Am Mittwoch, 1. Juli, ist es so weit, dann soll der Bundestag über den Wumms entscheiden. Sorry: über das Corona-Konjunkturpaket? Nein, so heißt es auch nicht. Tatsächlich heißt das 130-Milliarden-Euro-Paket, über das sich die Regierungskoalition Anfang Juni geeinigt hat, „Corona-Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket“. Kritik hat es genug bekommen. Auch weil es viel zu zaghaft auch beim Thema Klima umsteuert. Zeit für einen Leserbrief.

Einerseits gibt es Unterstützung für die Kommunen, damit die ihre massiven Steuerausfälle aufgrund des Shutdowns kompensieren können, die Mehrwertsteuer wird kurzfristig gesenkt, es wird auch viel Geld in Investitionen gelenkt. Das „Corona-Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket“ ist auf jeden Fall mehr als ein Wümmschen, auch wenn es nicht wirklich umsteuert und einige der Fehlentwicklungen, die auch in den Corona-Wochen sichtbar wurden, endlich korrigiert.

„Das Paket setzt verkehrs- und wirtschaftspolitisch an vielen Stellen richtige Impulse. Insbesondere der Ausbau von Ladesäulen und der Verzicht auf eine Abwrackprämie für Fahrzeuge mit Verbrenner-Motoren sind ein wichtiges Zeichen. Allerdings ist durch die allgemeine Senkung der Mehrwertsteuer ohne zielgerichtete Aussteuerung eine Subventionierung durch die Hintertür zu befürchten, denn sinkende Preise gelten unabhängig von Abgaswerten“, kritisierte zum Beispiel Gerhard Liebscher, wirtschafts- und verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, am 4. Juni.

„Wir freuen uns, dass Zukunftstechnologien signifikant gefördert werden. Das kommt nicht nur der Wirtschaft, sondern vor allem auch der Bewältigung der Klimakrise zugute. Als Verkehrspolitiker begrüße ich zudem ausdrücklich, dass das Paket auch ein deutliches Bekenntnis zum öffentlichen Personennahverkehr enthält. Der Ausbau der Bahn-Infrastruktur darf nicht gefährdet werden. Ein weiterer wichtiger Punkt aus bündnisgrüner Sicht ist die Entlastung bei den Stromkosten durch Zuschüsse des Bundes bei der EEG-Umlage. Wir setzen uns dafür schon länger ein. Was ich schmerzlich im Paket vermisse, ist die Unterstützung für Solo-Selbstständige. Betriebskostenzuschüsse gehen hier bei vielen an der Lebensrealität vorbei, denn es fehlt schlicht das Einkommen zum Überleben. Hier muss dringend nachgesteuert werden.“

Relativ bündig hat die „Frankfurter Rundschau“ den Inhalt des Pakets zusammengefasst.

Und trotzdem ist das Paket eine verpasste Gelegenheit, die 130 Milliarden zielgerichtet dafür einzusetzen, dass alte fossile und klimaschädliche Wirtschaftsbereiche deutlich eingedämmt werden und das Geld vorrangig dafür eingesetzt wird, Deutschland endlich klimaneutral und zukunftsfähig zu machen.

Auch der Leipzigerin Pauline Haupt, die sich in mehreren Initiativen der Messestadt engagiert, ist das zu wenig. Sie hat deshalb extra einen Leser/-innenbrief geschrieben – auch an Angela Merkel gerichtet, der sie durchaus zutraut, das Ruder noch einmal herumreißen zu können.

Der Leser/-innenbrief:

Liebe Leser/-innen,

nächste Woche, wenn der Bundestag über das Konjunkturpaket abstimmt, wird die Zukunft aller Generationen nach Covid-19 neu bestimmt. So gut es ist, dass die Bundesregierung alles daransetzt, die Verbreitung und Auswirkungen des Coronavirus einzudämmen, so problematisch ist es, dass ihre Rettungsmaßnahmen für Corona andere Krisen zu verschärfen drohen. Die Zeit drängt, um das Schlimmste zu verhindern und die Krise als Chance für notwendige Veränderungen zu nutzen.

Nun beobachten wir allerdings, wie die Bundesregierung diese Chance verstreichen lässt. Mit Blick auf das Konjunkturpaket müssen wir sagen: Wir können und werden diese Entscheidungen nicht akzeptieren. Das primäre Ziel eines solchen Pakets ist es, möglichst schnell den alten wirtschaftlichen Normalzustand herzustellen.

Für die Zukunft der jungen Generationen wird aber bei diesen Entscheidungen nichts getan. Dabei befinden wir uns in einer anderen, viel größeren Krise – der Klimakrise! Und die Zeit läuft ab, um diese noch abzuwehren. Denn sie wird noch in unserer Lebenszeit jedes menschliche Wirtschaften unmöglich machen, wenn wir sie nicht endlich angehen.

Bisher ist die Stimme der Jungen scheinbar nicht zu denen durchgedrungen, die die Entscheidungen treffen. Die aktuelle Politik und das Konjunkturpaket ignorieren weiterhin die sozialen, ökologischen und humanitären Missstände und Katastrophen, mit denen wir uns konfrontiert sehen.

Frau Merkel hat sich im Zuge der Verhandlungen mit vielen Interessenvertretungen getroffen, größtenteils allerdings nur mit Vertreter/-innen der Wirtschaft und der Konzerne. Es ist höchste Zeit, dass sie endlich auch mit Akteur/-innen spricht, die eine gerechte Zukunft für alle Generationen fordern. Denn hierfür gibt es Lösungen. Der Jugendrat der Generationen Stiftung, der sich für eine generationengerechte Welt einsetzt, hat am 28. Mai einen Rettungsschirm für alle Generationen aufgespannt.

Dieser beinhaltet 4 Forderungen, die aus dem Konjunkturpaket ein Zukunftspaket machen. Frau Merkel hat in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass sie in wichtigen Situationen Entscheidungen auch kurzfristig noch ändert. Deswegen appelliere ich an unsere Bundeskanzlerin. Sie muss sich, bevor das Konjunkturpaket im Bundestag verabschiedet wird, mit dem Jugendrat der Generationen Stiftung treffen, ihnen zuhören und ihre Forderungen nach Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit kennen und berücksichtigen.

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