Ein heftiges Stück reale Kommunalpolitik gab es dann in der Ratsversammlung am 31. März, als die beiden Grünen Stadträte Michael Schmidt und Kristina Weyh einen Antrag erneut stellten, der zuvor wieder ins Verfahren zurückverwiesen wurde. Es ging um das Hortgebäude der 60. Grundschule in der Seumestraße, zu dem der Stadtrat schon 2017 einen Beschluss gefasst hatte.

Das Drama wird hier an einer Wortmeldung des Ortschaftsrats Hartmannsdorf-Knautnaundorf aus dem Jahr 2018 deutlich. Die Stadt hat zwar damals noch mit dem Gedanken gespielt, einen neuen Standort für die Schule zu suchen. Aber das ist in Leipzig längst schwerer als ein komplexer Sanierungs- und Erweiterungsplan für die Bestandsgebäude.Und in diesem Fall hat sich das, was 2017 noch so vage aussah, Stück für Stück konkretisiert. Erst wurde das Schulgebäude angepackt, aktuell wird die Sporthalle gebaut, die in einem Jahr nutzbar werden könnte.

Da wäre es eigentlich klug und sinnvoll, danach sofort mit dem Hortgebäude weiterzumachen, das – wie Michael Schmidt erläuterte – zwar in einer schönen Villa untergebracht ist, aber der Zustand des Gebäudes wäre mittlerweile nicht mehr akzeptabel. Und wenn der Antrag jetzt erst wieder beraten werden müsste, würden Gelder für die Planungen erst ab 2023 bereitstehen, mit Baumaßnahmen wäre dann gar erst 2026/2027 zu rechnen.

Ein Thema, das in Knauthain/Knautkleeberg durchaus die Gemüter der Eltern beschäftigt. Also beantragten Schmidt und Weyh, jetzt in der Ratsversammlung zum Doppelhaushalt über das Hortgebäude abzustimmen.

Und prompt meldete sich Ute Köhler-Siegel für die SPD-Fraktion und beantragte, was Schmidt schon befürchtet hatte, dennoch die Verweisung ins Verfahren. Was sie auch begründete, denn jedes einzelne Schulprojekt, das vorgezogen wird, bedeutet mittlerweile, dass dafür ein anderes Schulprojekt nach hinten verschoben wird.

Und so dringende Probleme wie beim Hort der 60. Grundschule gibt es bei Dutzenden Leipziger Schulen. Zum riesigen Investitionsstau der Stadt gehört nun einmal auch die Tatsache, dass neben vielen Schulneubauten auch viele Schulsanierungen und -umbauten in der Warteschleife stecken und weniger das Geld das Nadelöhr ist als es die Planungskapazitäten sind.

Über die Reihenfolge der Maßnahmen müsste im zuständigen Ausschuss Jugend, Schule und Demokratie  entschieden werden, so Köhler-Siegel. Und auch wenn die Problematik Schulneubau und Schulsanierungen seit zehn Jahren Priorität hat in Leipzig, wird es noch Jahre dauern, bis Leipzig den riesigen Berg abgearbeitet hat, der sich auch in Zeiten aufgetürmt hat, in denen noch viel weniger Geld für Investitionen da war.

Und so folgte die Stadtratsmehrheit dem Antrag von Ute Köhler-Siegel, den Antrag ins Verfahren zu verweisen, mit 39:15:5 Stimmen.

Und ebenso logisch war, dass Michael Schmidt ins Protokoll gab, dass die beiden Grünen ihren Antrag nun unter Protest zurückzogen. Was zumindest eine verbale Zeichensetzung ist, nachdem gleich drei Stadtratsbeschlüsse nicht zum Erfolg geführt hatten – zumindest nicht, was den Hort der 60. Schule betrifft. Das Thema machte zumindest kurz noch einmal sichtbar, wie sehr Leipzig nach wie vor den eigenen Ansprüchen beim Schulbau hinterherläuft.

Der Mitschnitt Stadtrat 31. März 2021

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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