Man kann sich über das bescheidene Abschneiden der deutschen Mannschaft jetzt zur WM gewiss Gedanken machen. Fachleute hätten dies aber bitte schon seit etwa acht Jahren tun können, besser müssen, anstelle immer wieder nur irrige Hoffnungen zu verbreiten.

Alles hat seine Geschichte. Und das vorliegende Dilemma der Nationalmannschaft hatte seinen Ursprung wohl schon weit vor der vorangegangenen WM, also der 2018 in Russland. Erinnern wir uns: Von spielerischer Klasse war bereits damals im Vorfeld, beim noch amtierenden Weltmeister, nix zu erkennen. Und das über viele Monate! Selbst ein Mario Basler bekundete seinerzeit, sich die Spiele der Nationalelf kaum noch im Fernsehen anschauen zu können.

Hätte es hier eine Führung im DFB gegeben, die den Namen verdiente, wäre selbst einem Weltmeistertrainer seinerzeit zumindest mal eine Frist gesetzt worden. So aber kam die WM und noch kurz davor aus sogenannten Fachkreisen lediglich huldigende Sprüche wie: „Welch eine Mannschaft?!“. Das Ergebnis dieser totalen Verkennung kennen wir – das krachende 0:2 gegen Südkorea.

Endgültig jedoch geriet die Tragödie zur Farce mit der EM 2021, wo es Löw ja vermeintlich noch mal wissen wollte und man ihn auch prompt gewähren ließ. Führungslosigkeit im DFB dauerte mithin weiter an, angemerkt in einem Verband, der sich nicht selten seiner Größe rühmt. Werte mithin auch da schon ohne Wert … Sachkompetenz früherer Jahre ebenso entschwunden.

Belege dazu lieferten nicht nur erneut maue Spiele, sondern wohl auch dann der Weg zur neuerlichen WM. Der nunmehr vollzogene Trainerwechsel erinnerte schon eher an eine Art Familienunternehmen. Das schließt Erfolg selbstredend nicht aus.

Doch wenn am Ende auf dem Feld im Kern nur eine Mannschaft steht, die besagter Coach mehrheitlich bereits vorher betreute, kann weder von einem klaren Umbruch, noch einer deutlichen Entwicklung gesprochen werden und schon gleich gar nicht von einem Konzept mit Geistesblitzen.

Dass Spieler wie Havertz, Sané oder Musiala einen Unterschied machen, konnten und können sicherlich auch Leute erkennen, die „nur“ Schach spielen. Die eigentliche Aufgabe indes wäre gewesen, eine Mannschaft genau um Genannte herum zu formieren und diese dann gemeinsam richtig zum Laufen zu bringen, zumal ein Müller oder Gündogan ihren Zenit absehbar kaum erneut erreichen konnten.

Nicht gleich Nachwuchsforschung war also deswegen gefragt, sondern lediglich etwas Mut zu schauen, eben auch nach womöglich bis dato völlig unbekannten talentierten Leuten, die aber wirklich bereit sind, sich für Deutschland den Arsch aufzureißen.

Mit dieser Konsequenz hätte man zumindest eine Truppe formieren können, dass Fans erleben, halt, diese Jungs wollen ja wirklich …. alle Diskussionen über Einstellung und Moral wäre schon da obsolet gewesen.

Und selbst wenn man dann nicht gleich größte Erfolge gefeiert hätte, wäre ein Trend erkennbar, gegebenenfalls ebenso mit Vorfreude auf richtige Kämpfe … Begeisterung wie Stolz nicht ausgeschlossen. Heuer indes steht leider nur Verlust, auf nahezu allen Seiten.

Okay, vielleicht müssen wir uns ja alle mal fragen, was wir wirklich wollen. Eine Doppelpass-Unterhaltung mit einem immer wieder den Clown gebenden Reiner Calmund und all den imaginären Hoffnungen – dafür ist der Zeitgeist aber wohl doch zu weit fortgeschritten, allein mit Blick auf ein schon recht tolles Nationalteam der Frauen im eigenen Land!

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