Es war eine echte Schnapsidee, den Sprit in Deutschland dadurch umweltfreundlicher machen zu wollen, indem man sogenannten Biosprit hineinmischte. Doch dafür werden jedes Jahr riesige Mengen von Nahrungsmitteln in Sprit verwandelt. Ein Unding, findet Greenpeace und forderte mit einer Protestaktion vor der Ethanolanlage von CropEnergies in Zeitz ein Ende der Verarbeitung von Weizen zu Treibstoff.

Getreide ist ein wertvolles Lebensmittel im Kampf gegen die globale Hungerkrise und darf nicht länger zu Biosprit verarbeitet und Benzin beigemischt werden, betont Greenpeace

Für einen umgehenden und vollständigen Stopp der Biokraftstoff-Produktion demonstrierten am Mittwoch, 20. Juli, 36 Aktivist/-innen von Greenpeace an der Ethanolanlage von CropEnergies in Zeitz. „Kein Essen in den Tank“ stand auf einem 22 mal drei Meter großen Banner über dem Haupttor. Vor der Zufahrt zum Werk hatten sich acht Aktivist/-innen mit ihren Händen in Stahltonnen fixiert.

„Wir fordern Südzucker als Mehrheitseigner von CropEnergies auf, gesellschaftliche und humanitäre Verantwortung zu übernehmen und die Verarbeitung von Lebensmitteln zu Kraftstoff in dieser Anlage umgehend zu beenden“, sagt Matthias Lambrecht, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace.

700.000 Tonnen Weizen jedes Jahr

Die CropEnergies AG, ein Tochterunternehmen der Südzucker AG, betreibt am Standort in Sachsen-Anhalt die größte Produktionsanlage für Bioethanol in Deutschland. Hier werden pro Jahr rund 700.000 Tonnen Weizen zu Biosprit verarbeitet.

Mit dieser Menge ließen sich rund 4,8 Millionen vom Hunger bedrohte Menschen mit der täglichen Getreideration versorgen, die sie zum Leben brauchen, rechnet Greenpeace vor.

„Wir dürfen hierzulande nicht länger Lebensmittel in Verbrennungsmotoren verheizen, während Millionen Menschen der Hungertod droht“, sagt Lambrecht.

„Die von der Industrie verbreitete Lüge, der zu Biosprit verarbeitete Weizen sei nicht essbar, dient nur dazu, dass dieses Lebensmittel weiter mit staatlicher Unterstützung im Tank landet. Das dürfen wir nicht zulassen.“

Intensiver Anbau für Biosprit schadet dem Klima

Ein Ausstieg Deutschlands aus dem Biosprit wäre ein Signal, dem andere Länder folgen könnten. Das würde auch die überhitzten Märkte mit Weizenpreisen auf Rekordniveau beruhigen, so Greenpeace. Nach Angaben der Welthungerhilfe leiden mehr als 800 Millionen Menschen Hunger. Die Hilfsorganisation fordert ebenfalls ein Ende der Biospritproduktion, um die Versorgung mit Getreide zu sichern.

Infolge des Krieges in der Ukraine fallen Lieferungen aus der Schwarzmeerregion aus. Das verschärft die Hungerkrise etwa in Ländern Ostafrikas, die infolge der Klimakrise unter langanhaltender Dürre leiden.

Seit Jahren ist zudem klar, dass der intensive Anbau von Getreide und Ölpflanzen für Kraftstoff auf immer mehr Flächen weltweit nicht nur Lebensmittel verteuert, sondern auch die Rodung von Wäldern antreibt, so dem Klima schadet und die Artenvielfalt gefährdet.

Greenpeace hat die Bundesregierung wiederholt aufgefordert, den Ausstieg aus dem Biosprit voranzutreiben. Das Umweltministerium bereitet derzeit eine Gesetzesänderung vor, mit der die Beimischung ab 2023 etwa halbiert und bis zum Ende des Jahrzehnts auslaufen würde.

„Dieser Vorstoß geht in die richtige Richtung, doch die Umsetzung dauert viel zu lange“, sagt Lambrecht. „Deshalb sind die Biosprit-Produzenten in der moralischen Pflicht. Sie dürfen ihr Geschäft nicht auf Kosten der Hungernden betreiben.“

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