Es wird wohl so sein, dass Oberbürgermeister Burkhard Jung zur nächsten Ratsversammlung am Mittwoch, 24. Oktober, die nächste Petition überreicht bekommt. Diesmal eine, die der NuKLA e.V. initiiert hat, wo die Sorge wächst, dass im Leipziger Auwald weiter drauflos gefällt wird, wie es der Stadtrat nun beschlossen hat. Das Thema der enormen Baumverluste im geschützten Auwald ist im Stadtparlament noch lange nicht angekommen.

Es ist ja nicht so, dass es im Auwald eine Notwendigkeit gibt, massiv mit Fällarbeiten einzugreifen. Nicht einmal im Zusammenhang mit dem viel beschworenen Eschentriebsterben. Was selbst der zum Beschluss vorgelegte Forstwirtschaftsplan zeigte, den die Abteilung Stadtforsten nach dem heftigen Einspruch des NuKLA e. V. gegen die Baumfällungen deutlich angepasst hat. Man hat extra wissenschaftliche Beratung aus der Uni und vom iDiV dazugeholt. Im Ergebnis bleiben die 150 Jahre alten Eschen jetzt erst einmal stehen, nur die Jungbestände werden entfernt.

Was zwar auch nicht wirklich viel mit schonender Waldpflege zu tun hat. Noch gilt in Leipzig das in den 1990er Jahren entwickelte Ziel, im Auwald wieder reine Mittelwaldbewirtschaftung wie im Mittelalter zu implementieren, also einen künstlichen Wirtschaftswald mit zielgerichtet hergestelltem Baumbesatz zu schaffen.

Was aber nichts mit der natürlichen Zusammensetzung von Auenwäldern zu tun hat. Die wird Leipzig erst wieder bekommen, wenn sich Stadt und Land endlich darauf einigen, größere Teile der Elsteraue wieder für regelmäßige Überschwemmungen und eine wirklich naturbelassene Entwicklung zu öffnen.

Aber selbst dort, wo das aus Hochwasserschutzgründen nicht möglich ist, ist die Schaffung eines bewirtschafteten Mittelwaldes eigentlich nur die Imitation mittelalterlicher Waldbewirtschaftung, als die Leipziger noch ihr Vieh in die Wälder trieben und sich dort ihr Brennholz holten.

Mit einem natürlich entwickelten Wald hat das wenig zu tun. Und wie radikal die Eingriffe sind, wenn solche Femellöcher geschlagen werden, ist im Waldgebiet Nonne mittlerweile gut zu besichtigen: Hunderte über 100 Jahre alte Bäume wurden gefällt – und damit wurde eine sich bis dahin selbstregulierende Waldgemeinschaft ohne Zwang einfach zerstört.

Mitsamt ihrem Artenreichtum und ihrer enormen Bioleistung, die nun einmal erst Wälder entfalten, die 100 Jahre und älter sind. Man zerstört einen artenreichen Wald, um künstlich einen Wunschwald aufzubauen, der frühestens in 100 Jahren wieder seine volle Funktionsbreite entfaltet.

Freigeschlagenes Femelloch im Waldgebiet Nonne. Foto: Ralf Julke
Freigeschlagenes Femelloch im Waldgebiet Nonne. Foto: Ralf Julke

Hier prallen ganz unübersehbar zwei Sichten auf die Funktionsweise von Wäldern aufeinander, die sich nicht wirklich vereinbaren lassen – die der künstlichen Waldveränderer und die der Waldbewahrer.

Und zumindest bei NuKLA ist man überzeugt, dass die erste Art, den Wald künstlich zu verändern, gerade in unseren Zeiten mit gewaltigem Artenschwund und spürbarem Klimawandel die falsche ist.

Und deshalb fordert Wolfgang Stoiber als Vorsitzender des NuKLA e.V. einen richtigen Auwaldschutz jetzt.

Was er in seiner Petition so begründet: „Der Leipziger Auwald ist einer der bedeutendsten Auwälder in Europa. Er zieht sich mitten durch eine wachsende Großstadt und ist gleich mehrfach geschützt. Als Naturschutzgebiet (NSG), Landschaftsschutzgebiet (LSG), als NATURA2000- und/oder Vogelschutzgebiet. Doch wirklich geschützt ist der Auwald dadurch nicht wie die massiven Baumfällungen der Vergangenheit und vor allem diejenigen, die geplant sind, zeigen.

Seine großen alten Bäume sind gerade in Zeiten des Klimawandels unverzichtbar. Seit Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts wird zunehmend mit forstwirtschaftlichen Arbeiten in die alte Baumsubstanz eingegriffen. Ab Herbst 2018 sollen wieder 8.000 Festmeter Holz eingeschlagen werden. Um als wertvolles Auenökosystem (das in mehrfacher Hinsicht deutlich wertvoller als ‚nur‘ ein Wald ist) erhalten zu bleiben, braucht der Leipziger Auwald keine forstlichen Eingriffe, insbesondere keine Rodung alter Bäume, sondern schwankende Grundwasserspiegel, wiederkehrende Überflutungen und Schutz!

NuKLA fordert deshalb: Stopp dem Holzeinschlag, Naturschutz statt Forstwirtschaft! Die alten Bäume sollen für uns Menschen leben dürfen!“

Das erfordert natürlich ein anderes forstwirtschaftliche Denken – weg von der menschlichen Hybris, Wälder künstlich dazu zu zwingen, so zu sein, wie es im Lehrbuch steht. Hin zu einem schonenden und bewahrenden Umgang mit den gewachsenen Wäldern.

So, wie es der Förster Peter Wohlleben mittlerweile in zahlreichen Fernsehbeiträgen erklärt hat.

So wie in diesem Beitrag auf Phönix.

Zur Petition von NUKLA im Netz

300 Unterschriften will Wolfgang Stoiber sammeln und dann dem Oberbürgermeister übereichen in der Hoffnung, die Botschaft erreicht auch das Verständnis der politischen Entscheider in Leipzig. Oder löst zumindest endlich das Umdenken aus, das sich viele Leipziger wünschen, wenn sie die Einschläge im Leipziger Auenwald sehen.

Die Femel-Wirtschaft im Auenwald begünstigt augenscheinlich vor allem eingewanderte Pflanzen aus Asien

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Ach, da gibt’s wohl doch noch einen sich einsetzenden Naturschutzverein, kaum zu glauben.

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