbte Radweg unbedingt bis zum schon existierenden Radstreifen am Neuen Rathaus fortgeführt werden soll.

Das war diesmal nur deshalb noch nicht möglich, weil dazu aufwändige Veränderungen an den Ampelschaltungen insbesondere an der Universitätsstraße notwendig sind. Oder mit den Worten der Verwaltung: „Eine Verlängerung des neuen Radfahrstreifens in Richtung Neues Rathaus ist vorgesehen, zunächst muss jedoch die bestehende Ampel vor der Universitätsstraße umfangreich neu programmiert werden. Entlang der Lenné-Anlage führt aktuell ein gemeinsamer Geh- und Radweg, der an den neuen Radfahrstreifen anschließt.“

Ab ins Promenadengrün!

Doch schon die Ankündigung rief die autoverliebte CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat auf den Plan, welche die Gelegenheit nutzen möchte, die Fortführung des Radstreifens unbedingt zu verhindern. Dabei bringt sie einen Antrag ein, der die Kompetenzen des Stadtrates deutlich überschreitet. Was man eigentlich in der CDU-Fraktion inzwischen gelernt haben müsste: Verkehrsrechtliche Anordnungen fallen ganz und allein in die Hoheit der Stadtverwaltung. Der Stadtrat hat dazu kein Beschlussrecht.

Aber genau das möchte die CDU-Fraktion mit ihrem Antrag gern wahrnehmen: „Die Ratsversammlung beschließt, dass eine Verlängerung des Radweges zwischen dem Gewandhaus und dem Neuen Rathaus auf dem Ring nicht weiterverfolgt wird. Von entsprechenden Planungen und baulichen Maßnahmen ist abzusehen. Die weitere Entwicklung von Radverkehrsangeboten um den Innenstadtring erfolgt unter Mitnutzung der Wege im/am Promenadengrün und nach Untersuchung der tatsächlichen Radverkehrsziele und –bedarfe.“

Genau das aber sind Kriterien, die allein die Leipziger Straßenverkehrsbehörde beurteilen darf. Und zwar vor allem unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer. Und sicherer wird das Radfahren ganz bestimmt nicht, wenn die Radfahrer immer wieder vom Promenadenring herunter gelotst werden, um dann wieder mit Fußgängern einen Weg zu teilen.

Da fährt man doch nicht zum Spaß!

Entsprechend gewunden liest sich dann die Begründung des CDU-Antrags. Worum es der Fraktion tatsächlich geht, wird gleich im ersten Satz des Antrags deutlich: „Bei Schließung des Fahrradweges auf dem Ring zwischen Gewandhaus und Neuem Rathaus fällt eine weitere Spur weg, die auch außerhalb sog. Rush hour überdurchschnittlich belegt sind“, meint die CDU-Fraktion einfach mal.

„Wie an anderer Stelle des Rings kann der parallele Weg am Rande des Ringgrünes den Radverkehr aufnehmen, wie es aktuell zwischen Gewandhaus und Universitätsstraße angeordnet ist. Dazu muss sicher der Fußverkehr attraktiv angepasst werden, damit keine weiteren Konflikte konstruiert werden.“

Wie sich Radfahrer am Promenadenring bewegen, darüber scheint die CDU-Fraktion ganz eigene Vorstellungen zu haben: „Ein Radweg um den Ring dient ja nicht dazu, zum Spaß um den Ring zu fahren, sondern den Ring abschnittsweise für konkrete Ziele zu nutzen. Dabei sind besonders Konfliktstellen zwischen den verschiedenen Verkehrsarten zu minimieren.“

So könnten Radstreifen auf dem Abschnitt Roßplatz aussehen. Visualisierung: Ökolöwe
So könnten Radstreifen auf dem Abschnitt Roßplatz aussehen. Visualisierung: Ökolöwe

Aus Sicht der CDU heißt das in zahlreiche Anträgen immer wieder, dass die Radfahrer die Wege abseits der Hauptstraße nutzen sollten, auf parallelen Rad-/Fußwegen oder in Nebenstraßen. Aber möglichst nicht auf dem Asphalt der Hauptstraße. Obwohl das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen schon 2018 festgestellt hatte, dass es ein generelles Radfahrverbot auf dem Leipziger Innenstadtring nicht geben darf.

Aber dass die CDU-Fraktion die Sache ausschließlich durch die Windschutzscheibe betrachtet, wird deutlich, wenn sie betont: „Leipzig ist ein Oberzentrum und der Kreuzungspunkt mehrerer Fernverkehrsstraßen. Die Leichtgängigkeit muss besonders für den Fernverkehr und den Besucherverkehr gesichert werden, da für diese die alternativen lokalen Angebote nicht die gleiche Wirkung entfalten können, wie für ansässigen Verkehrserzeuger.“

Seit 2021 legt das MTA schrittweise Radfahrspuren in Verkehrsgrün auf dem Promenadenring an, die ihre Wirkung freilich erst richtig entfalten, wenn sie durchgängig und mit den Zufahrtsstraßen sicher verbunden sind. Aus Sicht des Ökolöwen geht das Ganze sowieso viel zu langsam. Im März erst forderte der Umweltverbund die Herstellung eines durchgehenden Radrings bis 2027. Dazu gehört auch der Abschnitt an Roßplatz und Wilhelm-Leuschner-Platz, den die CDU-Fraktion mit ihrem Antrag jetzt verhindern möchte.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 8 Kommentare

Ich würde mir wünschen, dass nicht mehr alles an Fahrzeugen zugelassen wird, was irgendwer bauen / importieren / verkaufen möchte. Eingebaute Fehlzündungen, technisch nicht ausgereizte Schalldämpfung in Auspuffanlagen (von “Hochzüchtung” ganz abgesehen), 300 PS starke Motoren (wo macht man die Grenze…), Fahrzeuge die keine Wirtschaftsfahrzeuge sind, aber größer als ein Touareg (wo macht man die Grenze?), und so weiter. Solche Produkte, die im Grunde den allergrößten Teil der Leute nerven, müssten vom Bund her verhindert werden. Und nicht lokale Maßnahmen wie hier ein kleiner Superblock, da ein Radstreifchen, dort eine Anwohnerparkzone, um all die dämlichen Effekte zu verkleinern, die diese Dinger verursachen, am Ende aber auch gegen “normale” Autonutzer wirken.
Klar, dem Spaßradler der kitical mass ist im Zweifel auch der Golf ein Dorn im Auge, aber selbst der wuchs in den letzten Modellpflegen immer weiter…

Was die Wirkung von Tangentenviereck und Autobahnring angeht: Soll das heißen, der aufklärerische Anglizismus des “Traffic evaporation” stimmt doch nicht? Die Dinger verschwinden nicht einfach? :-O

Was Fernverkehr angeht, ebenso wie das Mobilitätsverhalten von Großstädtern, über die gesagt wird, sie bräuchten generell kein Auto: Hat Fernverkehr manchmal auch ein Ziel oder einen Beginn innerhalb von Städten?
Und als weitere Frage zum Fernverkehr auf dem Innenstadtring, auf die die CDU natürlich nicht kommt (weil generell doof und Michi und so): welcher Spediteur, welcher Fahrer, möchte ohne Ziel oder Start in Leipzig unbedingt durch Leipzig fahren und sich das antun, wenn er per Autobahn deutlich besser drumherum kommt?

Hallo Urs,
> “Wieso sollte man nun dem eigentlichen Gerichtsurteil nicht folgen und nunmehr das Radfahren auf dem Ring ganz ohne grüne Radwege erlauben, wenn doch nun nur noch sooo wenig Autoverkehr daselbst stattfindet?”
Besser nicht. Hab ich gestern selbst erlebt, als ich vom Gewandhaus Richtung Leuschnerplatz mit dem Auto gefahren bin. Zwei Radler wollten wohl nicht mit dem grünen Weg nach rechts verschwenken, sondern blieben gestikulierend (unter anderem Stinkefinger) auf der rechten Fahrbahn vom Ring. Ganz ehrlich – wenn es die obersten Spitzen von Ärgernis und Aggression abschneidet, dann her mit der grünen Therapiefarbe.

Es hat fürher eigentlich immer Spaß gemacht (in beiden Richtungen dort), mit anderen Autofahrern um die Wette die Ampeltaktung auszutricksen (okok, km/h natürlich weit über erlaubt). Kreuz und quer die Spuren wechseln, um eine gute Position an der Ampel Grimmaischer Steinweg oder Leuschnerplatz zu erreichen.

Sehr vernünftig, das mit einem grünen Streifen zu unterbinden. Da sollten die Abbiegespuren aber auch neu sortiert werden.

Das OVG, lieber Autor, hat nicht verlangt, daß Radwege angelegt werden, Sie wissen das. Das OVG fand, daß 2018 der Kfz-Verkehr auf dem Promenadenring an bestimmten Stellen nicht zahlreich genug wäre, um das Radfahren auf eben diesen Ringstellen weiterhin zu untersagen. Da diese Sicht noch dem Verstocktesten einen Schauder über den Rücken gejagt hatte, hatte die Stadtverwaltung Schaden von der Allgemeinheit abzuwenden versucht, indem hie und da grüne Radwege ausgewiesen wurden.

Nun lesen wir die Zahlen von User “radograph”, der sich auskennt, und stellen fest, daß der Autoverkehr auf dem Ring noch zwei Drittel vergangener Tage ausmacht. Wieso sollte man nun dem eigentlichen Gerichtsurteil nicht folgen und nunmehr das Radfahren auf dem Ring ganz ohne grüne Radwege erlauben, wenn doch nun nur noch sooo wenig Autoverkehr daselbst stattfindet? Für den kaum noch Platz erforderlich ist!? Und daß man vor dem Hauptbahnhof radfahren können sollte, hatte das OVG eben ausdrücklich nicht verlangt, auch nicht dort in Roßplatznähe. Aber das OVG-Urteil ist weiter Goldes wert, um Vorgehen zu begründen, was gar nicht damit begründbar ist, aber wen schert’s?

Selbstverständlich wollen alle Spaß, nicht nur die Damen und Herren von der CDU. Jeden letzten Freitag, las ich, gibt es immer solche Ausfahrten von Velozipedisten im Pulk, wenn das nicht zum Spaß ist, weiß ich auch nicht.

radograph – das sehe ich auch so.
Meist lese ich bei den CDU-Vorschlägen heraus, dass sich Radfahrer, Fußgänger oder sonstige den Verkehr Störende mit Nebenstraßen oder anderen Wegen begnügen sollen. Sie sollen möglichst am Rand, besser aber in der Peripherie ihre Wege verrichten.
Dass aber genau diese bereits jetzt eine erhebliche Verkehrslast von den Straßen aufgenommen haben, trotz teils widriger Verhältnisse, wird völlig übersehen / ignoriert, und obendrein mit den Füßen getreten.
Dass die nach wie vor steigende Anzahl, Vergrößerung und Gewichtszunahme (Verschleiß) von Pkw zum täglichen Kollaps im begrenzten Straßenraum beitragen, wird ebenfalls ausgeblendet.
Man ist nur genervt von den “Ideologen”, die sich um andere, nachhaltigere Verkehrsträger kümmern.

Fernverkehr vom Ring fernzuhalten ist doch längst Realität: Mit dem Autobahnring, mit den Tangentialen des Mittlerer-Ring-Konzeptes und mit dem Tangentenviereck. Nicht umsonst hat sich der Verkehr z.B. auf dem in Rede stehenden Abschnitt von 36700 KFZ/24h auf der Verkehrsmengenkarte 2002 auf 28700/24h auf der aktuellen, am Bahnhof von 60600/24h auf 41500/24h verringert. Auch auf den meisten anderen Ringabschnitten gab es trotz des Wachstums der Stadt einen Rückgang um ca. 1/3. Der Schwerlastverkehr ist sogar noch weiter zurückgegangen.

Die undifferenzierte Forderung der CDU nach kompletter Einstellung der Planung am Roßplatz legt nahe, dass sie Menschen, die ohne Auto unterwegs sind, für Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse hält. Wie sonst wäre es zu erklären, dass sie die alleinige KFZ-Nutzung der wenig befahrenen Rechtsabbiegespur in die Universitätsstraße über die Vermeidung der offensichtlichen Konflikte im Slalom um Straßenbahnmast und dicken alten Baum auf dem gut frequentierten gemeinsamen Geh- und Radweg zur Ringquerung vor der Universitätsstraße stellt? Mit der angeblichen Konfliktvermeidung waren wohl nur Konflikte mit dem KFZ-Verkehr gemeint.

@Christian: Das ist zu kurz gedacht. Fernverkehr raus aus der Stadt heißt, dass dieser gar nicht erst innerhalb des Autobahnringes gelangt, sondern auf diesem um die Stadt herum geleitet wird! Geht sowieso schneller…

Das, EarlGrey, wäre eine erste große und nachhaltige Maßnahme, um Verkehr in der Stadt zu reduzieren.
Damit spielen sie der motorisierten CDU allerdings erneut in die Hände, die dann den Mittleren Ring aus der Schublade holt. Der ja auch aufgrund einer verdichteten Stadt keinen Sinn ergibt.

Und die Verdichtung kommt u.a. von der propagierten Wundertüte “Tourismus”, für den ein Hotel nach dem anderen gebaut wird und zahlreiche legale und illegale Ferienwohnungen betrieben werden. Neben der Verbeliebigung einer individuellen Stadt .
Klar brauchts dann wieder breite Magistralen für den Wirtschaftsverkehr.
Und die genervten Anwohner, die früher keine Probleme hatten, in ihrer eigenen Stadt unterwegs zu sein.
Alles andere ist ja dann ideologisch…

Hahaha, diese Ideologen!

Sprach letztens nicht Fraktions-Michi vom Autofahren, was Spaß machen soll? Aber ein “Radweg um den Ring dient ja nicht dazu, zum Spaß um den Ring zu fahren”. Also ist Radverkehr nur Zweck und der Spaß sollte aussen vor bleiben? Stimmt, 3,25m ist einfach zu viel!
Schön wäre natürlich, wenn der “Fernverkehr” gar nicht erst den Innenstadtring erreicht. Darauf kommt aber natürlich keiner in der CDU.

Schreiben Sie einen Kommentar