Ein kleines Geplänkel gab es noch zur letzten Ratsversammlung vor der Sommerpause. Ein Geplänkel, das deutlich machte, wie unsicher sich Leipzigs Verwaltung fühlt, wenn es um das Thema Fluglärm am Flughafen Leipzig / Halle geht. Diesmal ging es um die Frage, welchen Sinn eigentlich das 2010 gegründete Dialogforum Flughafen und die Fluglärmkoordinatorin der Stadt haben.

Das Dialogforum war ja 2010 deshalb aus der Taufe gehoben worden, weil sich in der Fluglärmkommission des Flughafens Leipzig/Halle nichts mehr bewegte. Kritik wurde abgeschmettert. Die Anliegerkommunen saßen irgendwie am Katzentisch und hatten keinen Einfluss auf die Beschlüsse des Gremiums, das bis heute von den Flughafenbetreibern und den Nutzern dominiert wird. Da sich seitdem auch nicht wirklich viel an der Fluglärmbelastung im Norden geändert hatte, hinterfragte diesmal die AfD-Fraktion im Leipziger Stadtrat die beiden Leipziger Instanzen, die ja nun extra eingerichtet wurden, um das Dilemma zu beenden.

„Bisheriger Nutzen des Dialogforums Flughafen Leipzig-Halle und der Stelle Fluglärmschutzkoordinator/in hinsichtlich der Zielstellung ‚Fluglärmreduzierung‘ im Vergleich zu den angefallenen Kosten“ war denn auch die Anfrage der AfD-Fraktion betitelt. Und Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke), dem das Thema qua Amt zugeordnet war, zelebrierte dann bei der Beantwortung einen hörbaren Eiertanz. Der damit begann, dass er betonte, das Dialogforum wäre ja nun wirklich kein beschlussfähiges Gremium.

Damit Erkenntnisse aus diesem Gremium irgendwie in eine Änderung münden, muss der Stadtrat selbst einen entsprechenden Beschluss fassen. Den bekommt dann die Leipziger Vertreterin in der Fluglärmkommission – das ist die Leiterin des Amtes für Umweltschutz, Angelika Freifrau von Fritzsch – quasi als Auftrag mit auf den Weg, um ihn in die Fluglärmkommission einzubringen, wo dann wieder diskutiert wird und die Kommission selbst wieder einen Beschluss fasst, der dann an die Flughafenbetreiber herangetragen wird.

Das alles sieht nicht wirklich nach Möglichkeiten der politischen Einflussnahme aus. Und darauf zielten ja wohl die Fragen der AfD auch irgendwie ab.

Denn wenn man 2010 – mit Stadtratsbeschluss von 2009 – ein Dialogforum einrichtet, dann kann man sechs Jahre später doch irgendwie mit Ergebnissen rechnen. Auch wenn das Forum selbst keine Beschlüsse fassen kann. Aber aus den ersten Sitzungen wurde ja dann der erste Antrag der Grünen-Fraktion zum Thema noch im Jahr 2011, der dann auch 2011 zum Stadtratsbeschluss wurde.

Heiko Rosenthal hatte also einen klaren Beschluss, an dem er hätte erklären können, ob davon irgendetwas am Flughafen umgesetzt wurde.

Aber er ließ dann ziemlich schnell anklingen, dass der Wille in der Kommission, solche Dinge umzusetzen, äußerst gering ausgeprägt ist. Außerdem tagt sie ja (wenn sie nicht gerade Lust auf eine Sondersitzung hat) nur aller halben Jahre. Der Stadtratsbeschluss vom 19. Januar 2011 landete denn auch erst am 7. Dezember 2011 auf der Tagesordnung der Fluglärmkommission, wo man sich entschloss, die Wunschliste erst mal in einzelne Fachgremien zu delegieren.

Im Protokoll heißt es dazu: „Der Antrag der Stadt Leipzig umfasst ein Gesamtpaket von flugsicherungstechnischen sowie betriebsorganisatorischen Maßnahmen. Zur Erläuterung der Schritte hatte die Stadt Leipzig ihren Gutachter, Herrn Faulenbach da Costa, hinzugezogen. Die Ausführungen des Gutachters wurden im Anschluss intensiv diskutiert. Daraus folgend beschloss die FLK, die Prüfung der aufgezeigten Maßnahmen in einem engeren Fachkreis vorzunehmen und dabei die Ergebnisse der Arbeitsgruppe ‚Bahnverteilung‘ einzubeziehen.“

Bekanntlich hat sich ja an der Bahnverteilung bis heute nichts geändert, obwohl eine gleichmäßige Bahnverteilung Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses ist. Nachdem das Jahr 2015 im Zeichen der Erkenntnis stand, dass der Flughafen erst die Hälfte des passiven Schallschutzprogramms abgearbeitet hatte (nachdem man vorher etwas ganz anderes erzählt hatte), war das Jahr 2016 dadurch gekennzeichnet, dass sich der Eiertanz der Fluglärmkommission um die Bahnverteilung als Luftnummer erwiesen hat. Um nachts eine gleichmäßige Bahnverteiliung zu ermöglichen, fehlt die entsprechende Sicherheitstechnik.

Heiko Rosenthal griff aus dem Stadtratsbeschluss von 2011 dann zwei Punkte heraus, die irgendwie auf die Frage der AfD-Fraktion passen könnten. Die hatte gefragt: „Hat das Dialogforum bisher Vorschläge an die Fluglärmkommission eingereicht? Wenn ja, welche und wie wurden diese umgesetzt?“

Rosenthal nannte die – testweise – Einführung des sogenannten Point-Merge-Verfahrens und die Anpflanzung eines lärmmindernden Hochwaldes am Flughafen auf Schkeuditzer und Leipziger Flur.

Von Point Merge war im Stadtratsbeschluss keine Rede. Da stand: „Einführung lärmoptimierter An- und Abflugrouten unter Berücksichtigung der gegebenen Siedlungsstruktur und Schonung der Anwohner, verbunden mit der Festlegung, dass von den festgelegten An- und Abflugrouten nur um maximal 1,5 km nach links oder rechts abgewichen werden darf“.

Das Point-Merge-Anflugverfahren führt aber nicht zur Lärmminderung am Flughafen. Die LVZ hat dazu im Dezember Robert Ertler, Leiter Luftraumentwicklung und -gestaltung der DFS zitiert: „Die Lärmentlastung befindet sich im Bereich von etwa 20 bis 90 Kilometern Entfernung vom Flughafen.“ Da aber, wo die Anwohner des Flughafens belastet werden, wird es nicht leiser. Und mit den eigentlich die ganze Zeit diskutierten Flugrouten, die die Bewohner so belasten, hat das auch nichts zu tun. Irgendwie den Lärm weiter draußen zu mindern, bringt ja nichts, wenn er direkt im Leipziger Nordwesten zu hoch ist.

Was dann den verkehrspolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion, Daniel von der Heide, nach Rosenthals Vortrag verwirrt feststellen ließ: „Aber das ist doch beides nicht richtig!“ Point Merge ist keine lärmmindernde Flugroute und hat mit dem Stadtratsbeschluss nichts zu tun und den Schutzwald hatte die Stadt Schkeuditz beantragt.

Worauf Rosenthal dann entgegnete, er würde das nicht extra sortieren, wenn es doch überhaupt um Lärmoptimierung ginge.

Aber Fakt ist, dass der Stadtratsbeschluss von 2011 bis heute nicht in wirklich nachvollziehbare Maßnahmen am Flughafen umgesetzt wurde. Was auch damit zu tun hat, dass es in Leipzigs Verwaltung nicht wirklich einen Fürsprecher für eine aktive Lärmminderungspolitik gibt. Und wenn man Rosenthal so zuhört, gab es bis 2014 auch keine echte Fluglärmkompetenz in der Leipziger Verwaltung. Die hat man augenscheinlich wirklich erst mit der Einrichtung der Stelle einer Lärmschutzbeauftragten ab Januar 2014 bekommen. Erst mit Einrichtung dieser Stelle sei die Stadt in der Lage, fachlich kompetent mit dem Thema umzugehen, sagte Rosenthal.

Die Stille nach Rosenthals Antwort auf von der Heides Fragen machte im Grunde deutlich, wie schwer es Leipzigs Stadtverwaltung fällt, auch nur ein greifbares Ergebnis zur Lärmminderung am Flughafen Leipzig/Halle zu nennen

Der Stadtratsbeschluss von 2011.

Das Protokoll der 41. Sitzung der Fluglärmkommission.

Die Anfrage der AfD-Fraktion.

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Keine Kommentare bisher

…was zu vermuten war.

Also ist wiederum festzustellen, dass eine beträchtliche Anzahl Bürger zum Wohle der Wirtschaft mit zusätzlichem Lärm leben muss.
Offensichtlich wird das Thema von den Verantwortlichen gern klein gehalten (Vertagungen, Ablehnung Lärmmessstellen, Falschaussagen, Aussitzen, Missachtung PFB-Vorgaben).
Die Stadt ist verantwortlich für ihre Bürger und tut effektiv so gut wie nichts.
Danke!

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