450.000 Euro wollte das Dezernat Kultur für das Jahr 2016 für verschiedene Jubiläen und die Vorbereitungen der 500 Jahre Reformation - Aktivitäten bewilligt bekommen. Mehrere Stadtratsfraktionen äußerten am Mittwochabend jedoch heftige Kritik an der unterbreiteten Vorlage. Mit einer knappen Mehrheit und deutlichen Redebeiträgen wurden die Ausgaben abgelehnt. Die Verwaltung muss nun erneut an den Schreibtisch zurück, um eine überzeugendere Begründung zu liefern. Doch das Problem scheint tiefer zu liegen.

Jubiläen sind mitunter ein guter Tourismusmagnet. Ausgaben mit diesem Zweck sollten allerdings gut durchdacht sein und nicht schlicht auf Zahlen reduziert sein. “Wir haben uns im Ausschuss Kultur schwer getan”, begründet Mandy Gehrt (Die Linke) einen von ihr eingereichten Änderungsantrag über eine Vorlage des Dezernat für Kultur. Darin forderte Gehrt von den seitens der Stadt geplanten 150.000 Euro zum 300. Todestag Gottfried Wilhelm Leibniz 30.000 Euro für die Einbindung der freien Szene zur Verfügung gestellt werden.

Was mit ihrem Antrag noch zahm begann, entwickelte sich im Laufe der Debatte zu einer regelrechten Ohrfeige für das Kulturdezernat. Bereits die Linken-Stadträtin eröffnete den Reigen der Kritik an der Hauptvorlage des Dezernates “Die Kosten waren kaum untersetzt”.

Da war es also wieder, das Thema kommunale Unterstützung von Feiern und Festlichkeiten. Ein Hauch von Katholikentag wehte durch den Stadtrat. Hier hatten unklare Mittelverwendungen und verschwommene Angaben bereits zu einer heftigen Debatte um die generelle Praxis bei der Transparenz innerhalb der Stadtverwaltung gegeben. Was neben einem äußerst knappen Votum zugunsten des umstrittenen Kommunalzuschusses an den Katholikentag 2016 in Höhe von einer Million Euro auch zu einem Versprechen seitens Oberbürgermeisters Burkhard Jung geführt hatte.

Er versprach noch vor der Abstimmung zum Katholikentag Rahmenrichtlinien für solche Geldausgaben. Diese fehlen bis heute, doch was schwerer wog – die aktuelle Vorlage rings um eine Gesamtsumme von 450.000 Euro für Jubiläen 2016 und die Vorbereitung der Reformationsfeierlichkeiten 2017 der Verwaltung stieß auf deutlichen Widerspruch. Der Beschlussvorschlag selbst lautete kurz und knackig. „Die Stadt stellt dem Dezernat Kultur zur Gestaltung der städtischen Jubiläen des Jahres 2016 Mittel zur Verfügung.“ In der Auflistung fanden sich der 100. Todestag von Max Reger, welcher mit 200.000 Euro bezuschusst werden sollte. Weiterhin soll der 300. Todestag Gottfried Wilhelm Leibniz mit 150.000 unterstützt werden und für die Vorbereitungen des 500. Jahrestages der Reformation 2017 seien 100.000 fällig.

Gesamt also 450.000 Euro aus einem Fördertopf der Stadt in Höhe von gesamt 750.000 Euro, welche die Räte in der Abstimmung nicht freigaben. Die Gründe für die Ablehnung waren derart vielfältig, dass man im Kulturdezernat offenbar allmählich beim konkreten Mittelumgang in sich gehen sollte.

Fehlende Zusammenarbeit, Intransparenz und schwammige Mittelbegründungen

Die Zusammenarbeit der Gremien mit der Verwaltung gestaltete sich in der Vergangenheit schwierig. “Wir erfuhren es erst nach zweifacher Aufforderung”, kritisierte Mandy Gehrt den Willen zur Auskunft bezüglich der einzelnen Posten. “Eine Zusammenarbeit in den Ausschüssen stellen wir uns anders vor.” Annette Körner von den Grünen ging anschließend noch einen Schritt weiter auf der errichteten Barrikade: „Ich möchte nicht, dass wir solche Vorlagen bekommen!“, insgesamt fühle sich ihre Fraktion nicht mitgenommen. Die Vorlage blieb für viele Stadträte höchst fraglich, wenig begründet und inhaltlich widersprüchlich. “Und dafür soll jetzt Geld ausgegeben werden?” so Körner.

Selten hat man so eine Einigkeit in den Redebeiträgen verschiedener Fraktionen gehört. “Diese Vorlage als solche bietet keinen Grund zum Jubeln”, meint auch Michael Weickert (CDU), kündigte die Neinstimmen der CDU-Fraktion an und stellt ebenfalls fest: “Die erste Vorlage hat vor Fehlern nur so gestrotzt. Mit solchen Vorlagen schüren wir nur das öffentliche Misstrauen in unsere politische Arbeit”, so die deutlichen Worte an die Verwaltung. Er frage sich zudem, wie „solche Vorlagen die Dienstberatung des Oberbürgermeisters verlassen können.“ Erneut sah die CDU-Fraktion auch eine weitgehend intransparente Mittelvergabe an die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH gegeben. Ein Umstand, welchen die Fraktion bereits in anderen Anträgen und Nachfragen aktuell thematisiert.

Michael Weickert (CDU) reichte es angesichts der Vorlage und der darin enthaltenen Fehler. Foto: L-IZ.de
Michael Weickert (CDU) reichte es angesichts der Vorlage und der darin enthaltenen Fehler. Foto: L-IZ.de

Aus den Reihen der Grünen kam dann noch ein: “Wir hätten auch gerne diese Kostenaufstellung”, als darüber hinaus noch klar wurde, dass die CDU-Fraktion auf Nachfrage eine Detaillierung des Einzelpostens von 65.000 Euro für die Werbekampagne zum Reformationsjubiläum erhalten hatte und die anderen Fraktionen entgegen den normalen Sitten des Rates einfach nicht.

Skadi Jennicke (Die Linke) machte den Schlusspunkt und stellte klar, dass es sich bei solchen Budgets auch durchaus um Wirtschafts- und Tourismusförderung gehe und deshalb zukünftig auch das Wirtschaftsdezernat hier involviert würde. Die bereits fixierte Förderung der Mendelssohn-Festtage im Gewandhauses mit 250.000 Euro gehöre überdies in den Haushaltsplan der Spielstätte, da es sich aus Sicht der Rätin auch hierbei um eine intransparente Lösung handele.

Da hatte sich die Verwaltung keinen Gefallen getan, der bereits durch den Vorlauf der Einbringung und die Erfahrungen aus dem Streit um den Katholikentag traten deutlich zu Tage. Nun drängelt die Zeit. Die Konzeption der Aktivitäten rings um das 500-jährige Jubiläum Reformation 2017 dulden wenig Aufschub, die Jubiläen 2016 stehen praktisch schon im Raum und nicht mehr vor der Tür, wenn es um die Vorbereitungen geht.

Die Initiative von Mandy Gehrt (Die Linke), 30.000 Euro für die engere Einbindung der Szenekultur wurde abgelehnt, von einigen jedoch wohl eher aus strategischen Überlegungen bei den insgesamt noch unklaren Finanzverhältnissen beim gesamten Zuschuss.

Mit der ersten Abstimmung zum Hauptantrag sah es anschließend zunächst fast so aus, als würde der Antrag vom Stadtrat eine ähnlich knappe Zustimmung, wie beim Zuschuss zum Katholikentag erhalten. Eine Auszählung brachte allerdings Gewissheit: Mit knapper Mehrheit entscheiden sich dieses Mal die Vertreter der Leipziger dagegen. Seitens der Verwaltung heißt es jetzt nachbessern und vorab eine sinnvolle Begründung für die Stadträte liefern, warum und wohin die 450.000 Euro genau fließen sollen.

Die Vorlage des Dezernat Kultur
https://ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1001873

Die Vorlage des Kulturdezernates “2016_Reger_Leibniz_Reformation” (PDF)

Die vollständige Debatte vom 20. Mai im Stadtrat als Audio

 

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