Es ist zumindest ein Thema, mit dem man sich so richtig in die Nesseln setzen kann. Aber wer an den Haltestellen der LVB immer wieder neben Zeitgenossen stehen oder sitzen muss, die die Wartezeit auf die nächste Straßenbahn mit einer Zigarette nach der anderen überbrücken, der weiß, dass die Anfrage der Linksfraktion zu diesem Thema zumindest berechtigt ist.

Ob sie auch rechtlich umsetzbar ist oder überhaupt Konsequenzen hat, ist offen. Denn über Rauchinseln an den Leipziger Haltestellen wurde ja schon einmal nachgedacht. Aber dann verlief das Thema wieder im Sande, weil es bei Rauchern irgendwie wie bei Autofahrern ist. Sie haben nicht das Gefühl, anderen Leuten etwas aufzudrängen. Sie stehen ja nur da und qualmen vor sich hin und geben umstehenden Nichtrauchern, Kindern, werdenden Müttern und anderen Menschen noch freigiebig ab. Steht ja auch nicht auf der Packung, was das Zeug alles für Folgen hat.

Die Linksfraktion bringt noch einen anderen Aspekt mit hinein: die Attraktivität der Haltestellen. „Mit der wachsenden Einwohnerzahl der Stadt steigen auch die Fahrgastzahlen bei den LVB. Neben der Kapazität der Fahrzeuge und Taktzeiten gewinnt auch die Attraktivität der Haltestellenbereiche an Bedeutung“, heißt es in der Anfrage der Linksfraktion. „Insbesondere herumliegende Zigarettenkippen und fehlende oder überquellende Papierkörbe beeinträchtigen deren Erscheinungsbild.“

Andererseits freuen sich natürlich Leipzigs Kippensammler. Denn nirgendwo findet man so viele nur halb aufgerauchte Zigarettenkippen. Denn etliche Raucher halten auch eine oder zwei Minuten Wartezeit nicht aus, ohne sich schnell noch so einen Stressableiter anzuzünden. Steht die Bahn dann da, werden noch schnell zwei Lungenzüge genommen, bevor man sich in die sich schließende Tür stürzt. Der Glimmstängel erfreut dann die Bedürftigen.

Aber darum geht es der Linksfraktion irgendwie nur halb.

„Ist es möglich, an Haltestellen des ÖPNV Rauchverbot auszusprechen?“, fragt diese bei der Stadtverwaltung an. Und: „Wenn nein, welche Möglichkeiten gibt es, Abfallbehälter mit integrierten Aschenbechern aufzustellen?“

Und wo man schon mal bei den Abfallbehältern ist: „Ist vorgesehen, mittelfristig größere oder mehr Abfallbehälter aufzustellen oder den Rhythmus der Leerung zu verbessern?“

Und dann natürlich das Thema der Zeit, dem Leipziger Stadtordnungsdienst, der augenscheinlich nicht ausgelastet ist: „Inwieweit sind die Haltestellenbereiche in die Kontrollen des Stadtordnungsdienstes einbezogen?“

Was ja wieder ein völlig anderes Thema aufwirft, nämlich die Frage: Wer sorgt eigentlich dafür, dass es an den Haltestellen manchmal etwas ordentlicher zugeht? Und dass morgens keine Scherben daliegen, halb geleerte Fastfood-Boxen und sonstige Entäußerungen von Menschen, die ihren Müll augenscheinlich gern da hinschmeißen, wo sie eben noch gesessen haben?

Es liegt also nicht nur an den Rauchern, sondern eher an einer gewissen Gleichgültigkeit einer Reihe von Zeitgenossen, die man irgendwie nicht auf den eigenen Partys erleben möchte. Aber auf wessen Partys waren die dann eigentlich? Oder ist das auch das Ergebnis einer Gesellschaft, die nicht mehr gelernt hat, sich im ihren Müll zu kümmern und glaubt, dass es immer ein paar Sklaven gibt, die das alles hinter ihnen wegräumen?

Nur so als Fragepaket. Denn irgendwie erzählt der Müll eine ganze Menge von uns und unserem Respekt vor anderen Menschen.

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Es gibt 4 Kommentare

Mein Mann und ich wohnen in Engelsdorf und haben nur einen Bus 72 zur Verfügung der uns fort bringt. Wir fahren 2-3x in Woche zur Sachsentherme unserer Gesundheit wegen. Nur im 20 Minuten Takt kommt der Bus und wenn wir zurückfahren müssen, sind wir Wind, Sturm, Schnee und Wetter ausgesetzt, da es keine Überdachung an der sehr befahrenen Risaerstraße gibt und bei Regen spritzen uns die vorbeifahrenden Laster auch noch nass. Das bringt uns in Erkältungsgefahr. Wenn wir in die Stadt fahren, müssen wir am Bahnhof aus-
und einsteigen. Dort sind so viele Raucher auf dem Bahnsteig, dass von frischer Luft keine Rede ist. Im August hat LVB unser Senioren-Tickett für uns Beide zusammen um 124,32 € auf 1.136,58 € erhöht und wir haben keinerlei Verbesserungen. Da lohnt sich für 2 Personen ein kleines Auto wieder:( Ihre Reklame gilt nur für eine Person im Vergleich zum Auto. Wir finden es unsozial, dass wir Rentner, die auf ÖPNV angewiesen sind, so geschröpft werden und wir dadurch vom gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt werden, weil wir die Fahrscheine bei nächster Erhöhung nicht mehr bezahlen können. Auch der Facharztbesuch wird damit zum teueren Vergnügen. Sie wissen doch, dass die Rentenerhöhungen nicht den Preissteigerungen angepasst werden, wir haben jedes Jahr viel weniger Kaufkraft. Eigentlich eine Schande.

@Uwe: Nachvollziehbarer Punkt, auch wenn natürlich der Vergleich akut hakt und der Unterschied größer ist als zw. Äpfel & Birnen. Es geht ja nicht um ein grundsätzliches Verbot im öffentlichen Raum, sondern im Bereich der Haltestellen, wo man als Wartender eben nicht mal einem oder mehreren Rauchern ohne weiteres ausweichen kann, wie auf einer Straße/Platz oder wo es sonst einen stören mag. Jeder Raucher kann ja mit seiner Gesundheit umgehen wie er möchte, aber doch nicht Unbeteiligte mit in “Geiselhaft” nehmen. Ansonsten können wir auch wieder in der Gastronomie oder im Büro das Rauchen erlauben. Etwas polemisch ausgedrückt, verdeutlicht aber den Punkt.
Raucherinseln funktionieren genauso nur bedingt wie Verbotsschilder (auch die ohne Schrift!). Die Kippe fliegt dann sowieso überall (Bahnsteig, Gleiskörper, Straße etc.) hin, was bekanntlich ja ein grundlegendes Problem ist.
Ich sage jetzt nicht, dass alle Raucher so sind, aber wer mit offenen Augen durch die Gegend läuft (und nicht nur aufs Smartphone schaut), weiß selbst, dass es einfach noch zu viele so handhaben.

EAV – “Dummheit an die Macht”

Refrain:
Die Dummheit die tut weh, nur dass sie keiner spürt
Das ist was mir weh tut und mein Herz berührt
Die Dummheit die tut weh, im Reich der Idioten
Ist bl̦d sein zwar erlaubt Рdoch Rauchen ist verboten

(Passiv)Rauchen ist sicherlich eine lästige und ungesunde Sache, der man manchmal nur schwer aus dem Wege gehen kann. Doch bevor man das Rauchen im öffentlichen Raum verbieten sollte, müsste man eine viel größere und schädlichere Giftquelle angehen: Den Verkehr mit verbrennungsmotorgetriebenen Kraftfahrzeugen! Solange diese noch die Luft verpesten dürfen, muss es auch möglich sein, im Freien eine Zigarette zu rauchen, auch wenn es besser wäre, es nicht zu tun…

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