So richtig teilt die Mehrheit in der Ratsversammlung nicht die Sorgen der CDU um Fußgänger oder ältere Radfahrer/-innen. Dazu tauchte die CDU-Fraktion im Leipzig Rat viel zu selten mit sinnvollen Ratschlägen für den Rad- und Fußverkehr auf. Und auch beim neuesten Antrag „Farbliche Markierung für Radwege“ erschloss sich nicht wirklich, worum es der Fraktion eigentlich ging. Das konnte auch CDU-Stadträtin Sabine Heymann nicht wirklich erklären.

Auch wenn sie eifrig Personen „in meinem Alter“ zitierte, die sich ungern auf die farblich am Ring markierten Radwege wagen, weil sie sich dort unsicher fühlen. Was nur zu verständlich ist. Die grün markierten Radstreifen sind immer noch ein Torso. Viele Anschlussstücke fehlen noch, bis es rund um den Ring wirklich ein durchgängig sicheres Radnetz gibt, werden noch Jahre vergehen.

Der Antrag der CDU-Fraktion

Aber die CDU-Fraktion hatte diesmal nicht beantragt, die in Verkehrsgrün aufgetragenen Radstreifen wieder zu entfernen. Gerade in der Diskussion um den Radstreifen am Hauptbahnhof hatte sie bis jetzt immer wieder Niederlagen erlitten.

Stattdessen hatte sie diesmal beantragt: „Die bestehenden Radstreifen/Radwege im Innenstadtbereich werden zeitnah an folgenden besonders sensiblen Bereichen farblich gekennzeichnet:
1.    Vor dem Hauptbahnhof
2.    Nördlich der „Höfe am Brühl“
3.    Fahrradstraße Große Fleischergasse bis zum Neuen Rathaus

Die Stadtverwaltung legt bis zum 31.12.2022 ein Konzept vor, an welchen weiteren konfliktbehafteten Orten im Stadtgebiet eine solche Markierung künftig erfolgen soll. Die entsprechenden Mittel sind im Doppelhaushalt 2023/24 einzustellen.“

Also noch ein Konzeptwunsch. Nur: Mit welchem Inhalt?

Grün gibt’s nur auf dem Promenadenring

Mit dem Radstreifen „vor dem Hauptbahnhof“ meinte die Fraktion auch gar nicht den 2022 aufgetragenen Radstreifen auf der Fahrbahn. Das erwähnte Sabine Heymann nebenbei, für die der alte Radweg, der auf dem Fußweg vorm Hauptbahnhof verlief, ein voll funktionsfähiger Radweg war – und irgendwie auch noch ist. Doch genau das – die farbliche Markierung dieses Weges – ist nicht möglich.

Das war schon mehrfach Thema im Stadtrat. Dagegen sprechen Denkmalschutzgründe. Aber inzwischen eben auch die Tatsache, dass der Radstreifen auf der Fahrbahn längst farblich markiert ist. Verkehrsgrün, wie Baubürgermeister Thomas Dienberg erklärte.

Grüner Radweg am Hbf, Ampel, Radfahrer.
Grün eingefärbter Radweg vorm Hauptbahnhof. Foto: Lucas Böhme

Was nun bei der CDU-Fraktion die Frage aufwarf: „Gleichzeitig erklärt die Stadtverwaltung, auf Leipzig.de zur Frage ‚Werden auch andere Radfahrstreifen in Leipzig grün markiert und Piktogramme auf die Straße gebracht?‘ – ‚Nein, grün eingefärbt werden nur die Radfahrstreifen am Innenstadtring.

Das gesamte und zukünftige Netz der Radverkehrsanlagen in Leipzig ist einerseits viel zu umfangreich, um dies überall zu realisieren. Die Einfärbung wie auch die Piktogramme am Ring sollen andererseits auf die neue Situation an dieser Stelle hinweisen, die zuvor über Jahrzehnte allein dem Kfz-Verkehr vorbehalten war und zur Sensibilisierung der Verkehrsteilnehmer beitragen.‘

Doch das schien aus CDU-Sicht keine Aufklärung zu bringen. „Die Sensibilisierung ALLER Verkehrsteilnehmer ist aber überall dort wichtig, wo mehrere Verkehrsarten aufeinandertreffen“, schrieb sie in ihrem Antrag, der am 22. Mai in der Ratsversammlung zur Abstimmung kam.

„An den im Beschlusspunkt 1 genannten Stellen kommt es regelmäßig zu Konflikten, weil die Radwegkennzeichnung insbesondere für Fußgänger nicht eindeutig erkennbar ist. Durch eine farbliche Markierung an diesen neuralgischen Punkten kann die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer auf einfache Weise spürbar verbessert werden.“

Der neue Radstreifen funktioniert

Doch diese sehr eigene Sicht der CDU-Fraktion konnte das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA), das zum Antrag Stellung nahm, nicht teilen. Im Gegenteil: Was aus CDU-Sicht nicht zu funktionieren scheint, funktioniert nach den ersten Erfahrungen der Verkehrsplaner eben doch.

So wie am Hauptbahnhof: „Hier wurde 2023 auf Basis einer verkehrsrechtlichen Anordnung die Einordnung eines Radfahrstreifens auf der Fahrbahn umgesetzt, um die Konfliktsituation vor allem mit dem Fußverkehr im Ein- und Ausgangsbereich des Bahnhofsgebäudes deutlich und mit Erfolg zu entschärfen. Um den gesamten Radverkehr vor dem Eingangsbereich des Hauptbahnhofs aus dem Gehwegbereich herauszunehmen, ist die Freigabe des Radfahrstreifens unmittelbar vor dem Hauptbahnhof auch in Gegenrichtung Gegenstand einer noch laufenden Planung.“

Und wie sieht es mit den Radwegen nördlich der Höfe am Brühl aus?

„Zur Konfliktentschärfung Rad-/Fußverkehr wurden Ende 2023 sowohl auf Höhe der reformierten Kirche als auch über den Radweg nördlich entlang der Höfe am Brühl Fußgängerüberwege markiert, die verkehrsrechtlich eindeutig klarstellen, dass nun an den Querungsstellen des Radwegs der Fußverkehr Vorrang vor dem Radverkehr hat. Inwieweit sich diese Verkehrsregelung bewährt wird evaluiert“, stellt das VTA fest.

Und wie ist das mit der Einfärbung der Fahrradstraße Große Fleischergasse bis zum Neuen Rathaus?

Mit seiner Stellungnahme bestätigt das VTA hier, was es schon 2021 zu diesem Thema gesagt hat: Fahrradstraßen werden in Leipzig nicht eingefärbt.

„Die Einfärbung ist hier zur Konfliktvermeidung mit dem Fußverkehr nicht erforderlich, da dieser hier die Gehwege benutzen muss. Der Kfz-Verkehr wird mittlerweile neben der Beschilderung auch mit den extra entwickelten großen Fahrradstraßen-Piktogrammen auf der Fahrbahn auf die Verkehrsregelung hingewiesen“, so das VTA.

Der Promenadenring ist ein Sonderfall

Aber weil die CDU bei dem Thema nicht locker lassen will, wie auch Sabine Heymann am 22. Mai betonte, erklärte das VTA die Sache mit dem verkehrsgrün eingefärbten Radring lieber noch einmal: „Die ausschließlich auf dem Promenadenring zum Einsatz kommende Grüneinfärbung der dort neu angelegten Radfahrstreifen erfolgt aus dem Grund, hier eine nach mehreren Jahrzehnten neue Verkehrsführung für den Radverkehr besonders kenntlich zu machen. Alle Verkehrsteilnehmer sollen auf diese Änderung aus Gründen der Unfallprävention aufmerksam gemacht werden.

Sonderfall kann jedoch schon allein aus Kostengründen nicht dazu herangezogen werden, alle Stellen im Leipziger Straßennetz, an denen sich verschiedene Verkehrsströme unterschiedlicher Verkehrsträger kreuzen, farblich zu kennzeichnen.

Die eindeutig in § 1 oder durch die Vorfahrtsregelungen der StVO bestehenden Rechte und Pflichten aller Verkehrsteilnehmer bedürfen im Regelfall keiner besonderen farblichen Unterstützung. Die davon geltenden Ausnahmen für Unfallschwerpunkte an Knotenpunkten werden bereits automatisch und systematisch bearbeitet.“

Es geht hier also nicht – wie Sabine Heymann es formulierte – um „cooler und moderner“, sondern um Sichtbarkeit und das Entflechten von Verkehrsströmen. Und natürlich um das, was in Leipzig fehlt.

Deswegen wird es auch außerhalb des Promenadenrings weitere Anpassungen im Radnetz geben, wie das VTA erklärte: „Davon unbenommen wird grundsätzlich an neu zu planenden Knoten des Hauptstraßennetzes, an denen Radverkehr auf Hauptrouten des HauptnetzRad in den Qualitätsstufen IR II und IR III bereits stattfindet oder vorgesehen ist, planerisch dafür Sorge getragen, durchgängige und sichere Radverkehrsanlagen nach den Regeln der Technik sowohl im Streckenverlauf der Hauptverkehrsstraße wie auch an den Knotenpunkten herzustellen.

Dabei wird neben der bestmöglichen Trennung des Radverkehrs vom Kfz-Verkehr (z.B. mit Hilfe von markierten Furten) auch auf eine weitestgehende Trennung von Fuß- und Radverkehr und eine Reduzierung möglicher Konfliktpunkte geachtet. Sofern dies aus Platzgründen nur mit farblichen Elementen möglich ist, werden diese alternativ eingesetzt, als sog. Sharrows oder der Markierung von Kombispuren, bei dem in gering vom Kfz-Verkehr belegten Rechtsabbiegespuren der Radverkehr mitgeführt wird. Diese Lösungen werden zudem zukünftig durch punktuelle Einfärbung der Radfahrmarkierungen deutlicher hervorgehoben.“

Und da das eigentlich mittlerweile Arbeitskonsens im Stadtrat ist, stellte SPD-Fraktionsvorsitzender Christopher Zenker dann einfach den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung. Und der bekam eine mehr als deutliche Mehrheit von 51:10 Stimmen bei einer Enthaltung. Womit sich der CDU-Antrag erledigt hatte.

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Es gibt 4 Kommentare

Der große Aktionismus mit seinen lustigen Argumenten damals hat zumindest dazu geführt, dass a) ganz paar Leute vor der Wahl die Nase nun wirklich voll haben und b) dort viele Leute sicherer fahren, weil nun alles langsamer geht und man nicht mehr so viele Spurwahlmöglichkeiten hat, was nun aber für viele Fahrer offenbar besser ist als vorher. Ich komme eigentlich zu einem positiven Fazit.

Es wurde markiert, und das ist durchweg positiv zu werten, ungeachtet dessen, daß “urs” mal wieder suggerieren möchte, daß dies seinem Autoprivileg schaden würde. 😀
(Zum Glück mensch immer mehr machen als das absolute Minimum an juristisch verordneten Maßnahmen)

Sebastian Thurm

Stimmt, lieber User “Rudi”, und das, obwohl das OVG Bautzen das 2018 ausdrücklich nicht verlangt hatte.

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