Krisen ändern vielleicht nicht alles. Aber sie verändern Verhaltensweisen, bevorteilen manche Branchen und bedeuten für andere das schnelle Aus. Und wenn der Corona-Shutdown etwas gezeigt hat, dann, wie gefährdet die alten Ladengeschäfte in unseren Städten sind. Denn sie konnten im April erst nach und nach unter Auflagen wieder öffnen. Davon aber profitierte der Gigant unter den Online-Händlern – er bekam noch mehr Umsatz.

Darüber berichtete das sächsische Landesamt für Statistik am 19. Juni. Auch wenn es dort wesentlich nüchterner klingt. Statistiker zeigen keine Emotionen, sie sammeln nur die Zahlen und bauen daraus aussagekräftige Tabellen. Streng nach Schema. Umgehen muss damit die Politik, die sich z. B. entschließen könnte, die us-amerikanischen Internet-Giganten so zu besteuern wie jedes Unternehmen, das in Deutschland seinen Sitz hat.

Nur so als Beispiel.

Denn kleine Ladeninhaber in Sachsen haben keine Chance, ihre Gewinne schönzurechnen und das Geld dann in irgendwelchen Steueroasen zu parken. Ihnen schauen die Finanzämter immer direkt auf die Finger.

Sie können zwar selber auch Liefersysteme aufbauen und zahlen dabei drauf, denn sie können ihre Aufwendungen nicht auf hohe Verkaufszahlen verteilen. Oder gar mit der Post Sonderkonditionen aushandeln. Sie leben vom Kunden, der in ihren Laden kommt, sich beraten lässt und kauft.

Aber bis Ostern galten in Sachsen noch sehr strenge Bestimmungen darüber, wer öffnen darf und in welcher Form. Und da überall Auflagen galten, wie viele Kunden ins Geschäft durften und unter welchen Einschränkungen, mieden auch viele Sachsen den Weg ins Geschäft, sondern machten es sich bequem und bestellten online.

Mit Effekten, die dann so aussahen:

Im April 2020 verzeichnete der sächsische Einzelhandel insgesamt einen Umsatzrückgang von nominal 4,7 Prozent und preisbereinigt 6,0 Prozent gegenüber April 2019, stellten die Statistiker fest. Wie das Statistische Landesamt weiter mitteilt, stellt sich jedoch die Situation in den Branchen sehr unterschiedlich dar.

Zum einen konnte der Einzelhandel mit Waren verschiedener Art in Warenhäusern und Supermärkten immer noch um 9,0 Prozent gestiegene Umsätze (preisbereinigt 5,7 Prozent) gegenüber dem Vorjahresmonat verzeichnen. Darin stecken all die Hamsterkäufe, über die die Medien im April ausführlich berichteten.

Zum anderen lagen aber die Umsätze in den zwischenzeitlich geschlossenen Handelsbereichen, die ab 20. April schrittweise wieder öffnen durften, wesentlich unter den Vorjahreswerten. So betrug der Umsatzrückgang beim Einzelhandel mit Textilien, Bekleidung und Schuhen nominal 83,4 Prozent sowie beim Einzelhandel mit Möbeln, Hi-Fi- und IT-Technik auch noch 40,5 Prozent.

Dabei werden Umsätze dieser Geschäfte, die sie während der Schließzeiten oder auch darüber hinaus durch online-Handel erzielen, grundsätzlich zu deren stationärem Handelsumsatz dazugerechnet.

Das heißt: Ihre zusätzlichen Online-Angebote nutzten diesen Händlern recht wenig, um den Umsatzeinbruch aufzufangen. Die meisten Sachsen bestellten lieber alles beim großen Online-Händler.

Und so erreichte der Einzelhandel der Wirtschaftsgruppe „Handel, nicht in Verkaufsräumen oder auf Märkten“, der stark von Einheiten mit ausschließlich online-Handel dominiert wird, im April 2020 erneut ein Rekordergebnis: eine Steigerung von nominal 35,9 Prozent gegenüber April 2019. Das entsprach preisbereinigt sogar einem Zuwachs von 38,5 Prozent, stellen die Statistiker in Kamenz fest.

Und das schlug auch sofort auf den Arbeitsmarkt durch: In allen Handelsbereichen – mit Ausnahme des Einzelhandels mit Waren verschiedener Art sowie in der Wirtschaftsgruppe „Handel, nicht in Verkaufsräumen oder auf Märkten“ – ist die Zahl der Beschäftigten im April 2020 gegenüber April 2019 zurückgegangen.

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