Mit der theatralen Enthüllung eines Erich Kästner-Zitates an der Hausfassade des Theaters der Jungen Welt Leipzig setzte das TdJW am Freitag, 8. Mai, dem 75. Jahrestag der Befreiung, ein Zeichen für Demokratie. Das Zitat ist recht lang, aber deutlich: „Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf…“

Erich Kästner, der 1919 bis 1927 in Leipzig lebte, war ein genauer Beobachter und scharfer Kritiker der Nationalsozialisten. Das Zitat stammt aus dem Jahr 1958. Jürgen Zielinski, Intendant des Theaters der Jungen Welt, sagt dazu: „Inmitten der Corona-Krise wird versucht, weiterhin zur Spaltung der Gesellschaft beizutragen. Unsere Aktion versteht sich als performatives Zeichen für die Demokratie! Wir wollen dazu aufrufen, jeglicher Demokratiefeindlichkeit, jedem Bagatellisieren des Holocaust und immer stärker aufkeimendem Antisemitismus und Rassismus entschieden entgegenzutreten!“

Die Enthüllung des 14 mal 4 Meter großen Banners durch Fassadenkletterer wurde musikalisch begleitet von Laura Hempel und dem hebräischen Lied „Esai Nai“. Dieses Lied sang Laura Hempel in der Inszenierung „Juller“ (Regie: Jürgen Zielinski), über das Leben des deutsch-jüdischen Fußballnationalspielers Julius Hirsch sowie zur offiziellen Eröffnung des Herzlya-Platzes in Leipzig. Jürgen Zielinski hat diese Musik davor auch in seiner Inszenierung von „Mein Kampf“ von George Tabori eingesetzt.

Am 7. November 1946 wurde mit der Premiere von Erich Kästners „Emil und die Detektive“ das Theater der Jungen Welt eröffnet. Damit war anderthalb Jahre nach Ende der Naziherrschaft und des II. Weltkrieges der Grundstein für das erste professionelle Theater für Kinder und Jugendliche in Deutschland gelegt. Erich Kästner hatte sich immer für ein eigenständiges Kinder- und Jugendtheater ausgesprochen. Er steht als geistiger Pate für einen engen Dialog zwischen Theaterschaffenden und ihrem Publikum und für eine Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Entwicklungen auf der Bühne.

Im Rahmen des 75. Jahrestages der Befreiung projizierte das TdJW am Abend des 8. Mai auch die Namen aller Opfer rechter Gewalt in Deutschland seit 1990 an eine Häuserwand am Lindenauer Markt. Damit beteiligt sich das Theater der Jungen Welt an den „Glänzenden Aktionstagen“ des Kulturbündnisses DIE VIELEN, das für eine offene, demokratische, vielfältige und solidarische Gesellschaft und für die Freiheit der Kunst eintritt.

Die „Glänzenden Aktionstage“ können am 8. Mai über den Live-Stream www.dievielen.de/stream/ von 18:00 bis 24:00 verfolgt werden.

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